zurück
Bad Neustadt
Bundestagswahl 2025: Wie das "Fusionskraftwerk" Markus Söder die CSU-Basis in der Rhön elektrisiert
850 Gäste in der Stadthalle Bad Neustadt beim CSU-Bezirks-Empfang. Der Ministerpräsident warnt vor dem Systemgegner AfD und wird beim Thema Migration sogar leise.
Die Ampel? Igitt! Mit noch reichlich Energie für den Wahlkampf-Endspurt warb am Mittwochabend CSU-Ministerpräsident Markus Söder für eine konservative Wende in Berlin. In der Stadthalle von Bad Neustadt lauschten ihm gut 850 Interessierte beim CSU-Bezirksempfang.
Foto: Silvia Gralla | Die Ampel? Igitt! Mit noch reichlich Energie für den Wahlkampf-Endspurt warb am Mittwochabend CSU-Ministerpräsident Markus Söder für eine konservative Wende in Berlin.
Gerhard Fischer
 |  aktualisiert: 18.02.2025 02:37 Uhr

Wenn irgendwo im Freistaat der Bayerische Defiliermarsch gespielt wird, ist auch der Ministerpräsident nicht weit. Wo genau er an diesem Mittwochabend gerade in der Bad Neustädter Stadthalle an den ihm Huldigenden vorbeizieht, das zeigen die Dutzenden hochgesteckten Handys an, die sich wie ein Spot auf Markus Söder richten.

Die Hohenröther Blasmusik unter Michael Baumgart spielt mit dem Extra-Quäntchen Schmackes. Die über 850 Gäste des Abends bereiten dem Landesvater, vor allem aber dem CSU-Wahlkämpfer Markus Söder, einen jubelnden Empfang. Vor der Halle hängt träger Abendnebel. Drinnen aber wittern sie alle Morgenluft: Nach dem Scheitern der Ampel ist der Politikwechsel zum Greifen nah für die Konservativen.

Unterfranken ist eine Macht bei der CSU

Ein Machtfaktor soll sie wieder werden, die CSU in Berlin, wenn es zu einer neuen Regierung unter schwarzer Führung kommt. Einen gehörigen Anteil soll Unterfranken dazu beitragen. Dort fuhren die Christsozialen in den letzten Jahren die besten Ergebnisse im Freistaat ein.

Ein Selfie mit Söder: Die Besucherinnen und Besucher des CSU-Bezirksempfangs hatten ihren Spaß mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten.
Foto: Silvia Gralla | Ein Selfie mit Söder: Die Besucherinnen und Besucher des CSU-Bezirksempfangs hatten ihren Spaß mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten.

Entsprechend kraftstrotzend steht der CSU-Bezirksvorsitzende Steffen Vogel zur Begrüßung auf der Bühne. Auf seinen Online-Kanälen nennt er sich selbst den "Basismotivator". Den Einheizer kann er tatsächlich gut. Sein Team Unterfranken könne sich sehen lassen. Dorothee Bär aus Ebelsbach als Stimme des ländlichen Raums, Andrea Lindholz aus Goldbach bei Aschaffenburg als stellvertretende Fraktionsvorsitzende für Inneres und dazu Alexander Hoffmann als Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU im Bundestag: Unterfranken sitze an wichtigen Schalthebeln im Bundestag. Im neuen Bundestag mit Hülya Düber aus Würzburg werden dann von den fünf CSU-Abgeordneten vier Frauen sein.

Was wird aus dem Wohlstandsversprechen der Elterngeneration?

"Wir wollen Macht ausüben", sagt Vogel. Auch seinem Sohn gegenüber will er das Wohlstandsversprechen seiner Eltern weitergeben können: "Ihr sollt es einmal besser haben als wir." Eine schwierige Zusage angesichts der wirtschaftlichen Hiobsbotschaften in Unterfranken von ZF Sachs in Schweinfurt bis Preh und Valeo im Norden des Bezirks. Der Isolationismus der AfD mit EU-Austritt und Euro-Abschaffung wäre fatal. "AfD bedeutet Armut für Deutschland", kracht es aus den Lautsprechern. Das Publikum klatscht.

