
Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Würzburg (UKAM) hat ein Gutachten erstellen lassen, das am Dienstag veröffentlicht wird. "Wir wollen uns nichts vormachen, es hat auch in unserem pastoralen Raum Vorfälle gegeben, das wissen wir", sagte Manfred Goldkuhle auf einer Informationsveranstaltung am vergangenen Donnerstag im Pfarrheim St. Maria in Karlstadt. Anschließend referierte Pfarrer und Kirchenverwaltungsvorstand Simon Mayer darüber, wie mit dem Thema in der Pfarrei St. Andreas künftig umgegangen werden soll.
Von der Kirche, genauer der Diözese, erging daher der Auftrag an alle zugehörigen pastoralen Räume, für die jeweiligen kirchlichen Immobilien eine Risiko- und Schutzanalyse durchzuführen. In Karlstadt bezieht sich die Analyse auf die Stadtpfarrkirche St. Andreas und auf die Spitalkirche. Der Vollständigkeit halber wurden auch die Altenheimkapelle St. Lukas und das Pfarrheim am Kirchplatz aufgenommen. "Solche Vorfälle sollen und dürfen nicht mehr möglich sein. Bei der Analyse geht es darum, genauer hinzuschauen. Wo sind die Räume oder dunkle Ecken, wo solche Taten denkbar sind", so Mayer.
Für die Pfarrei in Karlstadt wurden zwei mehrseitige Analysen ausgearbeitet. Die Papiere halten im Detail fest, welche Räumlichkeiten innerhalb der Kirchengebäude wie zueinander angeordnet sind. Dabei wird festgehalten, wo es zum Beispiel "kurzzeitig zu unbeaufsichtigten eins-zu-eins-Situationen kommen" kann, die ein "übergriffiges oder missbräuchliches Verhalten begünstigen". Die Risiko- und Schutzanalyse hält auch fest, zu welchen Bereichen nur die Ministrierenden Zutritt oder eben keinen Zutritt haben, welche Toiletten nur von einer Person betreten werden dürfen und, dass beim Umziehen und Überziehen der Ministrantenkleidung keine ungefragte Hilfestellung geleistet werden darf.
Ministranten und Zeltlagerteam mit eingebunden
Für das Jugendzeltlager wurde eine zweite, zusätzliche Analyse erstellt. Pfarrer Mayer betont, dass die potenziell Betroffenen im Erstellungsprozess der Dokumente eingebunden wurden. "Wir haben mit den Ministrantinnen und Ministranten sowie mit dem Zeltlagerteam nochmal drübergeschaut", erklärt Mayer. Der Pfarrer weiß aber, dass keines der Papiere die Umsetzung von Maßnahmen ersetzen kann. "Papier ist geduldig", sagt er. "Die Herausforderung ist, eine Haltung rauszubekommen".
Aktuell sei man in der Pfarrei damit beschäftigt, die Ehrenamtslisten zu erstellen. Es werde ab diesem Jahr, und künftig turnusmäßig alle fünf Jahre, von allen Verantwortlichen verlangt, erweiterte polizeiliche Führungszeugnisse einzureichen. Das wird benötigt, wenn man in direktem Kontakt mit Kindern und Jugendlichen steht. Auch werde es Präventionsschulungen geben, die Präventionsberaterin Stefanie Bauer aus dem Pastoralteam anbieten wird.
Sollte es zu Vorfällen oder Grenzverletzungen kommen, ist Mayer unbedingt meldepflichtig. Zweimal musste er in den vergangenen beiden Jahren nach Vorfällen im pastoralen Raum Karlstadt mit Kerstin Schüller Kontakt aufnehmen. Sie ist Interventionsbeauftragte am Bistum Würzburg und für Betroffene sexualisierter Gewalt zuständig.
Was das eingangs erwähnte Gutachten zum sexuellen Missbrauch im Bistum Würzburg angeht, müsse man nun, nach dessen Veröffentlichung am Dienstag, ein paar Tage abwarten. "Der Bischof wird das lesen und sich erstmal nicht äußern. Am Montag in der Karwoche wird er dann ein Statement abgeben", erklärt Mayer. Am Mittwoch, 16. April, haben akut Betroffene in allen zugehörigen pastoralen Räumen die Möglichkeit, das Gespräch mit Seelsorgenden zu suchen. In Karlstadt wird das ab 18 Uhr in der Heiligen Familie möglich sein.
Die Realität, der Umgang der Kirche mit Mißbrauchsvorwürfen, läßt sich aktuell hier nachlesen:
https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/ein-priester-des-bistums-wuerzburg-setzt-sich-fuer-missbrauchsbetroffene-ein-das-hatte-fuer-ihn-einschneidende-folgen-art-11746578