
Beim halb abgerissenen Haus in der Rhönstraße Bad Neustadt "ist der Wurm drin". Davon ist eine Passantin überzeugt, die einem aufsehenerregenden Zwischenfall am Mittwochnachmittag als Augenzeugin beiwohnte: Gegen 16.30 Uhr geriet der Abrissbagger auf besagtem Grundstück in der Gartenstadt in Schieflage und sackte mit der rechten Kette in einen Kellerraum ein. "Der ist langsam weggekippt", so eine weitere Anwohnerin: "Ich war total erschrocken!"

"Spektakulär" und "kurios" nennt Michael Jäger von der Polizei Bad Neustadt im Nachgang den Vorfall. Als Betriebsunfall habe die Polizei das Geschehen aber nicht eingestuft. Denn es sei "Gott sei Dank ohne Verletzte" ausgegangen. Auch Sachschaden habe es keinen gegeben.
Warum das Haus in der Rhönstraße monatelang ohne Fassade dastand
Es ist nicht die erste Komplikation rund um den Hausabriss in Bad Neustadts Rhönstraße: "Schandfleck der Gartenstadt" nennen einige Bad Neustädter hinter vorgehaltener Hand das halbe Haus inzwischen. Monatelang stand es ohne Fassade teilabgerissen da, nachdem die ursprünglich beauftragte Fachfirma ihre Arbeiten quasi von heute auf morgen eingestellt hatte.
Diesen Montag nun ging es nach Monaten des Stillstands endlich weiter: Der Mit-Eigentümer des Hauses, Gunnar Gröschel, hatte mit der Firma Grimm aus Hanau ein Folge-Unternehmen mit den Abrissarbeiten betraut.
Was Anwohnerin Martina Wastl an den Abrissarbeiten stört
"Wir sind echt froh, wenn diese Ära vorbei ist", war Anwohnerin Martina Wastl anfangs optimistisch, dass das Haus im zweiten Anlauf ohne größere Störungen beseitigt werden kann. Doch Mittwochmittag seien ihr Zweifel gekommen: Die Staubentwicklung, beschreibt die direkte Nachbarin, sei enorm gewesen. Nur wenige Meter neben der Baustelle zieht Wastl ihr Biogemüse, stehen ihre Gartenmöbel und der Wohnwagen mit Lüftungsschlitzen.

Nachdem Wastl darauf bestand, hätten die Arbeiter Folien als Staubschutz angebracht. Auch ein Wasserschlauch war im Einsatz. In Wastls Augen zu wenig: "So ein Pipifax Schläuchle", moniert sie.
Wie der Polier der Abrissfirma die Bagger-Schieflage einordnet
Spätestens der kuriose Vorfall gegen 16.30 Uhr am Mittwochnachmittag brachte dann auch andere Anwohner auf den Plan. Was war passiert? "Der Bagger ist in Schieflage geraten", fasste Rohat Arikan, Polier der Firma Grimm, im Rückblick das Geschehen zusammen. Eine Kette des Abrissbaggers war laut Arikan in einen Kellerraum gesackt. "Nichts Großes", ordnete er den Vorfall für seine Firma ein, "eine Sache von einer Stunde, dann stand der Bagger wieder". Bei 50 Abrissen passiere so etwas schon ein-, zweimal. Die Bergungs-Firma Katzenberger, die das Gefährt für die Firma Grimm wieder auf die Beine brachte, bestätigte ihrerseits, des Öfteren derartige Einsätze zu haben.

Auch wenn eine Baggerschieflage in Fachkreisen nicht unüblich sein mag, in der Bad Neustädter Gartenstadt sorgte sie als Kuriosum für ordentlich Aufsehen: Ein Bergungs-Lkw rückte an und zog das Baustellenfahrzeug mit Seilen wieder in seine Ursprungslage zurück. Noch vor 18 Uhr konnte der wieder aufgerichtete Bagger die Abrissarbeiten fortsetzen. Noch zehn Arbeitstage plane er ein, so Arikan, dann soll der Abriss spätestens abgeschlossen sein.
Was der Hauseigentümer Gunnar Gröschel auf die Vorwürfe der Anwohner entgegnet
Der Zwischenfall allerdings nährte nicht nur bei Nachbarin Wastl, sondern auch bei anderen Anwohnern Sorge über den Ablauf der Abrissarbeiten.
Hauseigentümer Gröschel erklärte am Donnerstag, dass viel Wasser in den Keller eingedrungen und der Lehm damit instabil geworden war. Aktuell werde der Keller mit Geröll verfüllt, um den Untergrund zu stabilisieren.
Zu den Staub-Vorwürfen erklärte Gröschel: "Einen staubfreien Abriss zu fordern, ist wie wasserlos Schwimmen zu lernen." Die beauftragte Firma sei bemüht, die Beeinträchtigungen gering und kurzzuhalten. "Wir erfüllen die Vorgaben von Stadt und Landratsamt", so Gröschel weiter. Bei der Firma Grimm habe er "ein gutes Gefühl". Die hätten überzeugende Referenzen vorgelegt und seien definitiv nicht die billigste Option gewesen.
Was die Polizei Bad Neustadt veranlasste
Werden Abrissarbeiten überprüft? Es sei nicht Aufgabe der Polizei, den ordnungsgemäßen Ablauf von Bauarbeiten zu kontrollieren, erklärte Michael Jäger am Donnerstag auf Nachfrage. Nichtsdestotrotz sei man natürlich "Helfer in Not" bei Zwischenfällen.

Verstöße, die der Gewerbeaufsicht oder Berufsgenossenschaft gemeldet werden müssten, habe die Streife vor Ort am Mittwochabend nicht festgestellt, so Jäger weiter. Die Polizei habe aber die Stadt Bad Neustadt zwecks der Baustellenabsicherung kontaktiert. Eventuell müsse ein Fußweg neben der Baustelle gesperrt werden. Dies sei im Laufe des Donnerstags geschehen, teilte Maximilian Pfister, Pressesprecher der Stadt Bad Neustadt, mit. Der Weg darf aus Sicherheitsgründen aktuell nicht genutzt werden.
Eine Kontrolle des Landratsamts Rhön-Grabfeld ist veranlasst
Gibt es seitens der Bauaufsicht am Landratsamt Kontrollen? "Nachdem Abbrucharbeiten in den meisten Fällen keiner Genehmigung bedürfen, werden die im Zuge des Abbruchs durchgeführten Arbeiten nicht generell kontrolliert", so Pressesprecher Christian Hüther. Es fänden lediglich anlassbezogene Kontrollen statt, wenn entsprechende Hinweise eingingen. Im konkreten Fall wurde eine Kontrolle veranlasst, deren Ergebnisse noch nicht vorlägen, so Hüther weiter.
Derweil, hört man aus der Gartenstadt, schreitet der Abriss des nun nicht mehr ganz halben Hauses in großen Schritten voran.
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