
Schon Anfang 2022 hatten sich auf dem Konto eines mittelständischen Handwerksbetriebs aus dem Landkreis Main-Spessart die Rücklastschriften gehäuft und auch der Kontokredit war ausgeschöpft. Die wirtschaftliche Situation des Unternehmens spitzte sich weiter zu, sodass schließlich ab Oktober die Sozialversicherungsbeiträge bei den Krankenkassen für die damals noch vier Mitarbeiter unbeglichen blieben. Spätestens jetzt hätte der damalige Geschäftsführer nach Ansicht des Würzburger Amtsgerichts die Reißleine ziehen und Insolvenzantrag stellen müssen. Es dauerte jedoch noch bis August 2023, einen Monat nach dem die AOK ihrerseits Insolvenzantrag gestellt hatte, bis der damalige Geschäftsführer diesen schwierigen, aber im Insolvenzrecht bei finanzieller Schieflage zwingend vorgeschriebenen Schritt ging.
Über 400.000 Euro Schulden
Durch den weiterlaufenden Betrieb wuchs der Schuldenberg. Die Verbindlichkeiten beliefen sich schließlich auf beinahe 400.000 Euro. Vor dem Würzburger Amtsgericht musste sich nun der Geschäftsführer wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung sowie dem Vorenthaltenen beziehungsweise Veruntreuung von Arbeitsentgelt in 26 Fällen verantworten. Da er zuvor schon ein Schuldeingeständnis abgegeben hatte, ging es nur noch um die Höhe der Geldstrafe für den nicht vorbestraften Mann. Richter Jürgen Weber sah daher eine Strafe von 130 Tagessätzen zu je 50 Euro der Tat und Schuld als angemessen an. Auch eine mehrjährige Freiheitsstrafe wäre dem Gesetz nach möglich gewesen. Zu seinen Gunsten sah Weber vor allem den fortgesetzten Versuch, den entstandenen Schaden auch auf Kosten privater Schulden auszugleichen.
Insolvenz-Stress verursachte körperliches Leiden
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten erklärte der Mann mit dem Ausstieg des gleichberechtigten Geschäftspartners 2021. Gemeinsam mit ihm hatte er den Traditionsbetrieb übernommen und zunächst als Bauunternehmen, das Hochbau und Dachdeckerarbeiten aus einer Hand anbot, erfolgreich aufgebaut. Es sei ein geordnetes Auseinandergehen geplant gewesen. Das sei dann aber anders gekommen, ein Teil des Sachverstands weggebrochen, berichtete er. Zuletzt habe er den Betrieb mit vier Mitarbeitern von ehemals doppelt so vielen Mitarbeitern weitergeführt, allesamt frühere Kollegen, die er seit längerem kannte. Sein Zögern, das Scheitern einzugestehen, erklärte der Mann mit der Hoffnung, die wirtschaftliche Schieflage doch noch in den Griff zu bekommen. Auch habe es ihm an Daten und Zahlen gefehlt, da der Steuerberater irgendwann seine Tätigkeit eingestellt hatte. In dieser Zeit habe er psychischen Stress, den er mit Medikamenten behandeln müsse, und schließlich auch ein körperliches Leiden entwickelt.
Das Insolvenzverfahren läuft noch. Es gebe, so der Verteidiger, noch immer offene Forderungen, die aus den vorhandenen Gütern beglichen würden. Zum Teil seien jedoch Ratenzahlungen vereinbart. Der Mann arbeitet weiterhin als Maurer und auch die Ehefrau hat ihre Arbeitsstunden aufgestockt. Der Verteidiger geht davon aus, dass das Verfahren spätestens Mitte des nächsten Jahres beendet und das finanzielle Tief durchlaufen ist. "Dann haben wieder Luft zum Atmen, wir sehen Licht am Horizont", erklärte der Angeklagte.