Oskar Herbig war ein Mann von altem Schrot und Korn. 24 Jahre lang, von 1970 bis 1994, hat er als Bürgermeister die Geschicke der Stadt Mellrichstadt gelenkt und zahlreiche Projekte angestoßen, die die Stadt bis heute prägen. An diesem Montag, 29. Januar, wäre er 100 Jahre alt geworden.
Der "Össer", wie Oskar Herbig in der Stadt genannt wurde, war eine eindrucksvolle Persönlichkeit, sagen langjährige Wegbegleiter – gerade heraus, mit fränkischem Witz und Charme, stets um das Wohl seiner Stadt bemüht, in deren Dienst er stolze 54 Jahre stand. 1940 begann er seine Laufbahn als Gemeindedienstanwärter, zwei Jahre später wurde er zum Stadtinspektoranwärter befördert. Nach dem Krieg und der Entlassung aus der Gefangenschaft trat er 1945 wieder seinen Dienst bei der Stadt an und machte in der Verwaltung Karriere. 1969 wurde Oskar Herbig zum Stadtoberamtmann ernannt.
Ein Jahr später, nach dem Tod von Bürgermeister Alfons Halbig, wurde er mit überwältigender Mehrheit zu dessen Nachfolger gewählt. Und für Mellrichstadt begann ein sehr erfolgreiches Kapitel der Stadtgeschichte mit einer rasanten Entwicklung der Infrastruktur.
Oskar Herbig setzte sich für sein Mellrichstadt ein
Die Geschicke der damaligen Kreisstadt Mellrichstadt lenkte Oskar Herbig mit Weitsicht und Bedacht. Zumal große Projekte und Herausforderungen auf den neuen Bürgermeister warteten. Allem voran die Landkreis- und Gemeindegebietsreform. 1972 verlor Mellrichstadt den Status als Kreisstadt, und der Landkreis Rhön-Grabfeld wurde aus der Taufe gehoben. In zahlreichen Verhandlungen und Streitgesprächen setzte sich der "Össer" mit aller Macht dafür ein, für die Stadt und den Altlandkreis Mellrichstadt so viel wie möglich an Verwaltungskraft zu behalten.
Im Zuge dessen wurde 1975 die Verwaltungsgemeinschaft Mellrichstadt gegründet – als erste VG in Unterfranken, wohlgemerkt. Auch die gut gelungene Eingemeindung der sechs Stadtteile ist Oskar Herbigs Wirken zu verdanken. Ihnen galt stets sein Augenmerk, in gleicher Weise wie der Kernstadt.
In seiner Amtszeit hat Oskar Herbig die Stadt vorangebracht
Mit dem Start der Altstadtsanierung begann in den frühen 1970-er Jahren unter seiner Regie eine zukunftsweisende Entwicklung von Mellrichstadt. Viele weitere Projekte wurden angestoßen und angepackt, darunter die Wasserversorgung, das Hallen-Freibad, die Dreifachturnhalle, Krankenhaus und Beschussamt, die Grenzpolizei, der Hauptschulneubau, der Anschluss an das Erdgasnetz, Straßenbau und die Förderung des Wohnungsbaus in der Stadt. Maßgeblich auch noch heute sind die Sanierung des Brügels, der Kirschgarten, die Streuwiese, die Ausweisung von Industriegelände, die Marktplatzumgestaltung und das Heimatmuseum Salzhaus. In den Stadtteilen wurden unter anderem Gemeinschaftshäuser gebaut und die Dorfflurbereinigung angestoßen.
Für all diese Maßnahmen und Einrichtungen wusste Herbig seiner Stadt auch Förderquellen zu erschließen. Zu Ämtern und übergeordneten Behörden pflegte er gute Kontakte und wurde für seine hemdsärmelige Art und seinen fränkischen Humor überregional anerkannt und geschätzt.
Oskar Herbig war ein typischer Franke: witzig, wendig, widersprüchlich
Kein Wunder also, dass der gebürtige Mellrichstädter 1988 mit dem Frankenwürfel ausgezeichnet wurde. Der damalige Regierungspräsident von Unterfranken, Franz Vogt, nannte ihn "eine typische fränkische Persönlichkeit mit den Eigenschaften witzig, wendig, widersprüchlich" und lobte seinen "regen Geist".
Auszeichnungen durfte Oskar Herbig aber auch zuvor schon entgegennehmen. Für seine Verdienste erhielt er 1984 das Bundesverdienstkreuz am Bande und 1994 die Kommunale Verdienstmedaille in Silber. Zu seinem 65. Geburtstag, am 29. Januar 1989, wurde er zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Eine weitere Würdigung folgte: Die Mehrzweckhalle wurde in "Oskar-Herbig-Halle" umbenannt.
Weggefährten schätzen Oskar Herbigs Temperament und seinen Charme
Weggefährten seiner Zeit, wie sein Stellvertreter Ferdinand Müller, würdigten bei den Feierlichkeiten, dass Oskar Herbig mit Talent, Tatkraft und gewitzter Diplomatie Stadtgeschichte geschrieben habe. Senator Karl Groenen sagte bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde: "Wir lieben ihn mit seinem vulkanischen Temperament und schätzen ihn mit seinem Charme", wie die Heimatzeitung damals berichtete.
Nach vier Amtsperioden, in denen das Miteinander mit den Stadtteilen gepflegt wurde und auch die Zusammenarbeit im Stadtrat als beispielhaft galt, endete der politische und persönliche Einsatz von Oskar Herbig für seine Stadt. Helmut Will folgte ihm 1994 im Amt nach. Oskar Herbig starb am 30. September 1998 im Alter von 74 Jahren.