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Saal
Hier gibt es keine Pillen und Zäpfchen mehr: Die Ahorn-Apotheke in Saal schließt für immer
In Saal geht eine gut 150 Jahre lange Apotheken-Geschichte zu Ende. Warum es immer weniger Apotheken gibt und was die Gemeinde Saal dagegen tun will.
Der strahlend blaue Himmel trügt. Nach der Schließung der einzigen Apotheke im Ort ist die Stimmung in Saal eher gedrückt. 
Foto: Michael Petzold | Der strahlend blaue Himmel trügt. Nach der Schließung der einzigen Apotheke im Ort ist die Stimmung in Saal eher gedrückt. 
Michael Petzold
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:16 Uhr

"Das ist gerade für die ältere Bevölkerung wirklich sehr bedauerlich." Saals Bürgermeisterin Cornelia Dahinten ist unglücklich über die Schließung der Ahorn-Apotheke an diesem Mittwoch, 15. Februar, war sie doch Jahrzehnte lang Anlaufpunkt für kranke Menschen aus der näheren Umgebung, die hier ihre ärztlich verordnete Medizin bekamen.

Wie etwa Günther Bonfig aus Wülfershausen, der die zwei Kilometer bis nach Saal mit dem Rad zurückgelegt hatte. "Jetzt müssen wir nach Bad Königshofen oder Bad Neustadt, um Medikamente zu bekommen", sagt der 73 Jahre alte Rentner. So einfach mit dem Fahrrad wird das dann wohl nicht mehr gehen, immerhin liegt Bad Königshofen rund neun und Bad Neustadt rund 12 Kilometer entfernt.   

Alle vier Angestellte der Apotheke in Saal haben eine neue Stelle gefunden

Mitte der 60er Jahre hatte Walter Molz die Apotheke eröffnet und bis zu seinem Tode im vergangenen Jahr geleitet. Seitdem hatte sie seine Tochter Elke Molz ein Jahr lang verwaltet, wie deren Schwester Antje Knirsch im Gespräch mit dieser Redaktion deutlich machte. Weil dieses Jahr abgelaufen sei, stehe jetzt die Schließung an. Eine Übernahme der Apotheke komme aus persönlichen Gründen nicht in Betracht, so Antje Knirsch weiter, die auf nähere Beweggründe nicht eingehen wollte. Alle vier Angestellte hätten anderswo eine Beschäftigung gefunden.             

Die kurzfristige Suche nach einem Apotheker oder einer Apothekerin für Saal war ergebnislos

Vom Ende der Apotheke hatte Bürgermeisterin Dahinten auch nicht früher erfahren, als die Kunden. Auf großformatigen Zetteln wurde die Schließung zum 15. Februar angekündigt. Sie hätten im Gemeinderat darüber beraten und auch Kontakte hergestellt, aber es sei schwierig, einen jungen Apotheker oder eine Apothekerin zu finden, die die Verantwortung einer Übernahme eingehen wollen. Schließlich müsse während der Öffnungszeiten immer ein Apotheker vor Ort sein.

Das war es: Seit dem gestrigen Mittwoch ist Ahorn Apotheke in der Ortsmitte der Marktgemeinde Saal Geschichte. 
Foto: Michael Petzold | Das war es: Seit dem gestrigen Mittwoch ist Ahorn Apotheke in der Ortsmitte der Marktgemeinde Saal Geschichte. 

Schon in der Pfarrbeschreibung von 1875 wird eine Apotheke in Saal erwähnt 

Vielleicht klappt es ja mittelfristig, wieder einer Apotheke anzusiedeln, und die fast 150 Jahre währende Geschichte fortzuführen. Denn wie aus Unterlagen hervorgeht, die Kreisheimatpfleger Reinhold Albert zur Verfügung stellte, gab es schon 1875 eine Apotheke und einen Arzt in dem aktuell noch über 1500 Einwohner zählenden Markt. Das steht jedenfalls in einer Pfarrbeschreibung aus dem gleichen Jahr.

Die Gemeinde plant in Saal ein Gebäude mit Arztpraxis und Apotheke 

1912 hieß der Apotheker Aloys Kümmeth, der sein Geschäft allerdings in dem Sandsteingebäude vis a vis gegenüber der Schule führte, in dem jetzt eine Bäckereifiliale untergebracht ist. Die Hoffnung hat man in Saal jedenfalls nicht aufgegeben, denn wie Cornelia Dahinten erläuterte, plant die Gemeinde in dem Bereich, der einmal als Bushaltestelle im Gespräch war, ein Gebäude zu errichten mit seniorengerechten Wohnungen sowie einer Arztpraxis und einer Apotheke.            

Zum 1. Februar wurden allein im Freistaat Bayern 13 Apotheken geschlossen 

Allerdings geht der Trend auf dem Apothekensektor eher in Richtung Schließung denn Neueröffnung.  Christian Machon, Apotheker aus Bad Neustadt, weiß von allein 13 Apothekenschließungen in Bayern zum 1. Februar in diesem Jahr. Machon ist nicht nur Pressesprecher seines Berufsstandes im Landkreis, sondern sitzt auch seit 2010 im Vorstand der Apothekerkammer des Freistaates. Ein besonderes Augenmerk hat er von dort aus auf die Entwicklung. Die Zahl der Apotheken-Schließungen habe sich von anfänglich 1,5 Prozent im Jahr auf aktuell über zwei Prozent erhöht. Und er geht nicht davon aus, dass jetzt schon das Ende der Fahnenstange erreicht ist.

Der Fachkräftemangel macht auch vor den Apotheken nicht halt

"Die Gründe dafür sind vielschichtig", sagt Machon. Angefangen beim Fachkräftemangel über die zunehmende Bürokratie bis hin zu der Konkurrenz durch die Online-Apotheken. Ein Stadt-Land-Gefälle könne er aber nicht beobachten. Großstädte seien ebenso betroffen wie die Provinz, wobei auf dem Land eine Schließung natürlich größere Auswirkungen haben könne. Gerade wenn eine Apotheke, wie die in Saal an einer strategisch wichtigen Stelle zentral zwischen Bad Neustadt und Bad Königshofen liegt. Nicht nur die Einwohner der Milzgrund-Gemeinden müssten sich neu orientieren, auch die Notdienstsituation für die im Raum verbleibenden Apotheken deutlich anspruchsvoller.         

 
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