Morgens sechs Uhr, das Thermometer zeigt Minus 15 Grad an. Wer kann, bleibt im Warmen. Nicht so Manfred Reder. Der Haselbacher hat bereits die Tore der Halle am Viehweg in Haselbach geöffnet und steigt in die Fahrerkabine des roten Pistenbullys. Seit 40 Jahren ist er im Winter unterwegs, um die Langlaufloipen und Winterwanderwege rund um den Kreuzberg zu spuren. Nur bei Schnee natürlich. Und davon gibt es in diesem Winter wieder einmal richtig viel.
Sein Weg führt ihn parallel zum Viehweg über den Parkplatz am Dreitannenlift den Kreuzberg hinauf. Bereits hier wird der Schnee mit der Fräse am Heck des Pistenbullys aufgearbeitet und angedrückt. Der steile Anstieg bis zum Neustädter Haus wird als Winterwanderweg genutzt, der über die Gemündener Hütte zum Kreuzberg führt.
Diagonalspur für den klassischen Stil
Am Neustädter Haus beginnt die Loipe. Zusätzlich zur Fräse wird jetzt die Spurplatte hydraulisch abgesenkt. Manfred Reder legt auf der rechten Seite die sogenannte Diagonalspur an, benannt nach dem Schritt des klassischen Langlaufstiles. Der breite Bereich wird für die Skater angedrückt. Frästiefe und Anpressdruck lassen sich hydraulisch steuern und sind abhängig von den Schneeverhältnissen.
"Man kriegt im Laufe der Zeit ein Gespür dafür", bemerkt Manfred Reder, der früher ein leidenschaftlicher Diagonalläufer war, und bedient kurz den Scheibenwischer. Tief hängende Äste streifen immer einmal die Fahrerkabine und bestäuben die Windschutzscheibe mit dem Pulverschnee, der im Scheinwerferlicht glitzert. Die behaglich beheizte Fahrerkabine wirkt mit dem kleinen halbrunden Lenker ein bisschen wie ein Cockpit, dessen Knöpfe Reder ganz entspannt und wie nebenher bedient.
Es kommt kaum zu Konflikten
Die Kreuzbergloipe ist als Rundkurs befahrbar. Der Haupt-Einstieg liegt am Kreisparkplatz unterhalb des Klosters. Auch hier gibt es einen Zubringer auf die etwa 9,5 km lange Runde. Weitere Einstiegsmöglichkeiten gibt es vom Neustädter Haus aus, sofern die Zufahrt befahrbar ist, und vom Irenkreuz. Auch vom Guckaspass gibt es einen Zubringer mit Diagonalspur und Skaterpiste, allerdings müssen sich die Langläufer hier die Strecke mit den Fußgängern teilen. Der Loipen-Rundkurs selbst ist den Langläufern vorbehalten. Zu Konflikten mit Fußgängern kommt es kaum, wenn beide Seiten etwas Rücksicht nehmen, denn die Loipe ist relativ breit.
"Die ganzjährige Pflege der Forstwege ist auch für den Winterbetrieb wichtig", erklärt Reder. "Ein trockener Weg hat eine ganz andere Festigkeit, als ein aufgeweichter, auch wenn mit schweren Transportern Stämme aus dem Wald geholt werden." Solche Fahrzeuge traf Reder auch schon im Winter hier in der Loipe. Aber auch heimische Forstleute hat er hier schon durch die Loipen fahren sehen, was ihn genauso ärgert.
Viele schöne Erlebnisse
Die schönen Erlebnisse überwiegen jedoch. Als er kurz nach sieben Uhr zum zweiten Mal auf den Rundkurs fährt, um die linke Hälfte der Spur zu fräsen, verlaufen frische Spuren durch die Schneerillen. "Das ist ein Fuchs, dort vorne biegt er wieder in den Wald ab", freut sich Manfred Reder. Vor kurzem traf er eine Rotte Wildschweine, die sich voller Panik ob des herannahenden Pistenbullys im Tiefschnee eine Böschung hinauf quälten, nur Armeslänge von ihm entfernt. Seiner Meinung nach haben sich die meisten Tiere an das Fahrzeug gewöhnt und bleiben ruhig im Wald stehen. Reder fährt den 170 PS-starken Pistenbully mit 10 bis 12 Stundenkilometern durch den Wald, auf eisigen Abschnitten oft mit halber Geschwindigkeit.
