Die Kommunen sind in Geldnot, klagt der Bayerische Städtetag. Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben klaffe immer weiter auseinander. "Die Kommunalfinanzen geraten in eine bedrohliche Schieflage. Die Steuereinnahmen stagnieren, während die Ausgaben massiv steigen", sagte der Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, Bernd Buckenhofer, bei der Bezirksversammlung in Ostheim vor der Rhön. Das wirke sich massiv auf die Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden auch in Unterfranken aus.
Laut Buckenhofer steuern die Kommunen aufgrund von höheren Sozial-, Personal- und Bauausgaben auf ein neues Rekord-Minus zu. Die Lage könnte sich so weit verschärfen, dass Städte und Gemeinden ihre Haushalte ab 2025 nicht mehr ausgleichen können. Dabei müsse dringend in die soziale, schulische, gesundheitliche und technische Infrastruktur investiert werden.
Gemeinden müssen jeden Cent umdrehen
Was sind die Konsequenzen? Alle Ausgaben, etwa für Kinderbetreuung, Straßen, Energieversorgung und den öffentlichen Nahverkehr, müssen auf den Prüfstand gestellt werden. Die Gemeinden werden jeden Cent umdrehen müssen, um finanziell handlungsfähig zu bleiben, so Buckenhofer. Die Alternative? Kommunen müssen sich verschulden – dabei sind die Grenzen allerdings eng gesetzt. Was folglich auf der Strecke bleiben wird, sind freiwillige Angebote für Bildung und Kultur, Sport und Vereinsleben, die aber für den Zusammenhalt der Gesellschaft wichtig sind, mahnt der Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags.
Die Geldmisere für die Kommunen wird sich in den kommenden Jahren wohl noch verschärfen. Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé blickt angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung mit großer Sorge in die Zukunft. "Vor allem industriegeprägte Kommunen wie Schweinfurt spüren die Rezession massiv. Die Gewerbesteuer, ein Stützpfeiler der städtischen Einnahmen, bricht immer stärker ein."
Bereits seit 2019 seien in Schweinfurt Rückgänge in den Bereichen Automobil- und Zulieferindustrie sowie im Maschinenbau spürbar. Bislang mache sich das bei der Einkommensteuer noch wenig bemerkbar. "In vier bis sechs Jahren wird das anders aussehen." Die Schere zwischen deutlich gestiegenen Ausgaben bei dringend nötigen Investitionen in die Infrastruktur und gleichzeitig rückläufigen Einnahmen werde also laut Remelé weiter bedrohlich auseinanderklaffen.
Haushaltsplanung wird zur Herausforderung
Eine Entwicklung, die auch Haßfurts Bürgermeister Günther Werner bedenklich stimmt. "Einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, wird immer mehr zur Herausforderung", sagt er zum Start der Vorberatungen für den Etat 2025 in seiner Kommune. Die größten Ausgaben muss Haßfurt im Baubereich stemmen: "Viel Geld fließt in Brücken, Kanäle und Straßen." Damit bleiben zwangsläufig weniger Mittel für andere Aufgaben übrig, etwa für die Feuerwehr oder die Kinderbetreuung. "Pflichtaufgaben müssen wir erfüllen. Was sonst noch machbar ist, wird auf den Prüfstand gestellt werden müssen", kündigt er an.
Auch Ostheims Bürgermeister Steffen Malzer sieht wenig finanziellen Spielraum für seine Gemeinde. "Die einzige Stellschraube wäre, die Investitionen auf null zu setzen. Weil das angesichts der kommunalen Pflichtaufgaben gar nicht möglich ist, müssen wir die steigenden Kosten an die Bürger weitergeben." Was in der Konsequenz bedeute, dass Grund- und Gewerbesteuer, die einzigen eigenen Einnahmequellen der Kommunen, steigen müssen, so Malzer.
Städtetag sieht den Staat in der Pflicht
Beim Thema Kinderbetreuung ploppt auch ein Aspekt auf, der die Kommunen in den nächsten Jahren viel Geld kosten könnte: Erstklässler haben ab dem Schuljahr 2026/27 Anspruch auf einen Hortplatz, alle Grundschüler ab 2029. Nur wenige Gemeinden haben ausreichend Platz, um alle Grundschüler unterzubringen. Neubauten dauern lange und kosten viel Geld. Hier seien nun auch das Kultusministerium und in der Folge die Schulleitungen gefragt, dafür zu sorgen, dass die nachmittags leer stehenden Schulgebäude auch für die Hortbetreuung genutzt werden können, mahnt Bernd Buckenhofer an.
Ein wenig Entlastung verspricht, dass der kommunale Anteil am allgemeinen Steuerverbund jüngst von 12,75 auf 13 Prozent erhöht wurde – zum ersten Mal seit elf Jahren, so Buckenhofer. Der überwiegende Teil dieser zusätzlichen 409 Millionen Euro aus dem Finanzausgleich werde in die Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden fließen. Auch die Bezirke bekommen mehr Geld vom Freistaat. Dennoch wurde laut Geschäftsführer bereits angekündigt, dass die Bezirksumlage steigen wird.
Angesichts der anstehenden Probleme forderte der Bayerische Städtetag daher in Ostheim, dass die Finanzausstattung der Kommunen gesichert sein muss. Hier sei der Staat in der Pflicht. Die Tatsache, dass von den 33 Bürgermeistern der Mitgliedsgemeinden im Bezirk nahezu alle (30) bei der Konferenz in der nördlichsten Stadt dabei waren, darf wohl als Beleg dafür gelten, wie sehr das Thema den Kommunen unter den Nägeln brennt.