
Was haben das Naturkundemuseum American Museum of Natural History (AMNH) in New York, das Berliner Stadtschloss sowie das künftige Würzburger Staatstheater gemein? Die Steinfassade aller drei Bauwerke wurde von einem Unternehmen aus dem 650-Einwohner-Ortsteil Gamburg (Werbach) entwickelt, produziert und in dessen Auftrag angebracht. Darauf muss man erstmal kommen. Vom idyllisch gelegenen Taubertal in die großen Städte und auch hinaus in die weite Welt.
Hofmann Naturstein fühlt sich sichtlich wohl am Fuße der im 12. Jahrhundert erbauten Gamburg. "Deren Sandstein ist von hier, er scheint also ganz gut zu halten", sagt Juniorchef Johannes Georg Hofmann, 41 Jahre, schmunzelnd und läuft schnellen Schrittes über das weitläufige Firmengelände. Steine zu lagern und zurechtzuschneiden braucht relativ wenig Energie, aber ziemlich viel Platz. "Das AMNH war für uns schon etwas ganz besonderes." Die US-Stararchitektin Jeanne Gang hat sich für den 465-Millionen-Dollar-Erweiterungsbau direkt am Central Park in Manhattan eine ausgeklügelte Architektur ausgedacht, eine biomorphe Struktur. "Das Gebäude ist innen wie außen beeindruckend", berichtet Bauingenieur Heiko Leistner, der das Projekt bei Hofmann Naturstein leitete.

Doch wie kam ein relativ kleiner Betrieb mit etwa 230 Mitarbeitenden an einen solchen Global-Player-Auftrag? "Es war nicht unser erstes Projekt in den USA. Mein älterer Bruder Philipp ist vor Ort und leitet dort unser Büro", sagt Hofmann und geht kurz in sich. "Ich denke, dass der Auftrag in Amerika geblieben wäre, wenn es dort jemand gekonnt hätte – zumal der Granitstein wie die restlichen Fassaden des AMNH aus Steinbrüchen bei Milford im US-Bundesstaat Massachusetts stammt." Mit Schiffen sei er über den Atlantik, den Rhein und den Main bis nach Lohr gebracht worden. Die letzten Kilometer ist er dann auf der Straße ins Taubertal gelangt – und nach der Produktion gingen die mehrere tausend Einzelstücke dann wieder den Weg retour.
Für das Berliner Schloss wurden 20 Steinadler gefertigt
Das familiengeführte Unternehmen betreibt in der Region und anderswo auch eigene Steinbrüche mit den unterschiedlichsten Arten: Buntsandstein, Muschel- oder Jurakalk. Im Fichtelgebirge baut Hofmann Naturstein grau-gelblichen Waldstein Granit und blau schimmernden Kösseine-Granit ab, der beispielsweise im neuen Berliner U-Bahnhof "Museumsinsel" verbaut ist. Der Warthauer Sandstein für das 2019 fertig restaurierte Berliner Stadtschloss stammt aus der Nähe von Breslau (Polen). Auch das Gebäude des Bundesinnenministeriums und der Frankfurter Zeil 123 hat der Naturstein-Spezialist bestückt – jeweils mit Dietfurter Kalkstein aus dem Altmühltal. In Würzburg kam an mehreren Gebäuden der portugiesische St. Louis-Kalkstein zum Einsatz.

