
Mit herben Verlusten müssen sich sowohl Freie Wähler als auch die FDP im Landkreis auseinandersetzen. Bei den Freien Wählern hat sich der Erststimmenanteil von 10,1 auf 5,1 Prozent halbiert, die Zweitstimmen von 6,7 auf 3,8 Prozent. Die FDP landete bei jeweils etwa einem Drittel im Vergleich zur vorherigen Bundestagswahl, mit 2,3 Prozent der Erststimmen und 3,6 Prozent der Zweitstimmen.
Da kann FDP-Direktkandidat Noah Kirchgeßner nicht viel schönreden. Im Laufe des Wahlabends zeichnete sich ab, dass die Liberalen nicht im neuen Bundestag vertreten sein werden. "Das Ergebnis ist sehr ernüchternd und ich finde es schade, dass die liberale Stimme nicht einziehen konnte." Der 22-jährige Bürgstädter gibt sich nach seinem ersten Wahlkampf aber auch optimistisch: "Wir müssen gucken, woran es gelegen hat, das aufarbeiten und die Partei gegebenenfalls umkrempeln", so Kirchgeßner.
Dass sich die FDP anders ausrichten muss, dieser Meinung ist auch Kreisvorsitzender Werner Jannek. Wie das aussehen soll, auch auf den Landkreis bezogen, darauf hat er am Tag nach der Wahl noch keine konkreten Antworten. In einer Vorstandssitzung im März werde die Kreisgruppe darüber diskutieren: "Bis dahin wissen wir mehr", sagt Jannek und meint damit, dass sich bis dahin eine neue Parteiführung gefunden haben wird, nachdem Christian Lindner sich aus der aktiven Politik zurückzieht. "Wir wurden abgestraft für die Fehler, die wir gemacht haben, beziehungsweise die Parteiführung", sagt Jannek mit Blick auf die starken Einbußen im Landkreis. Aus seiner Sicht hätte das Ampel-Aus bereits vor einem Jahr von der FDP eingeleitet werden sollen.
Peter Utsch: Den Freien Wählern fehlen Gesichter auf Bundesebene
Der Direktkandidat der Freien Wähler, Volker Hepp, verfolgte das Wahlergebnis aus beruflichen Gründen aus Doha. "Ich hätte mir etwas mehr erwartet. Ich wäre zum Beispiel gerne vor dem Kandidaten der AfD gelandet und hätte mir persönlich ein ähnliches Ergebnis wie Jessica Klug 2021 gewünscht", so Hepp. Seine Stimmung sei aber trotzdem "okay", da es vermessen gewesen wäre, einen Sieg aus dem Stand zu erwarten.

Bundestagswahlen sind für die Freien Wähler generell eine größere Herausforderung als Landtags- und Kommunalwahlen, erklärt Kreisvorsitzender Peter Utsch. Ihm fehlen Gesichter in der Partei, denen auf Bundesebene in Bereichen wie Außen- und Sicherheitspolitik Kompetenzen zugeschrieben werden. "Auf diesen Feldern musst du heute mitreden können, wenn man in Berlin Politik machen will", sagt Utsch. Bei der Wahl 2021 seien diese Themen noch nicht so dominant gewesen, deshalb sei das Wahlergebnis besser ausgefallen als diesmal. Das Ziel, in den Bundestag einzuziehen, soll die Partei seiner Meinung nach nicht verwerfen und auch die Ausrichtung und die Themen sollen bleiben, nur ausgebaut werden.
Landeslisten-Kandidat des BSW sammelte um Marktheidenfeld Stimmen
Für ÖDP-Kandidat Wolfgang Winter war klar, dass er und seine Partei bei dieser Wahl nicht viel erreichen würden. Das liege auch daran, dass wegen der vorgezogenen Wahl nur wenig Zeit blieb, um Unterstützungsunterschriften zu sammeln. Für die Partei sei das ein "Horrorakt" gewesen. Der Sulzbacher (Lkr. Miltenberg) will sich nun auf die Kreis- und Bezirkswahl konzentrieren. Bei den Erststimmen erreichte die ÖDP 0,9 Prozent der Stimmen im Wahlkreis, bei den Zweitstimmen 0,3 Prozent.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht hatte keinen Direktkandidaten im Wahlkreis und landete insgesamt nur bei 3,2 Prozent der Zweitstimmen, kam aber in und um Marktheidenfeld auf Werte von knapp vier bis gut fünf oder in Esselbach sogar auf sechs Prozent. In diesem Teil des Landkreises hat Klaus-Jürgen Weinzettel seinen Wohnort; er steht auf der bayerischen Landesliste der Partei und ist nach eigenen Angaben Koordinator für Unterfranken.
"Ich wäre gerne Direktkandidat geworden", sagt er. Doch die Zeit habe gefehlt, um die nötigen Strukturen dafür zu bilden. "Wir bauen das jetzt erst auf", sagt Weinzettel voller Enthusiasmus. Ein Kuriosum hat er sich aus dem Wahlergebnis herausgepickt, auf das er direkt zu sprechen kommt: In Michelrieth, einem Marktheidenfelder Stadtteil mit 176 gültigen Zweitstimmen, fuhr das BSW ganze 25,6 Prozent ein.