
Anfang November gönnten sich die Stadträte von Arnstein kein freies Wochenende im heimischen Werntal. Stattdessen machten sie sich gemeinsam mit ihrem Bürgermeister Franz-Josef Sauer und Amtsleitern der Stadtverwaltung auf zur Studienfahrt, um in vergleichbaren Kommunen von deren Aktivitäten in den Bereichen des Leerstandsmanagements, der Altstadtsanierung und der Verkehrsführung zu lernen. Ziele waren die Städte Münnerstadt und Großbardorf.
Beide Gemeinden arbeiten am Integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) und haben ähnliche Rahmenbedingungen, berichtete Bürgermeister Sauer dieser Redaktion. Sie haben Probleme mit Leerständen in Häusern und Geschäften, beim Erhalt von historischen Gebäuden und den kommunalen Schulen. Nach den Besuchen an den Brennpunkten vor Ort, konnten sich die Arnsteiner Politiker noch mit Kollegen und Kolleginnen vertiefend austauschen.
Was macht beispielsweise Münnerstadt anders als Arnstein? Um die Leerstände zu bekämpfen, hat die Stadt dort eine Genossenschaft mit einem Leerstandsmanager gegründet. Wo immer es geht, kauft die Kommune entsprechende Objekte auf und bringt sie wieder in Nutzung.
Leerstandsmanager und 24/7-Laden in Münnerstadt
Damit eng verbunden ist die Besonderheit des "Tante Enso Ladens", welcher ebenfalls auf Genossenschaftsbasis betrieben wird. Das Geschäft "24/7 einkaufen" kennt keinen Ladenschluss, vielmehr ist es rund um die Uhr, auch am Wochenende erreichbar. Wer außerhalb der Öffnungszeiten mit Personal einkaufen möchte, hat mit der "Tante Enso-Kundenkarte" elektronischen Zugang, die Bezahlung erfolgt per Lastschriftmandat. Laut Auskunft des Münnerstadter Bürgermeisters Michael Kastl wird das Geschäft mit 325 Quadratmetern Verkaufsfläche und rund 4200 Produkten bestens angenommen.
Ein weiterer Gesprächspunkt in Münnerstadt war die Situation auf den örtlichen Friedhöfen – ein Thema, das auch die Stadt Arnstein mit ihren 12 Ortsteilen stark berührt, weil fast überall wichtige Entwicklungen anstehen. Hier hat die Stadt in der Vorrhön einen entscheidenden Vorteil, da dort eine Ausbildungsstätte für Bestatter angesiedelt ist. Wie man historische Gebäude sinnvoll nutzen kann, sahen die Arnsteiner Gäste am Beispiel des Feuerwehrhauses, das in einem denkmalgeschützten Haus untergebracht ist.
Ähnliche Probleme wie in Arnstein zeigen sich in Münnerstadt auch am Schulgelände sowie bei den Schulbusverbindungen und der Mittagsbetreuung. In puncto Hallenbad hat allerdings Arnstein die Nase vorn: laut Münnerstadter Bürgermeister Kastl musste dieses schon vor Jahren geschlossen werden, nicht zuletzt, weil die Konkurrenz der umliegenden Rhön-Bäder zu stark war. In Arnstein versucht man nach wie vor, dieses Freizeitangebot zu erhalten. Für viele ist in der Arnsteiner Goldgasse das Kopfsteinpflaster ein Dorn im Auge, in Münnerstadt ist man dieses Problem mit barrierefreieren Laufspuren im Pflaster angegangen.
Energiegenossenschaft besteht seit zehn Jahren
Im benachbarten Großbardorf mit knapp 1000 Einwohnern stand die dortige 2015 gegründete Energiegenossenschaft im Mittelpunkt des Interesses. Vier Windräder in Bürgerhand erzeugen ein Vielfaches des vor Ort benötigten Stroms. Für das Investitionsvolumen von fast 20 Millionen Euro wurden fünf Millionen als Eigenkapital aufgebracht. Seitdem erzeugt der Park rund 22 Millionen Kilowattstunden jährlich. Was besonders ins Auge sticht: Die Wertschöpfung bleibt in der Gemeinde. Was Großbardorf endgültig zum "Dorf der Zukunft" macht, sind die großen Biogasanlagen und die neu installierte Freiflächenanlage für Photovoltaik, berichtete Bürgermeister Josef Demar.
Zuhause im Werntal wollen sich der Bürgermeister und sein Stadtrat mit den Erkenntnissen der Klausurfahrt intensiv beschäftigen und das umsetzen, was hier sinnvoll und möglich ist, sagt Bürgermeister Sauer. "Wir wollten gemeinsame Ziele aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und wo möglich von den anderen lernen", ist sein Resümee.