Fotoserie

Auch von Dorothee Bär kommt kein leises Zeichen von Unsicherheit. Olaf Scholz attestiert sie eine unwürdige letzte Rede in der Generaldebatte des Bundestags, nach Bad Neustadt bringt sie die brandneue "Hofnarr"-Geschichte aus Berlin mit. Die woke Rassismus-Keule soll jetzt Olaf Scholz treffen. 258 Stunden und ein paar Zerquetschte zählt die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär bis zum Wahlsonntag. Jeden Tag wolle die CSU im Wahlkampf noch einen drauflegen. "Nach dem 23. Februar darf Olaf Scholz kein Kanzler mehr sein", ruft sie aus.

90 Minuten Wahlkampf-Rede

Das Rednerpult, das für Steffen Vogel noch zu hoch war, hat jetzt Markus Söder im festen Griff. Eineinhalb Stunden lang. Aus dem Reden-Bausatzkasten kommen die Streicheleinheiten für die fränkische Seele. Sie muss großartig sein, aber auch etwas vergesslich, weil man Söders Lob des (Unter-)Fränkischen in Abgrenzung zur weltfremden Berliner Blase in Abwandlungen stets als Ouvertüre hört. Selbstbewusst macht sie auf jeden Fall.

Das Team CSU Unterfranken scharte sich gerne um Parteichef Markus Söder. Auch (von links) Dorothee Bär, Bezirks-Vorsitzender und MdL Steffen Vogel, MdB Andrea Lindholz , MdB Alexander Hoffmann und der CSU-Kreisvorsitzende Christof Herbert (rechts) zählten sich dazu.
Foto: Silvia Gralla | Das Team CSU Unterfranken scharte sich gerne um Parteichef Markus Söder. Auch (von links) Dorothee Bär, Bezirks-Vorsitzender und MdL Steffen Vogel, MdB Andrea Lindholz , MdB Alexander Hoffmann und der ...

Das Allegro ist stürmisch. "Ich hätte nicht gedacht, dass Deutschland einmal so in Unordnung sein könnte", malt er in Grau die Bilanz der Ampel-Regierung. Der wirtschaftliche Druck von Außen verlange nicht nur nach einem Personalwechsel in den politischen Ämtern, sondern einen grundlegenden Richtungswechsel.

Söder, dem seine politischen Gegner gerne Populismus vorwerfen, sieht sich selbst als Kämpfer gegen diesen. "Wenn wir Demokraten nicht aus der Mitte heraus die Probleme dieses Landes lösen, dann werden das einmal die Populisten tun", warnt der Ministerpräsident und sieht nicht nur in Österreich eine gefährliche Entwicklung.

Für Söder ist die AfD ein Systemgegner

Gegen die AfD grenzt sich Söder ab. Sie seien Systemgegner, über deren Erstarken sich nur Putin freue. "Denen dürfen wir das Land nicht überlassen", schmettert Söder ins Mikrofon. "Unsere Partei hat nicht Jahrzehnte für die Freiheit gekämpft, um sie zu verlieren." Viele AfD-Wähler seien nicht rechtsradikal, aber eben stark verunsichert. "Wir müssen die Stimme der Besorgten sein", meint Söder.

Viel Raum nimmt die wirtschaftliche Lage ein. Dass auch der Ukraine-Krieg die Lage verschlechtert habe, räumt Söder ein. "Aber die Länder um uns herum kommen damit besser zurecht", sagt der CSU-Chef. Weitere Wahlkampf-Sätze folgen. Der ländliche Raum brauche neben dem ÖPNV das Auto, das Heizungsgesetz ist als ideologisches Experiment das ungeeignete Instrument gewesen und Robert Habeck sowieso der schlechteste Wirtschaftsminister aller Zeiten. Der Wirtschaft helfen Steuererleichterungen und Bürokratieabbau, außerdem sei die Erbschaftssteuer eine Last für den Mittelstand, der auf der Generationenfolge fuße.

