Es ist Winter in der Rhön. So richtig viel geschneit hat es noch nicht, aber auf bis zu 20 Zentimeter ist die weiße Pracht auf den Hochlagen zwischen den Schwarzen Bergen, dem Kreuzberg und dem Dreiländereck am Schwarzen Moor teils angewachsen. Vertraut man dem Wetterbericht, kommen in diesen Tagen noch einige Zentimeter hinzu. Im Gegensatz zur Bayerischen Rhön reicht die Schneedecke an Wasserkuppe und Zuckerfeld dank der Schneekanonen schon aus, dass die ersten Lifte den Betrieb aufnehmen können. Daneben werden an diesem Wochenende viele Besucher erwartet, die die Rhöner Winterlandschaft in der Loipe erleben möchten.
Nur wenigen Winterwanderern, Rodlern oder Skilangläufern dürfte bewusst sein, wie umfangreich die Vorarbeiten sind, damit sie ihre Winterfreuden genießen können. "Bei uns beginnen die Vorbereitung für den Winter schon im September", erklärt Klaus Spitzl, Geschäftsführer des Vereins Naturpark und Biosphärenreservat Bayerische Rhön. Mit seinen Mitarbeitern muss er eine Vielzahl von Aufgaben und "viele, viele Stunden" Arbeit erledigen, um die Voraussetzungen zu schaffen, damit sich Wintertouristen in der Rhön zum Beispiel vom Corona-Stress erholen können.
2000 Stangen und viele Wegweiser
Eine der Aufgaben des Naturparks ist es, mit den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen für einen guten Zustand der Loipen und Winterwege zu sorgen. Dafür stehen in der bayerischen Rhön drei Spurgeräte – an der Thüringer Hütte, in Haselbach und an der Kissinger Hütte – bereit. Bevor die jedoch eine erste Loipe präparieren, müssen schon im Herbst die Trassen abgefahren, gemäht und vor allem auf Steine untersucht werden. Sonst würden das Gestein größere Schäden an den Spurgeräten verursachen. In bewaldeten Abschnitten werden Bäume oder Äste beseitigt, die eine Durchfahrt des Loipenfahrzeugs behindern oder auf die Loipen fallen könnten. Weiter gilt es, feuchte Bereiche daraufhin zu untersuchen, ob Wasser abfließen kann. Ansonsten entstehen hier Eisplatten, die Langläufer oft großflächig umfahren, was gerade im Naturschutzgebiet nicht erwünscht ist.
Dann folgt eine Mammutaufgabe. Mehr als 2000 Stangen müssen in den Boden gerammt werden, um die Loipen zu markieren. Dazu kommt die Ausweisung der Winterwanderwege. Und sowohl die Wege wie auch die Loipen müssen ausgeschildert werden. Auf der langen To-do-Liste steht daneben das Aufstellen von Schneezäunen. Natürlich müssen auch die Fahrzeuge zum Kundendienst, gewartet und fit für den winterlichen Einsatz gemacht werden. Schmier- und Treibstoffe müssen beschafft werden. Alleine für das Spurgerät an der Thüringer Hütte wurden im vergangenen Winter zum Beispiel mehr als 3000 Liter Diesel benötigt.
Trauer um Loipenspurer Dieter Schleicher
Gleichzeitig laufen Absprachen mit den Kollegen aus Hessen und Thüringen. Denn Winterwege oder Loipen werden durchaus länderübergreifend betreut. So soll heuer ein Winterwanderweg vom Schwarzen Moor nach ins thüringische Birx angelegt werden und von den Bayern bereut werden. Während die Absprachen zwischenmenschlich sehr harmonisch ablaufen, seien es oft juristische oder Versicherungsfragen, die solche Vorhaben verzögern, berichtet Klaus Spitzl.
In dieser Woche ist noch ein Ereignis eingetreten, das die Zusammenarbeit mit Hessen verkomplizieren könnte, aber vor allem menschlich tragisch ist: Dieter Schleicher aus Mosbach, der fast 20 Jahre im Loipenpark Rotes Moor die "perfekten Spuren" gezogen hat, ist unerwartet gestorben. Das ist auch auf bayerischer Seite mit viel Betroffenheit aufgenommen worden, so Spitzl. Zur Vorbereitung auf den Winterstart gehört für ihn in jedem Jahr auch das Thema Kommunikation und damit eine enge Abstimmung mit der Rhön GmbH. Schließlich sollen die Informationen über den Zustand der Loipen, Rodelbahnen und Winterwanderwege auch im Internet, in sozialen Medien, auf den verschiedenen Schneetelefonen oder heuer erstmals auch auf der neuen App des Biosphärenreservats abrufbar sein.
Naht der Winter und der erste Schnee fällt, müssen nicht nur verschiedene Straßen für Winterwanderwege oder der Bohlenpfad im Schwarzen Moor und der dortige Aussichtsturm gesperrt werden. Auch der Einsatz der Ranger und das Personal für die Infomobile ist in Abstimmung mit dem Biosphärenreservat zu koordinieren. Schließlich sind an den Schnee-Wochenenden viele Besucher aus der ganzen Region zu erwarten – von denen sich erfahrungsgemäß nicht alle an die Regeln halten.
Bei dieser Witterung schauen Thomas Städtler aus Fladungen, sein Kollege Christof Schlott aus Leubach, Mani Reder in Haselbach oder Robert Reuscher in den Schwarzen Bergen sehr genau auf verschiedene Wettervorhersagen. Falls ausreichend Schnee gefallen ist, heißt es für sie mitten in der Nacht aufstehen. Gegen 4.30 Uhr starten sie die Pistenbullys und spuren die Loipen, walzen die Winterwege oder die Rodelhänge.
Naturpark-Chef lobt Motivation seiner Mitarbeiter
Städtler und Schlott erledigen diese Arbeiten in der Langen Rhön. Immer mit der Motorsäge an Bord starten sie an der Thüringer Hütte und spuren die Loipe zunächst in Richtung Schornhecke und Heidelstein und schaffen damit den wichtigen Anschluss zum Roten Moor und dem Loipenzentrum dort. Dann geht es weiter in Richtung Schwarzes Moor und Sennhütte. Für das komplette Pensum benötigen sie zwei Arbeitstage. Schließlich sind die Loipen alleine im Naturschutzgebiet etwa 70 Kilometer lang. Dazu kommen Winterwanderwege sowie die Rodelhänge an der Rother Kuppe und der Thüringer Hütte. Und gelegentlich muss noch ein reichlich durchgefrohrener Autofahrer befreit werden, der sich mit dünnen Schuhen, ohne Jacke und wenig Benzin mit seinem Allrad irgendwo festgefahren hat.
Wie ihre Kollegen am Kreuzberg und den Schwarzen Bergen arbeiten die beiden dabei weitgehend selbstständig, was ihnen viel Lob von ihrem Chef einbringt. Für diesen Job benötige man sehr viel Motivation, betont Spitzl. Und die sei bei seiner Mannschaft vorhanden. Wäre das nicht so, könne er einpacken.
Die Motivation benötigen alle Beteiligten auch in einem anderen Fall. Schließlich sorgt der Klimawandel dafür, dass immer häufiger zu wenig Schnee und damit der Winter in der Rhön komplett ausfällt. Dann waren alle Arbeiten, alle Vorbereitungen umsonst. Andernfalls ist die Freude um so größer, wenn es wie im vergangenen Winter sehr viel Lob für den Zustand der Loipen gibt.