Reder erinnert sich an die Anfangszeiten. Damals fragte die Verwaltung des Naturparks beim RWV an, ob er sich um die Anlage und Pflege der Langlaufloipen und Winterwege kümmern könne. Bereits in der Saison 1975/76 fuhren die Haselbacher Brüder Hans-Joachim und Friedbert Fuß mit einem Motorschlitten und angehängtem Spurgerät um den Kreuzberg. "Das war eine richtige Plagerei", erinnert sich Reder. 1979 wurde der erste Kabinenbully in den Dienst gestellt. Heute ist bereits der vierte moderne Pistenbully im Einsatz, dessen Anbauten wie Fräse und Andruckplatte per Knopfdruck aus der Fahrerkabine gesteuert werden. In den Anfängen musste der Fahrer aussteigen und die Geräte von Hand an- oder abkoppeln.
Den Weg von der Fichte befreit
Schwere körperliche Arbeit gilt es auch heute noch manchmal zu verrichten. Ende Januar stieg Manfred Reder einmal schon morgens um 3 Uhr auf die Pistenwalze. Im oberen Bereich der Loipe lag eine dicke Fichte quer über dem Weg. Zur Ausrüstung der Pistenwalze gehört eine kleine Kettensäge, die jedoch für die Fichte nicht ausreichte. Er rief seinen Kollegen Michael Roßhirt an, mit dem sich Reder das Loipenspuren teilt. Wenig später holte er ihn am Kreuzbergparkplatz ab, wo er mit seiner großen Kettensäge wartete. Gemeinsam sägten sie den Stamm durch und machten die Loipe wieder frei.
Als Manfred Reder an diesem Morgen in die Zubringerloipe zum Irenkreuz abbiegt, wird es langsam hell. Er genießt die Fahrt im Loipenspurgerät in den Morgen hinein. Für gewöhnlich hört er Radio und die Zeit wird ihm nicht lang. Zum Irenkreuz ist die Strecke abschüssig, am Wegesrand warnt ein Schild vor "gefährlicher Abfahrt". Für den Pistenbully kein Problem, auch den steilsten Anstieg im Bereich der Pistenpflege mit 28 Prozent Steigung schafft er locker.
Blick auf die wunderbare Winterwelt
Die Straße zum Neustädter Haus überquert Reder und fährt in den Bischofs-Wiesen-Weg ein, der wieder Richtung Viehweg führt. "Das ist eigentlich keine offizielle Loipe, aber wir müssten sonst ein ganzes Stück Umweg fahren, um wieder zum Ausgangspunkt zurückzukommen", dabei lässt er wieder die Spurplatte herunter. Der Abschnitt wird gerne genutzt, wie man an den Spuren des vergangenen Tages sieht.
Als das Fahrzeug im unteren Drittel des Kanonenrohrs aus dem Wald kommt, ist es hell, gleich geht die Sonne auf. Reder liegt der Bischofsheimer Talkessel zu Füßen mit einem Ausblick in eine wunderbare Winterwelt. Bevor er den Pistenbully an diesem 51. Skitag wieder in die Garage fährt, dreht er noch eine Runde um Haselbach und drückt auf einer Strecke von etwa zwei Kilometern eine kleine Dorfrunde an, die von den Spaziergängern gut frequentiert wird.
Seit 40 Jahren ehrenamtlich unterwegs
Ist der Bully abgestellt, muss das Fahrtenbuch geführt werden, das Fahrzeug wird kontrolliert, kleine Reparaturen werden ausgeführt. Das Loipenspurgerät ist Eigentum des Naturparks Bayerische Rhön, der sich um regelmäßige Wartung und größere Reparaturen kümmert. In Auftrag der Naturparkverwaltung ist Manfred Reder seit 40 Jahren ehrenamtlich unterwegs, seit 18 Jahren ist Michael Roßhirt mit dabei. Die beiden Fahrer sprechen ihre Einsätze ab. Reder ist Rentner und zeitlich flexibel, falls Roßhirt beruflich gebunden ist.
Das Präparieren der 60 Kilometer Loipen und Winterwanderwege dauert fünf bis sechs Stunden. Die Loipen am Kreuzberg sind, im Gegensatz zu den Winterwanderwegen, ein kleiner Geheimtipp. Sie sind immer top gepflegt und mäßig frequentiert. Durch den Zubringer zum Guckaspass hat die Kreuzbergloipe Anschluss an die Loipen der Schwarzen Berge. Einige Läufer nutzen einen Winterwanderweg als Anschluss zu den Loipen rund um den Arnsberg. Somit erschließt ein ausgedehntes und abwechslungsreiches Sport- und Freizeitgelände, das auch unter der Woche von Langläufern auch aus Würzburg oder Frankfurt genutzt wird.
Einen Wunsch hat Manfred Reder hierzu, er wünscht sich, dass alle Loipen der gesamten Rhön in einem Infoportal zu finden sind, um auch weniger bekannte Strecken in den rechten Fokus zu rücken.