Aschaffenburg und die Handlungsbereitschaft der Politik

Das Adagio dieser Rede rückte weit nach hinten. Söders Stimme wird betont leise, als er auf das Attentat von Aschaffenburg zu sprechen kommt und die schwierige Aufgabe, Anteilnahme zu zeigen, aber dabei Handlungswillen nicht zu vergessen. Aus dem Pianissimo wird dann schnell ein Forte. Es müsse ein Umdenken in der Migrationspolitik kommen. "Aus dem 'Ja, wir schaffen das muss ein 'Ja, wir ändern es' folgen", so Söder. Ob Grenzkontrollen oder Abschiebungen von Straftätern: Friedrich Merz'5-Punkte-Plan unterschreibt auch Söder.

Zum Rede-Finale kommen noch die Kritik am Bürgergeld, an Gender-Lehrstühlen und dem Selbstbestimmungsgesetz hinzu, gegen das er die bayerische Dualität von Werten und Weltoffenheit stellt.

Eineinhalb Stunden einer fulminanten Wahlkampfrede sind vorbei. Söder hat sie so kurzweilig gestaltet wie eine Reise zum Mond, seinen großen Traum. Es folgen langanhaltender Applaus nebst inbrünstiger Bayernhymne mit Deutschlandlied aus gut 850 CSU-nahen Kehlen. Dann entschwindet das energiegeladene "Fusionskraftwerk" Söder, wie ihn Vogel nannte, zurück gen Landeshauptstadt.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Neustadt
Bad Kissingen
Haßfurt
Gerhard Fischer
Alexander Hoffmann
Alternative für Deutschland
Andrea Lindholz
Bundestagsabgeordnete
Bundestagswahl
CSU
CSU-Vorsitzende
Deutscher Bundestag
Dorothee Bär
Markus Söder
Ministerpräsidenten
Preh
Robert Habeck
Steffen Vogel
Unterfranken
Valeo GmbH
Wahlen zum Deutschen Bundestag
Wladimir Wladimirowitsch Putin
ZF Sachs
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Stefan Fuchs
    Anbei nehme ich an, dass die Mehrzahl der BesucherInnen dieser informativen Veranstaltung nicht mit dem ÖPNV angereist ist sondern mit ihrem Dienstwagen , oder dem hochsubventionierten Traktor.
    Sonst hätten sie diesen heruntergekommenen, versifften Bahnhof durchqueren müssen.

    CSU- Näher am Menschen
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Stefan Fuchs
    Mia alles Wurscht.
    Hauptsach von den Schaumschlägern kommt keiner ins Verkehrsministerium.

    Stefan Fuchs,
    seit 30 Jahren Pendler und DB Stammkunde
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Johannes Metzger
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Norbert Neiber
    Na, da hat sich aber die Wortschöpfungsakademie aus München für Markus Söder wieder sehr angestrengt „Fusionskraftwerk“ und ich hatte keine Vorstellung was damit gemeint sein könnte, aber Herr Söder kam mir nicht in den Sinn. Nun wird von einem grundlegenden Politikwechsel gesprochen, und was ist hat man dabei im Sinn ? Besteht die Absicht, so wie ihn der CDU-Generalsekretär bereits bei der Vorstellung des neuen CDU Parteiprogramms ausführte eine Rückkehr in die „goldenen“ Zeiten der Adenauer Jahre, wo noch Zucht und Ordnung herrschte. Zukunftsweisenden Aussagen? „Wir wollen Macht ausüben“ sagte Herr Vogel und ich denke, das es für die CSU wichtig ist, wieder die Untersuchungsausschüsse zu übernehmen – Hinweis auf die Maut (Scheuer) Ergebnis ? War es im Bundesrat nicht auch Ziel, den eigenen Machtanspruch zu unterstreichen und zu nutzen. „Besonnene“ Funktionsträger wurden alle ausgemustert und dafür ausgebildete „Generalsekretäre“ eingesetzt die permanent die Unfehlbarkeit betonen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Martin Deeg
    Eine um sich selbst kreisende Regression.

    ...."Wenn wir Demokraten nicht aus der Mitte heraus die Probleme dieses Landes lösen, dann werden das einmal die Populisten tun"....

    Söder identifiziert sich selbst schon so sehr als Populist, dass er ernsthaft glaubt, die würden "Probleme lösen"....?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten