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Oberelsbach
Ein Mikro-Haus komplett alleine gebaut: Familie Martin aus Oberelsbach stemmt ihr Hausprojekt ohne Bauunternehmen
Mit einem besonderen Bauprojekt zieht Familie Martin aus Oberelsbach die Aufmerksamkeit auf sich: Das Ehepaar errichtete ein eingeschossiges Mikro-Haus.
Alles selbst gemacht: Im Eigenbau zum Traumhaus für die behinderte und blinde Mutter. Silvia und Christian Martin aus Oberelsbach haben es vorgemacht.
Foto: Marc Huter | Alles selbst gemacht: Im Eigenbau zum Traumhaus für die behinderte und blinde Mutter. Silvia und Christian Martin aus Oberelsbach haben es vorgemacht.
Marc Huter
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:39 Uhr

Neugierige Blicke gab es schon jede Menge: Ehepaar Silvia und Christian Martin baut in der St.-Kilian-Straße in Oberelsbach ganz allein ein eingeschossiges, behindertengerechtes Mikro-Haus mit nur 105 Quadratmetern Wohnfläche. Die beiden tun das für Pauline Mock, die schwerbehinderte und blinde Mutter von Silvia. Ihr soll ermöglicht werden, im Alter so lange wie möglich selbstständig zu leben.

Ein bewegliches "Tiny-Haus", wie es heute in aller Munde ist, ist ihr Projekt allerdings nicht. Silvia und Christian Martin verwenden den Begriff Mikro-Haus für das feststehende Bauprojekt, den sie von ähnlichen Projekten in Österreich kennen.

Alles alleine gestemmt: Bauherr Christian Martin ist ein Mulitalent

Das selbst gebaute Haus steht auf dem Nachbargrundstück der Bauherren. Durch die Nähe muss auch weiterhin kein Pflegepersonal für Mutter Pauline in Anspruch genommen werden. "Wir sind so stolz darauf, dies alles nahezu alleine gestemmt zu haben", erklären die selbstständige Praxisinhaberin Silvia und Elektroniker Christian, den seine Ehefrau Silvia liebevoll als "Multitalent" bezeichnet.

Ein Multi-Talent: Christian Martin hat das Hausbau-Projekt eigenständig geplant und umgesetzt.
Foto: Marc Huter | Ein Multi-Talent: Christian Martin hat das Hausbau-Projekt eigenständig geplant und umgesetzt.

Über jedes technische Detail des Baus wissen die beiden zu berichten. Jede Entscheidung, die zu treffen war, hatte ihren Sinn bezüglich Nachhaltigkeit und Barrierefreiheit. Nur für wenige bestimmte Tätigkeiten wie zum Beispiel Erdarbeiten, Verputzen oder Spenglerarbeiten haben die beiden Fachfirmen hinzugezogen.

Im Sommer 2022 war das Haus errichtet

Spontan hatte Silvia Martin im Herbst 2021 die Idee, das Nachbargrundstück von der Gemeinde zurückzukaufen. Die hatte das Grundstück einst zum Zwecke eines möglichen Feuerwehrhausneubaus erworben. Ein kleines, aber feines behindertengerechtes Haus für Mama Pauline wollte Silvia Martin errichten. Ihr Mann sagte: "Können wir machen!". Schon ging es los.

Ein starkes Team: Das Ehepaar Silvia und Christian Martin haben in der St.-Kilian-Straße in Oberelsbach gemeinsam ihren Traum wahr gemacht.
Foto: Marc Huter | Ein starkes Team: Das Ehepaar Silvia und Christian Martin haben in der St.-Kilian-Straße in Oberelsbach gemeinsam ihren Traum wahr gemacht.

Die Grundstücksverhandlungen mit der Gemeinde waren erfolgreich. Christian kümmerte sich daraufhin um die komplette Planung des Projekts und erstellte selbst den Bauplan, der von einem Planungs- und Statik-Büro geprüft und zum Zwecke des Bauantrags unterzeichnet wurde.

