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Wargolshausen
Dreschfest in Wargolshausen: Warum von alten Bulldogs und Mähdreschern eine solche Faszination ausgeht
Wenn die Ernte zum Volksfest wird: Interesse an historischen Erntemaschinen war nicht der einzige Grund, der die Rhöner und Grabfelder nach Wargolshausen lockte.
Die Vorführung an der Dreschmaschine zeigte, dass Ernte – trotz allen technischen Fortschritts– ein hartes Stück Arbeit war.
Foto: Eckhard Heise | Die Vorführung an der Dreschmaschine zeigte, dass Ernte – trotz allen technischen Fortschritts– ein hartes Stück Arbeit war.
Eckhard Heise
 |  aktualisiert: 08.02.2024 20:58 Uhr

Endlich war es so weit: Der Kommunikationshof von Wargolshausen ist bereits seit zwei Jahren in Betrieb, nun konnte er offiziell seiner Bestimmung übergeben werden. Das geschah in Form eines Dreschfests, bei dem viel vom Leben in vergangenen Zeiten zeigte.

Wie bei solchen Ereignissen üblich war das halbe Dorf in die Vorbereitungen eingebunden. Diese begannen bereits im Frühjahr mit der Aussaat des Getreides. Nachdem der historische Binder auf Vordermann gebracht worden war, erfolgte vor ein paar Tagen die Ernte mit dem betagten Gerät– stets vor dem Kameramann des Bayerischen Fernsehens begleitet. Der Sender strahlt den Beitrag voraussichtlich am Sonntag, 21. August, um 19 Uhr aus.

Ein Zentner Zwiebeln für den Plootz

In der Endphase der Vorarbeiten kamen dann vor allem die Frauen aus dem Dorf zum Zuge. Beim Dreschen wurde bekanntlich nicht nur gemeinsam gearbeitet sondern auch gemeinsam gegessen, und zwar typische ländliche Gerichte, wie etwa Tiegelkuchen mit Bohnen und Schwarzfleisch. Das wurde auch beim Dreschfest serviert. Natürlich dürfen Mehlklöß' mit Gurken nicht fehlen, Plootz in verschiedenen Varianten standen bereit – allein dafür musste ein Zentner Zwiebeln und 15 Kilogramm Petersilie verarbeitet werden.

Vollen Einsatz muss Ruthard Büttner bringen, um einen Lanz-Bulldog zum Leben zu erwecken.
Foto: Eckhard Heise | Vollen Einsatz muss Ruthard Büttner bringen, um einen Lanz-Bulldog zum Leben zu erwecken.

Am Tag vor dem Fest war dann noch einmal Großeinsatz : 50 Männer standen bereit, stellten Biertischgarnituren auf, schlossen Toilettenwagen an, brachten Getränke, verkabelten Leitungen, bauten Schirme und Stände auf. So mancher Schweißtropfen floss angesichts der Hitze. Danach rückte wieder der weibliche Teil der Einwohnerschaft an und sorgte für die Dekoration.

Rottmann: Die Vergangenheit kann auch heute helfen

Diesen Zusammenhalt hoben dann auch die Festredner am nächsten Tag beim offiziellen Teil hervor. Ansgar Büttner, unermüdlicher Motor bei vielen Aktivitäten im Dorf, vor allem bei der Errichtung des Kommunikationshofs, freute sich, dass zum ersten Mal im großen Rahmen die Einrichtung mit Leben erfüllt wird.

Moderator Jochen Gans zählte die einzelnen Bestandteile des Komplexes auf und erinnerte, dass die Arbeiten 2018 mit dem Abriss zweier nahezu baufälliger Wohnhäuser eingeleitet wurden. Es folgten die Sanierung und der Neubau einer Scheune sowie einer Verpflegungsstation und die Errichtung einer Schauhalle für die über 60 Jahre alte Dreschmaschine.

Manuela Rottmann, Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, sah in dem Dreschfest keineswegs nur eine sentimentale Rückkehr in frühere Zeiten, sondern einen Hinweis, dass die Technisierung in der Landwirtschaft auch ihre Schattenseiten hat. Die aktuellen Probleme machten deutlich, dass neue Wege eingeschlagen werden müssen und dass ein Blick auf das Gewesene dabei durchaus hilfreich sein kann.

Jürgen Eisentraut, Chef des Würzburger Amts für ländliche Entwicklung, das das Projekt mit 400.000 Euro unterstützt hatte, imponierte vor allem der Gemeinschaftssinn der Dorfbevölkerung. Nicht nur der Zusammenhalt (3500 ehrenamtlichen Arbeitsstunden) habe dazu beigetragen, das Vorhaben großzügig zu fördern. Auch zur Innenentwicklung und Beseitigung von Leerstand seien vorbildliche Lösung gefunden worden. Stellvertretender Landrat Josef Demar sprach auch von einem "Leuchtturmprojekt", das weit über den Landkreis strahle.

Altes Gerät ist für Groß und Klein interessant.
Foto: Eckhard Heise | Altes Gerät ist für Groß und Klein interessant.

Bulldog zog die Dreschmaschine

Doch die Besucher in der inzwischen bald zum Platzen gefüllten Dorfmitte wollten nicht nur Worte hören, sondern auch Taten sehen. Ein Spektakel wurden denn auch umgehend geboten, als Ruthard Büttner mit einem 84 Jahre alten Lanz-Bulldog die tonnenschwere Dreschmaschine vom Kommunikationshof 50 Meter weiter an seinen späteren Einsatzort am Dorfplatz zog. Nach einem deftigen Mittagessen konnte es dann losgehen.

Spannend wurde es, als Maschinen-Chef Alois Müller den Schalter umlegte und das Großgerät zum Leben erweckte. Langsam kamen die zahlreichen Rollen, Bänder und Zahnräder auf Touren. Der Geräuschpegel steigerte sich vom Brummen des Elektromotors zum Getöse zahlloser gleichzeitig arbeitender Aggregate. Bald waren Zuschauer und die Akteure am Gerät in Staub getaucht, als eine Garbe nach der anderen im Inneren verschwand und in ihre Bestandteile aus Stroh, Spreu und Körner zerlegt wurde.

Staatssektretärin Manuela Rottmann war Ehrengast beim Dreschfest.
Foto: Eckhard Heise | Staatssektretärin Manuela Rottmann war Ehrengast beim Dreschfest.

Heute können Mähdrescher noch viel mehr 

Die Demonstration lieferte einen Eindruck, dass trotz des Fortschritts Landwirtschaft vor 60 Jahren vor allem durch Mühsal geprägt war. Die betagten Schlepper, die vor dem Gästehaus präsentiert wurden, erzeugten ebenfalls den Eindruck, dass ihr Beitrag zur Arbeitserleichterung auch nur von begrenzter Reichweite sein konnte - vor allem im Vergleich zu einem modernen, gewaltigen Mähdrescher von über zehn Metern Schnittbreite, der wenig entfernt platziert war.

Auch wenn ein Dreschfilm aus den 80er Jahren in einem gestopft vollen Gästehaus vorgeführt wurde, und das enorme Interesse am einstigen Leben auf dem Lande unterstrich, überwog der Eindruck, dass nach langer Feierabstinenz die Gelegenheit, in ein großes Beieinander einzutauchen, nur zu gern wahrgenommen wurde. So saßen gut beschattet die Gäste noch lange auf ihren Plätzen, genossen die Musik, kaltes Bier und einen "Tropfen" vom Main.

 
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