Der trockene Sommer hat es ermöglicht, dass heuer die Getreideernte in Rekordzeit abgeschlossen werden konnte. Stoppelfelder prägen mittlerweile das Bild. Die begonnene "flache Bodenbearbeitung‘" gibt vereinzelt sogar schon einen Vorgeschmack auf das herbstliche braun der Fluren.
Moderne Mähdrescher – teilweise mit Schnittbreiten von zwölf Metern und mehr - haben dafür gesorgt, dass die Erntezeit auf ungefähr zwei Wochen begrenzt werden konnte. Verständlich, schließlich schafft so ein Super-Mähdrescher ein fünf Hektar großes Weizenfeld in etwa 60 Minuten. Das war nicht immer so. Werfen wir einmal einen Blick auf die Getreideernte von anno dazumal.
1. Am Anfang steht die Aussaat
Alles beginnt mit der Aussaat. Zumindest die Wintersaat, also unter anderem Weizen und Wintergerste, werden bereits im Herbst ausgebracht. GPS-gesteuerte Großmaschinen haben auch in diesem Bereich für revolutionäre Entwicklungen gesorgt. Vorbei die Zeit, wo der Bauer mit umgehängter Säschüssel mit routinierter Handbewegung die Körner auf dem vorbereiteten Ackerfeld ausstreute. Es war eine andere Zeit; ein anderer Taktschlag. Nicht umsonst sprach man von einem Tagwerk. Eine Bezeichnung für eine Fläche, die mit einem Ochsengespann an einem Tag gepflügt werden konnte. Arbeitsleistung: etwa ein Drittel Hektar!
2. Das Wunder der Kornvermehrung
Nach den ersten zarten grünen Halmen im Frühjahr lässt sich schon bald die Ausbildung der Ähren erkennen. Das Getreide reift. Es "sprosst" und aus dem winzigen Korn entwickelt sich ein stattlicher Halm mit drei bis vier Ähren, jeweils 30 Körner tragend. Es ist auch in der modernen, digitalisierten Welt faszinierend, diese Phasen des Wachsens und das Wunder der Natur zu beobachten; zu sehen, wie im Hochsommer das saftige Grün zu einem leuchtenden Gelb mutiert. Die Ähren sind reif.
3. Selbstbinder sorgt für große Erleichterung
Bevor Maschinen die Äcker eroberten, musste das Getreide früher mühsam mit der Sense geschnitten und zu Garben gebunden werden. Der Selbstbinder, der in den 1940er Jahre eingesetzt wurde, brachte dank des maschinellen Schneidens der Halme und dem automatischen Binden zu Garben schon eine enorme Erleichterung für die Bäuerinnen und Bauern. Denn abschließend mussten die Garben "nur" noch zum Trocknen aufgestellt werden. Dies war erforderlich, weil das Schneiden vor der endgültigen Reife erfolgte, um Körnerverlust zu verhindern.
4. Die Garben kommen in die Scheune
Für den Bauern spielt das Wetter das ganze Jahr über eine wichtige Rolle. Aber vor allem während der Erntezeit ist der Blick gen Himmel unerlässlich. Mit dem Schneiden der Halme war früher die Sorge noch längst nicht vorbei. Schließlich standen die Getreidegarben ja immer noch für ein paar Tage auf dem Acker, bevor die Einfahrt in die schützende Scheune erfolgen konnte. Es konnte sogar vorkommen, dass Gewitter und Regen das Umsetzen der Getreidebüschel noch einmal erforderlich machten.
5. Kraftakt für die ganze Familie
Die Getreideernte in früherer Zeit war äußerst arbeitsintensiv. Wenngleich erste technische Geräte zur Verfügung standen, war ein hohes Maß an Handarbeit angesagt. Deshalb war die Mithilfe der ganzen Familie erforderlich.
Auch die Kinder wurden nicht verschont. Während im fortgeschrittenen Alter schon beim Aufstellen der Garben mitgeholfen werden musste, hatten die Kleinsten mit dem Aufsammeln von Ähren ihren Beitrag zu leisten.
6. Dreschmaschine erledigte den Rest
Während heute ein Mähdrescher in einem Arbeitsgang das Getreide schneidet, die Körner von der Spreu trennt und das Stroh zu Büscheln bindet, schloss sich früher nach der "Schnitternte" noch das eigentliche Dreschen in den Scheunen an.
Es war eine kleine technische Revolution, als die Dreschmaschine den Dreschflegel ablöste. Denn jetzt trieb ein einzelner Motor alle Walzen, Schüttelsiebe, und die Strohpresse dieses hölzernen Kolosses an. Es mussten "nur" noch die 75 bis 100 Kilogramm schweren Körnersäcke auf den Dachboden getragen werden. Von Romanik keine Spur. Brutaler Staub und harte Handarbeit prägten trotz allem Fortschritt noch die Arbeit bei der Getreideernte.
Erlebbar wird diese Zeit am kommenden Sonntag in Wargolshausen. Im Rahmen des Dreschfestes wird die Dreschmaschine aus dem Jahre 1957 an eine längst vergangene Ära erinnern.