Passen die Berechnungen? Nächtelang hat Vater Dieter Martin nicht geschlafen.

Christians Vater Dieter Martin berechnete für das Pultdach mit sieben Grad Neigung die Länge und die Schnittwinkel sämtlicher Balken, die für den Rohbau in Holzständerweise benötigt werden. Das Bauholz wurde bestellt, auf Länge geschnitten und gelagert.

So ging es los: Christian Martin (rechts) und sein Vater Dieter Martin (links) beim Zusammenstecken der Bodenplatte.
Foto: Silvia Martin | So ging es los: Christian Martin (rechts) und sein Vater Dieter Martin (links) beim Zusammenstecken der Bodenplatte.

Die Erdarbeiten starteten im Frühjahr 2022. Es folgte die Bodenplatte, die aus Einzelteilen zusammengesteckt und verklebt wurde. Als es dann um die Aufrichtung der Holzständerelemente ging, halfen neben Christians Vater Dieter auch Sohn Leon, Cousin Dirk und die Freunde Harald und Frank mit. Nächtelang habe Vater Dieter Martin nicht geschlafen in der Hoffnung, dass die Berechnungen gepasst haben, und tatsächlich: Jeder einzelne Balken hatte die richtige Länge. Im Sommer war das Haus errichtet.

Rund 3000 Stunden hat das Ehepaar im Jahr 2022 ins Mikro-Haus investiert

Jetzt folgte der Innenausbau. Ständerwände wurden gestellt, das Dach gelattet und gedeckt, Elektroleitungen verlegt, Smarthome-Technik verbaut, die Fernwärme-Heizung installiert. Bestimmt 1500 Stunden haben Silvia und Christian Martin jeweils für sich im vergangenen Jahr für ihren Traum gearbeitet, immer mit dem Ziel, der Mutter ein noch langes Leben in den eigenen vier Wänden neben dem eigenen Wohnhaus zu ermöglichen. "Die Mama freut sich schon", strahlt Silvia Martin.

Ein Kraftakt: Die Aufrichtung der Holzständerwände erfolgte mit vereinten Kräften.
Foto: Silvia Martin | Ein Kraftakt: Die Aufrichtung der Holzständerwände erfolgte mit vereinten Kräften.

Laut Wohnflächen-Berechnung, die das Landratsamt für die Genehmigungsgebühr verwendet, kostet solch ein Projekt heutzutage 290.000 Euro. Wo Silvia und Christian Martin am Ende landen, wissen sie noch nicht. Allerdings sollen durch die Eigenleistung einige zehntausend Euro gespart werden.

Ökologische Bauweise und Barrierefreiheit als Ziele

Im Sinne der Ökologie wurde bewusst Holz als klimaneutraler Baustoff verwendet. Auch eine Photovoltaikanlage ist geplant. Die Dusche ist mit einem Rollstuhl befahrbar und ein WC mit Reinigungsfunktion wurde gewählt. Das Schlafzimmer hat nur eine Schiebetür und zur Terrasse gelangt man ebenerdig. Gewisse technische Funktionen im Haus werden sprachgesteuert funktionieren. Nun stehen die Restarbeiten an.

Technische Finessen: Christian Martin, von Beruf Elektroniker, legte bei der Elektroinstallation Wert auf SmartHome-Funktionen, damit Schwiegermutter Pauline Mock vieles mit ihrer Sprache steuern kann.
Foto: Marc Huter | Technische Finessen: Christian Martin, von Beruf Elektroniker, legte bei der Elektroinstallation Wert auf SmartHome-Funktionen, damit Schwiegermutter Pauline Mock vieles mit ihrer Sprache steuern kann.

Silvia und Christian Martin sind stolz und froh, dass während des ganzen Eigenbaus keine gravierenden Fehler passiert sind. "Und es ist ein Segen, dass niemandem etwas passiert ist", so Silvia Martin.

