Schon der ICE 4601 nach Brüssel ist außergewöhnlich. Weiß-blau statt Weiß-rot. Seit der Europawahl ist der Zug als Botschafter der europäischen Idee unterwegs. Schnell, barrierefrei, umweltfreundlich. Und nahezu pünktlich. "Das ist für mich die beste Art nach Brüssel zu kommen. Mit dem Auto nach Frankfurt, rein in den Zug - zweieinhalb Stunden später bin ich bei der EU", sagt Thomas Habermann.
Der Landrat von Rhön-Grabfeld sitzt seit einem Jahr als einer von zwei Vertretern des Deutschen Landkreistags im Ausschuss der Regionen (AdR). Dieses Gremium repräsentiert 350 Regionen aus allen 28 Mitgliedsstaaten. Im Entscheidungsprozess zu den unterschiedlichsten Richtlinien muss die Legislative - müssen also die Europäische Kommission, das EU-Parlament und der Europa-Rat - diesen Ausschuss anhören. "Dabei kommt es natürlich darauf an, dass die lokale Basis die Umsetzung der EU-Vorgaben auf ihre Praktikabilität überprüft. Deshalb engagiere ich mich in diesem Gremium", sagt Lokalpolitiker Habermann. Schließlich sollen EU-Richtlinien helfen, nicht hindern.
Barrieren in der täglichen Brüssel-Praxis
Doch das ist einfacher gesagt, als getan. In der täglichen Brüssel-Praxis gibt es zahlreiche Barrieren. Beispiel: Sicherheitskontrollen. Vor jedem Eintritt in die Kommissionsgebäude wird man untersucht. Tasche auf, Laptop, Kamera, Handy raus - alles wird gescannt. Erst danach geht es weiter. Seit den Terror-Anschlägen von Paris und Brüssel sind die Sicherheitskriterien noch verschärft. "Wir haben uns schon daran gewöhnt", sagt Michael Schmitz vom Brüsseler Büro des Landkreistages, zieht bereitwillig seinen Gürtel aus der Schlaufe und lässt ihn durch den Scanner laufen.
Ausschussmitglied Habermann passiert die Kontrollen schnell. Vor der wichtigen Plenartagung am Nachmittag steht im Haus der Regionen die Fraktionssitzung der Europäischen Volksparteien an. Dort muss der Landrat aus Unterfranken vor den 111 Mitgliedern seinen Bericht zur Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien vorstellen. Und um Zustimmung bitten. Politische Prozessarbeit, wie in allen Gremien auf lokaler Ebene. Er tut dies auf Deutsch, eine Kohorte von Dolmetschern übersetzt simultan in alle erforderlichen Sprachen.
Habermann erklärt, dass die Europäische Kommission derzeit die Umsetzung der Richtlinien über die öffentliche Auftragsvergabe aus dem Jahr 2014 in den Mitgliedsstaaten evaluiert. "Das sind im Detail genau die Punkte, die uns als Gebietskörperschaft schlussendlich betreffen. Ich setze mich in meiner Stellungnahme dafür ein, die Vergabeverfahren nicht unnötig zu überfrachten. Schließlich sollen kleinere und mittlere Unternehmen, die in allen Regionen Europas ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind, teilhaben können an den öffentlichen Vergaben."
Stippvisite bei Manfred Weber
In der Fraktion bekommt der Mann aus der Rhön Zustimmung. Genauso wie Manfred Weber. Der EVP-Spitzenkandidat aus Deggendorf hatte bei der jüngsten Europawahl ein gutes Ergebnis eingefahren, musste aber aus politischem Kalkül den Präsidentenposten der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen überlassen. Die Dankesworte von Andalusien über Finnland bis Polen tun Weber offensichtlich gut. Der EU-Parlamentarier, neuerdings mit Bart, verspricht die vielen Sorgen der Ausschussmitglieder in seine Arbeit aufzunehmen. Gerade, was die Finanzierung der Fördergelder und das Hin und Her im Brexit betrifft.
Der irische Beitrag, ein harter Ausstieg sei besser als eine harte Grenze, macht auch dem Rhöner Landrat Sorgen. "Die EU ist letztendlich ein Instrument der Friedenssicherung. Wenn zwischen Irland und Nordirland Zoll und Militär aufgebaut werden, können die historisch bedingten Spannung wieder aufflammen. Das muss vermieden werden." Der politische Puls in Europa schlägt in diesen unsicheren Brexit-Tagen sowieso unregelmäßig und höher.
