
Cannabis anbauen, mitführen und rauchen, ohne gegen Gesetze zu verstoßen: Früher hätte Bettina M. (Name geändert) aus Rhön-Grabfeld diese Aussicht sehr glücklich gemacht. Heute lösen die Legalisierungspläne der Bundesregierung keine Glücksgefühle mehr bei der inzwischen cleanen Mittvierzigerin aus, sondern Angst. Davor, dass Cannabis bald viel leichter verfügbar sein wird. Davor, dass sie wieder in die falschen Kreise gerät. Und vor allem davor, dass sie wieder rückfällig werden könnte.
"Vor zwei Jahren hätte ich mich noch tierisch gefreut. Da war ich absolute Befürworterin der Cannabis-Legalisierung", erzählt Bettina M. im Gespräch mit der Redaktion. Heute denkt sie anders darüber. "Die Hürde, wieder zu kiffen, wenn es mir schlecht geht, würde sinken. Eine Legalisierung ist definitiv eine Gefahr für mich und andere. Ich kenne Konsumenten, die lassen sich schon vormerken in Läden, die Cannabis verkaufen wollen, sobald sie dürfen", gibt Bettina M. zu bedenken.
Andererseits findet sie eine Gleichstellung zum Alkohol richtig, um die Kriminalität einzudämmen und den Konsum besser kontrollieren zu können.
Die erste Droge von Bettina M. war aber nicht Cannabis
Bei Bettina M. beginnt der Weg in die Abhängigkeit früh. "Meine erste Sucht war der Zucker, das ging in der Kindheit schon los. Als Jugendliche fing ich in der Clique an, Cannabis zu rauchen. Ich bin Scheidungskind und suchte wohl nach irgendetwas, was mir gefehlt hat. Diesen Halt fand ich in der Clique. Dass ich ein Hippie war, war wohl das Tüpfelchen auf dem I", erinnert sie sich, schränkt aber ein: "Ich möchte es nicht darauf schieben, letztlich kam die Entscheidung von mir selbst."
Seit ihrer Jugend konsumierte sie regelmäßig Drogen, hauptsächlich Cannabis. Immer wieder mit Pausen von vier oder fünf Jahren dazwischen. In diesen Zeiten verlagert sich ihre Sucht auf übermäßiges Essen, dann kifft sie wieder – ein ewiges "Hin und Her", so Bettina M.
"Wenn Cannabis damals legal und einfacher verfügbar gewesen wäre, könnte ich mir vorstellen, dass meine Sucht noch extremer verlaufen wäre", vermutet die Mittvierzigerin.
Ehemalige Drogenkonsumentin Bettina M.: 25 Gramm sind eine echte Hausnummer
Je mehr Cannabis sie hatte, umso mehr davon habe sie geraucht, sagt M. Deshalb hadert sie auch mit der geplanten Art der Legalisierung. "Die gefällt mir nicht so wirklich. Vor allem die 25 Gramm Eigenbedarf. Das ist verdammt viel. Mit so einer Menge herumzulaufen ist echt eine Hausnummer", so die Rhön-Grabfelderin.
Auch die drei Pflanzen pro Person, die dann erlaubt sein könnten, findet sie zu viel. Jede Pflanze könne, mit der richtigen Technik und dem passenden Equipment hochgezogen, bis zu 30 Gramm Stoff abwerfen, schätzt sie.

Obwohl Bettina M. fast 30 Jahre lang regelmäßig Cannabis raucht: Dass sie abhängig sein könnte, kommt ihr nie in den Sinn. "Ich war ja keine, die ihr Leben nicht auf die Reihe kriegt. Bei mir funktionierte alles, ich hatte gute Jobs und führte ein normales Leben", erinnert sie sich. Dieses normale Leben bricht erst zusammen, als nach 13 gemeinsamen Jahren ihr Hund eingeschläfert werden muss.
Der Tod des Hundes war ein Schlüsselmoment
"Dadurch war meine Struktur komplett weg, außerdem war ich im Job unglücklich, rutschte in eine Depression. Wieder ein Problem, das ich wegkriegen wollte. Also habe ich schon morgens angefangen zu kiffen", denkt Bettina M. zurück.