Viele interessierte Nachfragen gab es schon zu dem Projekt. So viele, dass sich das Ehepaar dazu entschied, an vier Nachmittagen Anfang Januar eine so genannte "Open House"-Veranstaltung anzubieten, die ebenfalls auf reges Interesse stieß. "Das Interesse ist da, klein zu bauen und auch eigenständig zu bauen", berichtet Silvia Martin. Auch in den nächsten Monaten dürften Interessierte gerne vorbeikommen und sich informieren, zeigt sich das Ehepaar offen. 

 
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  • B. S.
    So mancher hat mit dem Haus Probleme, egal wie das Haus benannt wird, einfach mal nachbauen. Ich finde es gut, was Herr Martin vollbracht hat.
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  • F. W.
    unmöglich viele Kommentare hier. Nur Neid und Missgunst.

    was die geschaffen haben: Hut ab, Respekt für diese Leistung. sowas selber zu stemmen - dazu gehört schon etwas mehr Können
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  • H. S.
    Versteh euer Problem nicht, Mikrohaus, kein Mikrohaus, es geht um die Leistung die der Herr hier an den Tag gelegt hat. Vielen bauen Massiv in Eigenleistung, aber in Ständerbauweise habe ich bisher nur von den Amis gekannt. Ich finde es klasse
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  • D. K.
    Weiß nicht was die Kommentaren alle haben, kommen wohl alle aus der Stadt. In der Rhön ist das ne bessere Garage zwinkern
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  • A. K.
    Villeicht sollte sich Marc Huter mal schlau machen, was ein Miktohaus ist. Ein Gebäude mit 105 m² Wohnfläche gehört sehr wahrscheinlich nicht dazu. Eine kurze, oberflächlich Recherche im WEB ergab, dass ein Mikrohaus bei 55 m² aufhört.
    Aber so sehr wiedie Main-Post ja immer auf Quellen beharrt, hat Herr Huter sicherlich auch gut recherchiert und die MP kann eine Quelle nennen, die Mikrohäuser definiert.
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  • E. M.
    Bei allem Respekt vor der Arbeitsleistung, aber ein Haus mit über 100qm ist wahrlich kein Tiny Haus!
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  • M. Z.
    Vielleicht soll es als größtes Mikrohaus der Welt ins Guinness-Buch der Rekorde ...
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  • I. S.
    Mikrohaus? 105 qm! Aha .....
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  • P. K.
    Ich wohne seit 20 Jahren in einem Haus mit 104 m² Wohnfläche. Damals nannte man das noch Einfamilienhaus und dank guter Wärmedämmung braucht es 6500 kWh Gas im Jahr.
    Ein Fertighaus halt.
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  • D. P.
    Ich ziehe meinen Hut vor dieser Eigenleistung - aber ein 100 Quadratmeter großes Haus in Holzrahmenbauweise ist doch nichts besonderes und weder mikro noch tiny. Eher eine gute und günstigere Alternative zu den etablierten Bauweisen hierzulande.
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  • P. K.
    Wenn man es richtig macht, dann ist die Bodenplatte etwas kleiner als das Haus. So stehen die Aussenwände bzw. deren Wärmedämmung etwas über die Bodenplatte über. Wenn dann Regenwasser die Wand runter läuft kann es nie zwischen Holzrahmen und Bodenplatte eindringen.
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  • M. B.
    Eine stolze Leistung von Familie Martin. Bravo.
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  • H. S.
    105qm Wohnfläche auf einer Etage als Mikrohaus zu bezeichnen ist fast schon dekadent...wie groß ist dann erst ein richtiges Haus?
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  • A. S.
    Finde ich auch. Das Haus würde eigentlich auch für eine Familie reichen. In der Stadt kann man von einer Wohnung mit 105 qm nur träumen!
    Außerdem muss man sich heutzutage auch leisten können, die großen Flächen zu heizen…
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