Für die Betriebsleitung in den beiden Taubertal-Werken in Gamburg und Niklashausen ist Cüneyt Uher zuständig. In seiner Freizeit beschäftigt sich der Wenkheimer gerne mit Modellflug. "Das hilft beim räumlichen Vorstellungsvermögen." Schon 1984 hat der heute 55-Jährige bei Hofmann mit einer Lehre zum Steinmetz begonnen, später kamen noch eine Ausbildung zum Bildhauer und der Natursteinmeister hinzu. Heute bildet man zuvorderst technische Systemplaner und Naturwerkstein-Mechaniker aus. "Für das Berliner Schloss haben wir neben der Fassade und vielen Schmuckstücken über 20 Steinadler produziert. Jeder sieht etwas anders aus, der eine blickt in die eine Richtung, der andere hat seine Flügel aufgeschlagen und so weiter", sagt Uher, als man beim Presserundgang im zweiten Werk in Niklashausen an einem nicht ganz vollendeten Probe-Adler vorbeiläuft.
Dieser Trakt ist der älteste Teil der Firma. Der im Jahr 2015 94-jährig verstorbene Firmengründer Anton Hofmann hat sie mit seiner Frau Dorothea nach dem Krieg übernommen und zu einem über die Grenzen hinaus bekannten Unternehmen aufgebaut. Das Gamburger Werk entstand 1970, ein weiteres in Polen 1996. 1985 rückte Sohn Heinrich Georg Hofmann an die Spitze. Seit rund zwölf Jahren ist mit Johannes und Philipp Hofmann die dritte Generation auf der Kapitänsbrücke mit an Bord.

Zurück zum New Yorker Vorzeigemuseum: "Wir mussten das sehr gut vorbereiten", sagt Projektleiter Leistner. "Die Gesamtfläche umfasst circa 2000 Quadratmeter und rund 5500 gekrümmte, zusammengesetzte Einzelstücke." Letztlich standen die Planer und Maschinenbediener vor der Herausforderung, aus dicken Felsbrocken mit möglichst geringem Ausstoß die unterschiedlichsten Freiformen herauszuschneiden. Dank moderner 3D- und CAD-Technik können die Steinblöcke in mehreren Achsen per Seilschnitt und Fräse bearbeitet werden.
"Granit und Naturstein haben den mit Abstand niedrigsten CO2-Ausstoß."
Was Hofmann nach eigenen Angaben ebenfalls wichtig ist, ist die Nachhaltigkeit. "Granit und Naturstein haben den mit Abstand niedrigsten CO2-Ausstoß", sagt Johannes Georg Hofmann und verweist auf einen Artikel in einem Fachmagazin, "und dabei ist auch der Transport und der Rückbau mit eingerechnet." Das liege daran, dass dieser Baustoff als nachwachsender Rohstoff gelte, naturgebacken sei und nicht unter hohen Temperaturen bearbeitet werden müsse. Die Verwendung von Glas oder Zement stößt rund 13 Mal so viel CO2 aus. Bei Stahl, Plastik oder Aluminium ist es noch einmal ein Vielfaches mehr. Was beim Schneiden von großen Felsbrocken mit Diamant-Seilsägen benötigt wird, ist Expertise, Geduld und Wasser.
"Um einen Steinquader einmal durchzuschneiden, braucht es schon ein paar Stunden. Der Vorgang als solches läuft automatisch", so Uher. Großvater Hofmann ließ 1998 in Niklashausen ein eigenes Wasserkraftwerk an der Tauber errichten. "Die Kontrollen ergeben, dass wir das Wasser regelmäßig sauberer einleiten als herausnehmen", erklärt sein Enkel, "die Gesteinsschlacke setzen wir in großen Becken ab und machen daraus verstärkt Klinker." Auf dem Dach des Gamburger Werks habe man vor Kurzem eine große Solaranlage installiert, ein Blockheizkraftwerk laufe schon länger.
Die Naturstein-Fassaden aus dem Taubertal findet man in der Regel an größeren Büro- und Wohngebäuden, an prunkvollen Bauten und auf dem Boden von Fußgängerzonen, "auch wenn sich bei letzteren mittlerweile viele Stadtverwaltungen für die günstige Variante aus Fernost entscheiden", so Hofmann. In Würzburg hat das Unternehmen etwa die neuen Hotels in der Schweinfurter Straße und den gegenüberliegenden Novum-Komplex sowie das neue Mainfranken Theater mit Natursteinen verkleidet. Der Juniorchef deutet auf aufgereihte Platten: "Hier liegen schon Teile der Fassade für das Hochhaus der Wohnanlage ‚Lichtblick‘ in der hinteren Sanderau bereit." Dessen Material trägt übrigens den Kunstnamen Hohenzollernpark-Sandstein.