Das merken die Journalisten bei der nächsten Station. Die Ausschussmitglieder haben sich im Brüsseler Europaviertel auf den Weg in die Nordrhein-Westfälische Vertretung gemacht. Dort trifft sich die deutsche AdR-Delegation fraktionsübergreifend zu einem Arbeitsessen. Themen: die Führungsfunktion Deutschlands bei den Klimazielen, der Mehrjährige Förderrahmen und der Brexit. Bevor der britische Berichterstatter der deutschen Delegation die neuesten Entwicklungen in diesem Wirrwarr erklärt, bittet er die Reporter den Raum zu verlassen. CSU-Politiker Habermann erlebt ein von Indiskretionen und Ränkespielen durchzogenenes Gezerre - europäische Transparenz sieht anders aus.
Thomas Habermann stellt seine Stellungnahme auch in dieser Runde vor. Der Binnenmarkt sei eine der wesentlichen Errungenschaften der EU. Er müsse erhalten und weiterentwickelt werden. Dem Rhöner Landrat ist zudem wichtig, dass er sich bei seiner Stellungnahme zu einer fairen Vergabe-Praxis auf zwei EU-weite Umfragen stützt. Die Ergebnisse daraus seien im Sommer bei einem Workshop mit 100 Lobbyisten zusammengefasst worden. Demnach sei eine neue legislative Reform der Vergaben in den nächsten Jahren nicht nötig. Die von der EU eingeführten strategischen Vergabeziele - grün, sozial und innovativ - unterstützt er im Grundsatz, weist aber eine regelmäßige Verpflichtung dazu zurück. "Die Entscheidung darüber muss im Einklang mit dem Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung komplett im Ermessen der Gebietskörperschaften bleiben!", konstatiert er vor den versammelten deutschen AdR-Delegierten.
Aufgabe: EU-Politik muss viel besser kommuniziert werden
Die machen sich alle kurz vor 15 Uhr schnell auf zur Europäischen Kommission. Dort beginnt die Plenartagung des AdR. Weit über 300 Abgesandte - darunter auch der Schotte Anthony Buchanan stilecht im Kilt - hören sich 17 Berichte zur Regionalentwicklung nach 2020 an. Sie debattieren unter anderem über eine bessere Kommunikation europäischer Projekte bis in die lokalen Ebenen, über ausgeweitete Leader-Förderungen, über eine Neugestaltung des Energiemarktes hin zur sauberen Energie, über den Strukturwandel der Kohleregionen, über die Schweinepest und die Bewahrung der Naturweidewirtschaft in Zeiten der größer werdenden Wolf-Populationen - alles Punkte, die von den lokalen Verwaltungen umgesetzt werden müssen.
Nach fast viereinhalb Stunden, kurz vor 19.30 Uhr, wird Berichterstatter Habermann vor das Plenum gerufen. Er skizziert zum dritten Mal an diesem Tag seinen Entwurf zu einer fairen Vergabe-Richtlinie. Nun vor dem entscheidenden Gremium. Er betont erneut, dass örtliche Strukturen und lokales Wirtschaftswachstum im Sinne der Nachhaltigkeit gefördert werden müssen. Dafür müsse die EU-Kommission EU-weit einheitliche und verlässliche Zertifikate im Bereich der Umweltverträglichkeit aufstellen.
Was die grenzüberschreitenden Vergabeverfahren betrifft, sieht er einen Rückgang von knapp sechs Prozent aus 2013 bis auf 3,4 Prozent in 2017. Hauptursache dafür sei die fehlende Harmonisierung im Arbeitsrecht über Ländergrenzen hinweg. Weitere Leitfäden der Kommission, die die Verwaltungen besser auf diese Art der Vergaben vorbereiten sollen, bedeuteten seiner Meinung nach, noch mehr Verwaltungsaufwand. "Das schränkt die kommunale Handlungsfähigkeit letztendlich deutlich ein." Welches Preis-Leistungs-Verhältnis das beste ist, müsse weiterhin im Mittelpunkt der Entscheidung stehen, folgert er in seinem Bericht.
Das Plenum stimmt schließlich neun der zehn Änderungsanträgen zu, darunter vier, die der Rhön-Grabfeld-Landrat selbst eingebracht hat. Insgesamt nimmt der AdR die Stellungnahme an. Doch einen Änderungsantrag, bei dem es um die Vereinfachung der Strukturen und der dazugehörigen Mitteleinstellung geht, lehnt der Ausschuss mit großer Mehrheit aus dem sozialistischen Lager ab. "Darüber muss ich mit unserem Fraktionsvorsitzenden Michael Schneider noch mal reden. Zum Zeitpunkt meines Berichtes waren viele unserer Fraktionskollegen schon gegangen", kündigt Habermann gleich nach der Abstimmung an. Er ist allerdings insgesamt zufrieden, weil sein Ziel, praktikable Verfahren mit einem Mehrwert für Bürger sowie Klein- und Mittelständische Unternehmen zu erreichen, angenommen wurde.
