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Walldürn
37-Jähriger soll in Walldürn Frauen gefangen gehalten haben: Jetzt gibt es auch Hinweise auf ein männliches Opfer
Der 37-Jährige arbeitete laut eigenen Angaben als Coach und psychologischer Berater. Während die Ermittlungen laufen, gibt es Hinweise auf weitere Opfer. Darunter ist ein Mann.
Die Rollläden an einem Fenster sind heruntergelassen. Ein mutmaßlicher Serientäter soll im baden-württembergischen Walldürn mindestens eine Frau mindestens mehrere Tage lang mit Hilfe seines Bruders festgehalten und vergewaltigt haben. 
Foto: Heiko Becker, dpa | Die Rollläden an einem Fenster sind heruntergelassen. Ein mutmaßlicher Serientäter soll im baden-württembergischen Walldürn mindestens eine Frau mindestens mehrere Tage lang mit Hilfe seines Bruders festgehalten und ...
Benjamin Stahl
,  Christine Jeske
 und  Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 12.02.2024 10:58 Uhr

Wer ist der Mann, der drei Frauen in einem Wohnhaus in Walldürn festgehalten und sich an ihnen vergangen haben soll, dem Geiselnahme in Tateinheit mit besonders schwerer Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen wird? In der 11.000-Einwohner-Stadt im Neckar-Odenwald-Kreis, unweit der Grenze zu Unterfranken, kennt eigentlich jeder jeden. Aber die Menschen in dem ausladenden Haus mit Holzdach über der Tür, wo Mitte Oktober die Polizei mit mehreren Streifenwagen anrückte, blieben lieber für sich. So erzählen es Nachbarn in dem bodenständigen Neubaugebiet.

Sie berichten auch von lautstarken Streitereien, von einer Frau, die kürzlich fluchtartig ausgezogen sei. Als der 37-jährige Tatverdächtige, den die Nachbarn nicht beim Namen, sondern nur "der Guru" nennen, festgenommen wurde, habe er sich dagegen gesträubt. Ein Anwohner erzählte der Redaktion, der 37-Jährige habe wirre Sätze geschrien, wie: "Ich bin Gott und ihr seid mir alle hörig."

Er gab Kurse zur Stärkung der Persönlichkeit

Inzwischen sitzt der Tatverdächtige in einer psychiatrischen Klinik. Vorher war er im Internet als Coach, Redner, Autor und psychologischer Berater aufgetreten. Laut Informationen der Redaktion hat er seine Opfer über sein berufliches Umfeld kennengelernt. Glaubt man seinen eigenen Veröffentlichungen, hat er auch in einer Art Trainingslager am Rand von Walldürn mit verunsicherten Menschen an der Stärkung ihrer Persönlichkeit gearbeitet. Walldürns Bürgermeister Markus Günther bestätigte gegenüber dem SWR, dass der Mann in Videos sein Angebot angepriesen habe. Da habe "jemand versucht, psychologische Beratung zu verkaufen".

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Auf Facebook, Instagram und YouTube postete der Tatverdächtige Filmchen, in denen davon die Rede ist, wie man die beste Version von sich selbst zum Vorschein bringen kann – und sich nicht mehr von anderen erniedrigen lässt. Darin gibt er auch Beziehungstipps, sogar zusammen mit seiner Partnerin. "Das wirkt bizarr, wie eine gigantische Tarnung, wenn es stimmt, was man ihm jetzt vorwirft", sagt kopfschüttelnd einer seiner Nachbarn in Walldürn, der seinen Namen nicht nennen will.

Polizei: "Wir gehen von mindestens drei Geschädigten aus"

Mitte Oktober hatte eine Frau die Polizei alarmiert: Eine 26-jährige Freundin von ihr werde in dem Haus gefangen gehalten, sexuell missbraucht und fürchte um ihr Leben. Tatsächlich fand die Polizei bei einer Durchsuchung die Frau, die angeblich über vier Tage hinweg vergewaltigt worden sein soll – von dem 37-Jährigen, der laut eigenen Angaben verheiratet ist und gleichzeitig mit einer festen Freundin eine offene Beziehung pflegt. Deren Name steht neben fünf anderen auch auf dem Briefkasten des Hauses.

Als die Polizei das Haus durchsuchte, fand sie zwei weitere Frauen. Sie sollen laut einem Polizeisprecher schon "seit sehr langer Zeit" in dem Haus gefangen gewesen sein. Er sprach von mehreren Wochen. Wie es den Frauen geht, wurde nicht bekannt gegeben.

Anhaltspunkte für noch mehr Opfer

Und es könnte noch mehr Opfer geben. "Wir gehen derzeit von mindestens drei Geschädigten aus", hieß es vonseiten der Polizei. Aber es gebe "Anhaltspunkte dafür, dass es weitere Geschädigte geben könnte; dies ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen".

Die zuständige Staatsanwaltschaft Mosbach hält sich auf Anfrage der Redaktion am Montag bedeckt. "Beim Eintreffen der Polizei wurde die Geschädigte", die den Notruf absetzen ließ, "und weitere Personen festgestellt", erklärte Erster Staatsanwalt Florian Sommer. "Wir gehen derzeit davon aus, dass es sich bei zwei weiteren vor Ort angetroffenen weiblichen Personen um Opfer von Straftaten handeln könnte."

Wie konnten die Frauen festgehalten werden?

Die Frauen waren laut Staatsanwaltschaft nicht in einem Keller oder einer ähnlichen Örtlichkeit eingesperrt. Wie sie von dem 37-Jährigen und dessen jüngerem Bruder, der wegen Beihilfe in Untersuchungshaft sitzt, festgehalten wurden, ist unklar: Wurde auf sie psychischer Druck ausgeübt, wurden sie unter Drogen gesetzt? "Zu Modalitäten der mutmaßlichen Tatbegehung werden derzeit aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskünfte erteilt", so Pressesprecher Sommer.

Unterdessen gibt es laut Informationen der Redaktion auch mindestens ein männliches Opfer, ein Anhänger des Tatverdächtigen. Ihn soll er mit einer Art Stock geschlagen und verletzt haben, wie der Anwalt des Geschädigten auf Anfrage der Redaktion bestätigte.

 
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