
Bald können junge Menschen beim Infotag "Jugend & Beruf" in Bad Neustadt erfahren, welche beruflichen Möglichkeiten ihnen offen stehen. Vorab haben Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann (CSU) und Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner (FW) berichtet, wie sie zu ihrer aktuellen Position gekommen sind. Denn auch Politiker ist ein Beruf.
Es gibt nicht vieles, was Werner und Habermann gemein haben: Weder die Parteizugehörigkeit, noch das Alter und auch die Länge ihrer Amtszeiten sind unterschiedlich. Beide sind hauptamtlich Politiker. Was die beiden jedoch vereint: Geplant war der Jobwechsel in die Politik nicht – weder bei Werner, noch bei Habermann.
Landrat Habermann: "Wer das werden will, wird das nicht"
"Wer das werden will, wird das nicht", schiebt der Landrat nach. Über sich selbst sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion schmunzelnd, dass er eine "mundwerkliche Ausbildung" habe. Nach dem Gymnasium habe er eigentlich Sport- und Lateinlehrer werden wollen, geworden ist er aber Richter. Nachdem ihm vom Lehrerjob abgeraten worden war, habe er innerhalb von 24 Stunden umgeschwenkt und Jura studiert.
"Das war mit Risiko verbunden", sagt er. Es hätte auch schiefgehen können. Die Entscheidung sei damals aus dem Bauch heraus gefallen. Nach Studium und Referendariat stellte sich der heutige Landrat die Frage: "Was machst du jetzt?" Letztendlich konnte er es sich aussuchen. Das Werben vom Innenministerium habe er abgelehnt, weil er nicht dauerhaft in München bleiben wollte. So wurde er Richter, unter anderem am Amtsgericht in Nürnberg. Bis zu dem Anruf mit einem Angebot für eine Richterstelle in Mellrichstadt.
"Ich bin nicht für einen gemütlichen Job auf der Welt"
Für Habermann ging es samt Familie zurück in die Heimat. "Das erste viertel Jahr habe ich gelitten wie ein Hund", erzählt er von der Anfangszeit zurück im Landkreis. Das habe sich aber "ganz schnell geändert". Dass Habermann Landrat geworden ist, sei Zufall gewesen. Erst wurde er Stadtrat in Bad Neustadt und habe weiter als Richter gearbeitet, unter anderem am Oberlandesgericht Bamberg. "Ich bin nicht für einen gemütlichen Job auf der Welt", sagt er.
Seit 2003 ist Thomas Habermann nun der ranghöchste Politiker im Landkreis. Seinen Landratsjob habe er nie bereut.
Auf so viel Erfahrung als Berufspolitiker kann Michael Werner, Rathauschef der Saalestadt, noch nicht zurückblicken. Er führt seit 2020 die Amtsgeschäfte in Bad Neustadt. Geplant sei das auch bei Werner nicht gewesen.
"Machen statt motzen", sei sein Motto gewesen, weshalb er eigentlich nur in den Stadtrat wollte. Gelandet ist er auf dem Bürgermeistersessel. Der Weg von Werner in die Berufspolitik unterscheidet sich dabei deutlich von dem von Landrat Habermann. Nach dem qualifizierenden Hauptschulabschluss hat der Bad Neustädter eine Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur absolviert. Seit der siebten Klasse habe Werner Praktika gemacht. Er wollte schon immer ins Handwerk.
Bürgermeister Werner wollte nicht weg aus Bad Neustadt
Manchmal kommt aber alles anders. Werner sagt, "ich wollte nie ins Büro". Trotzdem hat es sich ergeben, dass er seinen ursprünglichen Job nicht weiter ausüben konnte. Er machte noch eine Ausbildung als Großhandelskaufmann, stieg dort auf, war unter anderem Verkaufsleiter. Bis zu dem Punkt, als er Bad Neustadt für seinen Beruf hätte verlassen müssen. "Ich wollte nicht weg", sagt Werner.
Während Landrat Habermann in der Politik und als Richter bereits viele Jahre gearbeitet und Karriere gemacht hat, hat Werner noch einiges vor sich. "Ich habe keine Angst davor, wieder in die freie Wirtschaft zu müssen", sagt er selbstbewusst. Sollte er nicht bis zum Ruhestand Bürgermeister bleiben, habe er Alternativen.
Beim anstehenden Infotag "Jugend & Beruf" in Bad Neustadt sehe er es als wichtig an, Schülerinnen und Schülern die Perspektiven der Region aufzuzeigen. Auch Landrat Habermann hebt das hervor. Die Möglichkeit, sich übers Internet zu informieren sei gut, bei der Veranstaltung hätten die Besucherinnen und Besucher aber den persönlichen Kontakt.
Landrat Habermann lobt das Ausbildungssystem
"Unser Ausbildungssystem ist gut", ist Habermann überzeugt. Auch, dass junge Menschen es hier leichter als vor 30 Jahren hätten. Außerdem verweist der Landrat auf den "Trend zurück" hin, also dass viele Menschen, die aus der Region stammen, wieder zurückkommen möchten – auch Facharbeiter. Er begründet das mit einer besser gewordenen Infrastruktur. Sei es die Autobahn 71, aber auch Digitales und Kneipen nennt er. "Der Euro ist hier noch etwas wert", sagt er. Gemeint sind bezahlbarer Wohnraum oder Baugrund.

Besorgt blicke der Landrat auf die Entwicklung, dass einige Menschen keine Freude an der Arbeit hätten, wie er sagt. Außerdem kritisiert er Arbeitszeitmodelle mit 32 oder 35 Stunden. "Eine positive Einstellung zur Arbeit müssen wir wieder lernen", meint er.
Wimmel: "Wer bei uns einen Job haben will, bekommt den auch"
Während die Berufspolitiker über ihren Weg in den Job sprechen, berichten Vertreter der örtlichen Schulen von der Situation der Schülerschaft vor Ort. Von einem Wandel an der Berufsschule berichtet Michael Wimmel, Schulleiter der Jakob-Preh-Schule in Bad Neustadt. "Wer bei uns einen Job haben will, bekommt den auch", sagt er. In der Gesamtsumme bilanziert er ein "sinkendes Niveau". Außerdem gebe es weniger Schülerinnen und Schüler, als noch vor fünf Jahren.
Christian Dahl, Schulleiter der FOS und BOS und der Wirtschaftsschule in Bad Neustadt, sagt, es gebe "unheimlich tolle Möglichkeiten", sich übers Internet zu informieren. Seiner Erfahrung nach werde das jedoch nicht gemacht. Es bestehe ein "Informationsdefizit". Er stelle zudem eine "Orientierungslosigkeit" unter den Schülerinnen und Schülern fest.
Peter Schmidt, stellvertretender Schulleiter der staatlichen Wirtschaftsschule in Bad Neustadt, berichtet, dass Eltern und die Schülerschaft beim Infotag gezielt Stände ansteuern würden. Außerdem sagt er, dass viele gerne hier in der Region bleiben würden, was aber auch dem Alter seiner Schülerinnen und Schülern geschuldet sein könne. Alle Schulvertreter heben heraus, welche Türen den jungen Menschen aktuell offen stehen würden. Beginnend bei den vielen Praktika, die möglich seien, wie Hohenroths Bürgermeister Georg Straub sagt.