Hopfen, (Gersten-)Malz, Hefe und Wasser – aus diesen Zutaten wird Bier gebraut. Im Biergesetz ist dies sogar lebensmittelrechtlich vorgeschrieben. Umgangssprachlich ist dieses Gesetz den meisten als sogenanntes "Reinheitsgebot" bekannt.
Seinen Ursprung hat das Gebot im 16. Jahrhundert. Um genau zu sein, am 23. April 1516. Es soll gewährleisten, dass Bier ein reines Naturprodukt bleibt und die Tradition des althergebrachten Brauens bewahrt wird.
Das Reinheitsgebot hat einen Haken
Einen Haken hat die Sache. Es schränkt die Kreativität von Brauerinnen und Brauern ein. Denn: Wer mit weiteren Zutaten brauen möchte, muss aufwendig eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Ändern will das der Bundesverband Deutscher Kreativbrauer, der sich am vergangenen Sonntag zum gemeinsamen Brauen in Unterweißenbrunn getroffen haben. Was sind ihre Ziele und welche Biersorte haben sie dort gebraut?
Bierbrauen nach altem Rezept
"Kreativsud 2024" – so lautete der Titel der Zusammenkunft. Eingefunden dafür hatten sich knapp 10 Vereinsmitglieder aus ganz Deutschland. Unter anderem aus Hannover, Zwickau und Bamberg. Der Grund für ihr Treffen im historischen Dorfbrauhaus in Unterweißenbrunn war die Wiederbelebung einer längst vergessenen Biersorte, dem sogenannten Grutbier. Seinen Ursprung hat das Grutbier im Mittelalter.
Dem Reinheitsgebot entspricht diese Biersorte jedoch nicht. Und zwar aus einem Grund: "In Süddeutschland wächst Hopfen gut, deshalb gab es dort relativ früh Hopfenbiere. Man hat den Hopfen zum Würzen von Bier und zum anderen auch zum Haltbarmachen genutzt. In Mittel- und Norddeutschland war Hopfen damals knapp. Deshalb hat man dort auch andere Pflanzen genutzt, wie zum Beispiel Kräuter. Zu Grutbieren könnte man heute Kräuterbiere sagen", erklärt Norbert Krines, der Geschäftsführer des Vereins.
Ein Bier mit mehr als vier Zutaten
Er selbst ist aktiver Hobbybrauer und hat schon zwei Bücher über Bier geschrieben. Durch die Versteifung auf die vier Grundzutaten sei die große und breite Vielfalt, die die deutsche Biertradition mal ausgemacht hatte, in Vergessenheit geraten. Kräuterbiere, Gewürzbiere, Biere mit Früchten und viele mehr sind deshalb heute nicht mehr bekannt.
Bei der Auswahl der Zutaten setzt der Verein auf natürliche Rohstoffe. In ihr Grutbier kommen neben Hopfen auch verschiedene Kräuter wie wilder Rosmarin, Anis, Kümmel, Wacholderbeeren, Schafgarbe, Salbei und Koriander.
"Wenn wir abseits vom Reinheitsgebot brauen, legen wir Wert darauf, dass wir nur mit natürlichen Zutaten brauen. Das heißt, wenn da was nach Vanille schmeckt, dann weil Vanille drin ist. Konzentrate und künstliche Hilfsstoffe lehnen wir komplett ab", so Krines.
Bierbrauen auf einer alten Anlage ist Gefühlssache
Doch bevor überhaupt mit dem Brauen begonnen werden konnte, mussten im historischen Brauhaus einige Vorbereitungen getroffen werden. "Die alte Anlage musste geputzt, die Rostpartikel aus der Sudpfanne, in der eingemaischt wird, entfernt und der Holzofen ordentlich vorgeheizt werden", so Tino Viernickel, der aktuelle Pächter des Dorfbrauhauses.
Anders als bei modernen Brauanlagen, die mit zahlreichen technischen Systemen ausgestattet sind, müssen sich die Brauerinnen und Brauer hier auf ihr Gefühl verlassen. Besonders, weil auf der alten Anlage noch über offenem Feuer gebraut wird. "Man tastet sich ran. Schaut, was geht und was nicht geht. Man drückt nicht einfach nur drei, vier Knöpfe, sondern das ist tatsächlich noch echtes Handwerk", so Krines.
Vergärung und Reifung in den eigenen Kellern
Wie viel Bier am Ende des Brauprozesses übrig bleibt, ist schwer abzuschätzen: "Geplant sind so Pi mal Daumen 13 Hektoliter. Wobei, mit so einer Anlage ist es natürlich nochmal besonders. Hinterher wird sich zeigen, wie viel tatsächlich herauskommt", so der Geschäftsführer des Vereins. Bis zum ersten Schluck der Eigenkreation braucht es aber noch etwas Geduld. Denn im Brauhaus wird lediglich die Bierwürze hergestellt. "
Vergärung und Reifung geschahen früher im jeweiligen Keller des Kommun-Brauers, der das fertige Bier dann in seiner Gaststube oder Buschenschänke anbot. "In Sinne dieser Tradition nehmen auch unsere Kreativbrauer die Würze zum Vergären und Lagern mit in ihre jeweilige Brauerei", erklärt Krines.
Auch im nächsten Jahr wird sich der Verein wieder treffen. Wo und welche Biersorte sie brauen werden, ist allerdings noch nicht klar. Eines ist aber sicher. Getreu ihres Mottos "Natürlich geht mehr" wird es mehr als die traditionellen Zutaten enthalten.
Nach der als Reinheitsgebot bezeichneten Passage der bayerischen Landesordnung von 1516 ist Wasser, Gerste und Wasser erlaubt. Keine Rede von vermälztem Getreide und auch nicht von Weizen. Das hat sich im Laufe der Jahrhunderte gewandelt, sodass heute auch ein Weizenbier dem RHG entspricht. Gleichzeitig sind nach dem Gebot heute u.a. die Verwendung von Hopfenextrakten oder Polyvinylpyrrolidon zum Filtern erlaubt. Lecker.
Das RHG dient vor allem einer Sache, die wir in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland gut beobachten konnten: Einer Vereinheitlichung. Bier muss immer gleich schmecken und gut ausschauen.
Das einzig positive, was ich dem (R)Einheitsgebot abgewinnen kann, ist, dass dazu beiträgt, den heimischen Markt zu schützen. Leider behindert es Vielfalt.
Um noch genauer zu sein: Das Reinheitsgebot hat seine Ursprünge weit vor dem 16. Jahrhundert. Und zwar nicht in Bayern, sondern in Augsburg, Bamberg, Nürnberg, u.a., weit bevor diese Orte okkupiert wurden...
Es gibt in diesem Bereich extrem viele sehr gute Biere!
RHG ja, aber auch für Brauspezialitäten abseits davon, sollte der Begriff Bier verwendet werden dürfen. Es ist nunmal auch eines.
NICHT nach RHG als Hinweis wäre völlig ausreichend. Die Entscheidung über den Kauf liegt dann alleine beim Kunden.
Deshalb gab es seit Hammurapi von Babylon diverse Reinheitsgebote und das ist gut so und soll so bleiben.