Zusätzliche Zufriedenheit zieht Habermann aus einem Treffen mit dem scheidenden EU-Kommissar Günther Oettinger am Rande der Plenarsitzung. Das hatten seine Büromitarbeiter Tanja Struve und Michael Schmitz organisiert. Oettinger, im AdR für sein engagiertes Ringen um die europäische Idee gelobt, scheidet Ende Oktober aus seinem Amt aus. "Ich habe Ihre Stellungnahme gelesen. Das ist genau auch unser Zugang!" Das Lob kommt aus berufenem Mund.
Spätabends nach einem Besuch in der Vertretung Baden-Württembergs und einem Plausch mit Claudemir Jeronimo Barreto, besser bekannt als Fußballer unter dem Namen Cacau, geht es nach 9,6 fußläufigen Kilometern ins Hotel. Am Tag darauf stehen die restlichen Anhörungen im AdR-Plenum an. Tytti Tuppurainen, Finnlands Europaministerin, zeigt, dass die EU bei der Digitalisierung aufholen muss, um mit Silicon Valley und China in den Zukunftstechnologien konkurrieren zu können. Ein Thema, das die EU mit ihren Gremien viel beschäftigen wird, Stichworte: Datensicherheit, Umweltverträglichkeit.
Zur Nachmittagszeit des zweiten Tages nach vielen Debatten, Netzwerken, neuen Erkenntnissen und weiteren sechs Kilometern zu Fuß setzt sich AdR-Mann Habermann wieder in den weiß-blauen ICE Richtung Frankfurt. Dass die europäische Idee ein hartes Stück Arbeit bedeutet, weiß Habermann. Er beurteilt sein Europa-Engagement, das nach Abzügen aller Kosten etwa mit 100 Euro pro Visite entlohnt wird, in vielerlei Hinsicht ertragreich: "Ich sehe meine politische Arbeit von einer anderen Warte aus. Das eröffnet auch für das Lokale neue Perspektiven."
"Rhön & Saalepost" vom 22.05.2019; Gelder aus EU-Förderung fließen in den Landkreis"
Textauszug: Dazu kommt die Unterstützung der Landwirtschaft, im EU-Haushalt der größte Posten. 1.300 Landwirtschaftliche Betriebe in Rhön-Grabfeld erhielten 2017 unter anderem
als Prämien für Umweltmaßnahmen, als Entgelt für Kulturlandschaftspflege u.s.w.
Tja, so manche unserer Landwirte im Schwachwindgebeit Streutal, Saaletal, Grabfeld kassieren ergänzend noch Windkraftsubentinen "mit oder ohne Sinn"?
Tja, das Netzwerk Agrokraft, Bauernverband verbunden mit so manchen kommunalpolitischen
"Volksvertretern" ist größtenteils bekannt.
Ob nun bei so manchen "Windkraftabstimmungen" alles so im Reinen war? Darüber läßt sich
"streiten". Diesbezüglich darf auf die Aussage des Kommunalrechtsexperten Michael Frey,
Hochschule Kiel, wegen möglicher Befangenheit verwiesen werden.
Aber was soll`s sind eh nur Steuergelder, bzw. Wählerstimmen "mit oder ohne Sinn", oder?
Gegenfrage:
Wo unterstützt eigentlich Brüssel das Grabfeld, welches unter der Regie von
Landrat Thomas Habemann immer mehr ausverkauft wird?
Beispiele finden sich darin, dass drei ehemalige kommunale Krankenhäuser
einem Aktien-Imperium, unter dem Titel "Das Geschäft mit der Gesundheit",
oder auch das Schwachwindgebiet Grabfeld zum Vorteil von omynösen kommunalpolitischen Geschäftsfilz mit Einverständnis von LR Thomas Habermann "geopfert" wird und weshalb Bürgereinwände ignoriert werden?
Traurig aber wahr dürfte sein, dass die -Rhön- einen nicht nachvollziehbaren
"Heiligenschein" im Gegensatz zum "Grabfeld" bekommt; Warum auch immer?
Bei anstehenden Kommunalwahlen; März 2020 sollte der Wähler entscheiden, ob diese für den Normalbürger erkennbare "Einseitigkeit" noch
einem gerechtem Bürgerwillen entspricht, oder?
oder auch sprichwörtlich "viel Lärm um Nichts".
Kann aber auch möglicherweise sein, dass man sich vor anstehenden Kommunalwahlen ins rechte Rampenlicht setzen möchte; Nur in welches?