Traktor, Hänger - Traktor, Hänger - diese Reihe ließe sich in den vergangenen Tagen unendlich fortsetzen an der Biogasanlage in Bad Königshofen. Letztendlich wird aus dem angelieferten Mais Wärme. Und diese Bio-Wärme findet immer mehr Abnehmer. So auch in und um Bad Königshofen.
In Bad Königshofen kommen noch 15 Wärme-Abnehmer hinzu
Aktuell bedient die Biogasanlage in Bad Königshofen über 40 Wärmeabnehmer. "Und es kommen noch 15 hinzu", erklärt Michael Gottwald, Geschäftsführer der Rhön-Grabfeld-Wärme GmbH, "vorwiegend aus der Altstadt und dem Randgebiet von Bad Königshofen. Das Interesse ist groß, weil aufgrund der hohen Preise für Öl, Gas und Kohle jetzt doch erneuerbare Energien in den Fokus rücken." 2006 war die Anlage in Bad Königshofen entstanden, landkreisweit gleichsam ein Vorreiter. Sie erzeugt bis zu 98 Prozent erneuerbare Energie als Strom und Wärme. Kontinuierlich seien Blockheizkraftwerke (BHKW) ausgebaut worden. So könne mehr Wärme abgegeben werden, als zunächst prognostiziert worden war, erklärte Gottwalt.
"Als 2017 das Bad Königshöfer Rathaus angeschlossen wurde, kam es zum Durchbruch", erinnert sich der Großbardorfer Matthias Klöffel. Danach seien viele private und geschäftliche Kunden dazugekommen. Rückblickend erinnert er an das Jahr 2006, als 36 Landwirte in Bad Königshofen die Biogasanlage initiierten. Damals begann alles mit 600 Kilowatt (kW) Strom- und ebenso hoher Wärmeleistung mit einem Blockheizkraftwerk. 2011 kam die zweite Anlage mit nochmals 600 kW dazu, ebenso ein zweites BHKW. 2014 wurde für die erste Anlage nochmals ein BHKW mit 900 kW angeschlossen. 2018 wurde das vierte BHKW angeschlossen. "Die Leistung in der ersten Anlage liegt bei 900 kW und die in der zweiten Anlage bei 600 kW. Beide dürfen gleichzeitig betrieben werden." Aus allen Anlagen könnten insgesamt 3000 kW gewonnen werden. Das ergebe 98 Prozent Wärme aus der Biogasanlage.
Biogas wird zu Strom und zu Wärme
Die Anlage werde, so Gottwalt, "wärmegeführt gefahren". Das bedeutet, dass man entscheiden kann, wann Wärme benötigt wird. Ab Mitte Oktober leisten beide Anlagen 1500 Kilowattstunden. Wenn im Frühjahr weniger Heizkraft genutzt werde, werde diese Leistung entsprechend verringert. Das sei im Betrieb der Bockheizkraftwerke möglich, die Anlage also flexibel einsetzbar. Demnach benötige die Anlage nicht mehr Mais oder andere Grünpflanzen sowie weitere Einsatzstoffe, um effizient betrieben zu werden, sagt Landwirt Klöffel.
Dennoch sei in diesem Jahr mehr Material durch die Landwirte angeliefert worden. Klöffel verweist auf die "Jahrhunderternte". Im Durchschnitt der letzten Jahre seien 40 Tonnen Mais je Hektar geerntet worden. Heuer habe der Mais die Niederschläge optimal genutzt, sodass eine Erntemenge von 58 Tonnen je Hektar eingefahren wurde. Zum Stamm der 36 Landwirte kommen weitere Externe mit Lieferverträgen.
Wärme-Nahversorgung: Wartung und Schornsteinfegerkosten entfallen
Matthias Klöffel und Michael Gottwald verweisen darauf, dass die Hausanschlüsse in Innenstadtnähe fast kostenfrei verlegt werden. Im Haus selbst entfielen nicht nur die Heizungsanlagen, sondern auch die damit verbundenen Wartungs-, Instandhaltungs- und Schornsteinfegerkosten. "Wir liefern ja fertige Wärme." Gottwald sieht auch die Entwicklung in Bad Königshofen. Wie in Bad Neustadt entstehen immer mehr neue Wohneinheiten stadtnah, oft dort, wo einst Geschäfte waren. Gerade die Neubauten profitierten durch die Erfüllung heutiger Auflagen des Gebäude-Energiegesetzes (GEG) und werden entsprechend gut gefördert. Matthias Klöffel geht auch auf die Erzeugung von Strom in der Biogasanlage ein. Dieser werde über die Börse in Leipzig vermarktet. "Strom-Erzeugung ist ebenfalls ein wichtiges Thema für die Zukunft, denn Biogas kann, im Vergleich zu Windrädern und Photovoltaikanlagen, geregelt werden."
Landwirt Klöffel schlägt zudem den Bogen vom aktuellen Düngermangel mit den damit verbundenen hohen Kosten zur Biogasanlage. "Der Mais, der die Anlage betreibt, wird als Zersetzungsrest zum Dünger, den kann man im kommenden Jahr verwenden." Abschließend verweisen Klöffel und Gottwald auf die Sicherheit bei der Versorgung. "Wir können aus Biogaswärme, Holzhackschnitzel und letztlich ganz wenig Öl auch eine Notabsicherung garantieren." Laut Gottwald Gottwald könne die Biogasanlage nicht ganz Bad Königshofen, wohl aber die Innenstadt gezielt verdichtet sowie die nahe Peripherie versorgen.
Landkreis Rhön-Grabfeld gilt als Vorreiter der "Erneuerbaren"
In diesem Zusammenhang blicken beide auch auf den aktuellen Klimawandel. Im Landkreis Rhön-Grabfeld sei man seit Jahren Vorreiter in Sachen erneuerbare Energie. In Unsleben, Mellrichstadt, Großbardorf und Ostheim sind solche Anlagen entstanden - in derselben Größenordnung wie Bad Königshofen. In Unsleben ging es zunächst um die Versorgung der ortsansässigen Gärtnerei und um 35 Abnehmer, die zuvor über eine Holzhackschnitzelanlage am gemeindlichen Wärmenetz angeschlossen waren. In Unsleben wird außerdem Biomethan erzeugt, das in das Gasnetz eingespeist wird und an das Ziegelwerk in Unsleben sowie an die umliegenden Ortschaften und weiter in das übergeordnete Netz fließt. In Mellrichstadt profitieren Mälzerei und das Schwimmbad von der Energie.
Also ist der Verbrauch niedriger als ein 50 ps Oldtimer mit 4-tonnen-Wagen.