Die Parkplätze in der Rhön waren gut gefüllt, teilweise gar überfüllt am vergangenen Samstag und Sonntag. Am Schwarzen Moor reihten sich Autos über die ausgewiesenen Flächen hinaus auf Wanderwegen Hunderte von Metern entlang, Wiesen und Randstreifen waren zugeparkt. "Dass die Parkplätze voll sind, ist Normalbetrieb - auch unter der Woche", weiß Torsten Kirchner, Gebietsbetreuer in der Langen Rhön. "Das Schlimme aber ist, dass man das mittlerweile als normal empfindet", schiebt der Diplom-Biologe nach, als er das "normal stürmische Wochenende" auf Nachfrage dieser Redaktion bilanziert.
Wie in jedem Jahr am dritten Oktober-Wochenende
Das dritte Oktober-Wochenende kennen er, die Naturschützer und die Bergwacht in der Rhön seit langem als besonders frequenzstark. Die mutmaßlich letzten wärmenden Sonnenstrahlen des Jahres wollen häufig in der Höhe erlebt werden. "Das wissen wir von den Vorjahren. Jetzt aber hat Corona eine neue Dimension aufgemacht. Viele Wohnmobilisten und E-Biker sind unter diesen Voraussetzungen übers Jahr zusätzlich in das Mittelgebirge gekommen", sagt Kirchner. Und spricht von einem neuen Quantitäts-Standard für die Rhön.
Er will diese verstärkte Zunahme der Besucher aber keinesfalls als Ausnahme-Zustand bewertet wissen. "Es gab auch keine nennenswerten Eskapaden", beschreibt er die Touristen-Disziplin am vergangenen Wochenende. Allerdings listet Bergwacht-Abteilungsleiter Oliver Scheuplein, der mit weiteren zwei Kameraden aus Fladungen und Bischofsheim die Ranger in Sachen Naturschutz unterstützt hat, 26 Verstöße gegen die gängigen Verordnungen auf.
Per Handynavigation vom Eisgraben zur Thüringer Hütte
Und da zählte nicht nur das Wildparken an der Schornhecke dazu. Vielfach hatten Radfahrer Wanderwege, die für sie gesperrt sind - wie beispielsweise den Premiumweg am Heidelstein - befahren. Zusätzlich hatten die Bergwacht-Kollegen einige Spaziergänger mit nicht angeleinten Hunden in der Kernzone angetroffen. "Diese Verordnung wird aber mittlerweile von vielen Hundehaltern richtig angewendet!"
Scheuplein selbst wurde bei seiner Patrouillen-Fahrt über die Hochrhönstraße auf eine Familie aufmerksam, die querfeldein auf einem für Wanderer gesperrten Weg lief. "Auf meine Frage, wo sie hinwollen, stellte sich schnell heraus, dass sie nicht ortskundig waren", so Scheuplein. Per Handy hatten sie eine Abkürzung vom Eisgraben Richtung Thüringer Hütte gesucht. Der Bergwachtler erklärte ihnen, dass auf nicht gekennzeichneten Wege Gefahren lauern können, die man überhaupt nicht als solche einschätze, wie beispielsweise überwuchertes Totholz. Außerdem gebe es nicht überall in der Rhön Handyempfang. Dennoch bilanzierte er einigermaßen zufrieden: "Alle Touristen zeigten sich einsichtig."
Das allerdings kann Torsten Kirchner, der Gebietsbetreuer in der Langen Rhön insgesamt nicht sein. "Wir können uns über all diese Fälle aufregen, aber ändern tut sich nichts. Wir dürfen als Naturschützer nicht abstumpfen!", sagt der Biologe. Deshalb treffen sich in dieser Woche Experten vom Naturpark Rhön, vom Biosphärenreservat, der Wildland-Stiftung und der Regierung von Unterfranken, um über ein neues Lenkungskonzept für die Lange Rhön nachzudenken. "Unsere Beschilderung ist überaltert. Die braucht nicht nur einen farblich neuen Anstrich. Sie muss ganz neu gedacht werden", so Kirchner.
Die Bergwacht ihrerseits war nicht nur in Sachen Naturschutz unterwegs, sie musste am Sonntag auch zu einem Einsatz ausrücken. Gegen 14.45 Uhr war ein 43 Jahre alter Mountainbiker auf dem Flowtrail in der Nähe des Irenkreuzes am Kreuzberg so schwer gestürzt, dass neben Notarzt, Rettungswagen und Rettungshubschrauber die Bergwacht Bischofsheim alarmiert werden musste. Nach der notärztlichen Versorgung wurde der Mann aus Fulda aus unwegsamen Gelände mit dem Rettungsfahrzug der Bergwacht zum Landeplatz des Rettungshubschraubers heraustransportiert. Daniel Hassmüller, der Einsatzleiter der Bergwacht, lotste den Rettungshubschrauber zu einem möglichen Landeplatz auf einer Wiese am Waldrand Richtung Bischofsheim. Von dort aus wurde der schwerverletzte Patient in eine Klinik geflogen.