Bis sie irgendwann erkennt: So geht es nicht weiter. Sie entscheidet, in einer psychosomatischen Reha ihre Depression behandeln zu lassen. Zuvor sucht sie Rat bei einer Freundin, die mit Suchtkranken arbeitet.
"Sie meinte zu mir: 'Ja, das ist super. Mach die Reha. Aber die schmeißen dich hochkant raus, wenn sie von deiner Sucht erfahren'. Ich bin aus allen Wolken gefallen", sagt M. "Ich dachte: 'Wie, Sucht und Entgiftung? Süchtige waren für mich nur die Alkoholiker oder die, die ständig an der Spritze hängen." Doch schließlich gesteht sie sich ihre Krankheit doch ein, geht in eine Entgiftung und danach in Langzeittherapie.
Rhön-Grabfelderin befürwortet Aufklärung statt Strafen
Und schafft es im Frühjahr 2022, von den Drogen loszukommen. Suchtkrank bleibe man aber ein Leben lang, auch wenn man nicht mehr konsumiere. Noch heute lässt M. sich therapeutisch helfen und tauscht sich in einer Selbsthilfegruppe mit anderen Betroffenen aus. "Ich habe gelernt zu erkennen, wann ein Rückfall in die Drogen oder das übermäßige Essen droht. Dann kann ich rechtzeitig gegensteuern, mich mit anderen Dingen ablenken", beschreibt Bettina M.
Ihr ist es ein Anliegen, Jugendliche vor Drogen zu warnen. Deshalb befürwortet sie die Idee der Regierung, jungen Drogenkonsumenten nicht Strafen, sondern Prävention zu verordnen. "Aufklärung ist das Wichtigste. Wir wissen alle: Als junger Mensch lässt man sich nichts verbieten. Aber wenn jemand einen Draht zu den jungen Leuten hat und ihnen seine Geschichte nachvollziehbar und nahbar erzählt, kann das viel bewirken. Mir hätte das früher mehr geholfen als jede Strafe", sagt Bettina M.
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wenn Spitzenpolitiker/innen,
besonders in Bayern,
unentwegt verharmlosenderweise
den Bierkrug in die Kamera halten !?
Allerdings hat die Dame,
die hier aus ihrem Leben plaudert,
durchaus richtig erkannt,
daß Strafen sinnlos sind
und stattdessen dringend
Aufklärung und Information
betrieben werden sollte.
Allerdings neutral und wertungsfrei;
Alkohol, Zucker und Tabak gut,
Hanf, Mohn und Coca böse
und Pharmaprodukte nur dann gut,
wenn medizinisch verordnet,
sowas glauben mittlerweile doch nur noch Menschen mit eingeschränkter Denkweise.
Präventiv bewirken solche gestrigen Einteilungen konkret garnichts.
Aber Cannabis an sich ist nicht das Problem.
Doch wurde in den letzten 10 bis 15 Jahren der THC-Gehalt durch spezielle Züchtungen extrem erhöht. Außerdem ist in den letzten 10 Jahren zu beobachten dass da synthetische Stoffe beigemischt werden, die teils lebensbedrohlich Zustände auslösen können, weil da eben keine Botaniker/Chemiker am Werk sind, sondern eher Laien, bzw. sogar Kriminelle, die dadurch erreichen wollen, dass das Zeug richtig knallt. Verschätzen die sich da um ein paar Milligramm, so war's das für den Konsumenten möglicherweise!
Cannabis aus der Flower-Powerzeit hat mit dem heute angebotenen Cannabis nichts mehr gemeinsam.
Und ich habe im Laufe meines Lebens erlebt, wie sich Menschen verändern, wenn sie massiv Cannabis konsumieren. (Unter massiv verstehe ich nur eine Tüte zum Feierabend!)
Doch die Ursache dafür sehe ich in dem immer stärker gestiegenen THC-Gehalt...
Scheint doch nicht ganz so harmlos zu sein, wie es manche hier darstellten.
Ich habe lange in der aktiven Suchthilfe begleitend gearbeitet und kann in etwa abschätzen, was Süchtige mitmachen.