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Wiesenfeld
Wiesenfeld-Prozess: Ein Gutachten bringt nicht wirklich Erkenntnis-Gewinn
Die Zeugenaussage von einem "mörderischen Schrei" hilft nicht, die Tatzeit einzugrenzen. Das Gericht tut sich weiter schwer, den Tod von Sabine B. aufzuklären.
Hinter verschlossenen Türen geht am Landgericht Würzburg die Suche nach der Wahrheit zum Tod der 13-jährigen Sabine vor 31 Jahren weiter. Ein Schallgutachten brachte am Freitag wenig neue Erkenntnisse.
Foto: Daniel Peter | Hinter verschlossenen Türen geht am Landgericht Würzburg die Suche nach der Wahrheit zum Tod der 13-jährigen Sabine vor 31 Jahren weiter. Ein Schallgutachten brachte am Freitag wenig neue Erkenntnisse.
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 18.10.2024 02:39 Uhr

Mühsam ist die Wahrheitssuche am Landgericht Würzburg zu Details im mutmaßlichen Mord an der 13-jährigen Sabine B. aus Wiesenfeld. Im Zentrum des zehnten von 60 geplanten Verhandlungstagen stand am Freitag ein laut Anklage "mörderischer Schrei". Den will eine Zeugin am Abend jenes 15. Dezember 1993 gehört haben, als Sabine im Stall des Aussiedlerhofes getötet wurde.

Kam dieser "mörderische Schrei“, der aus Richtung des Tatorts am Pferdehof gekommen sein soll, von der sterbenden Sabine? Und gibt er dem Gericht Hinweise auf die genaue Zeit ihres Todes? Dann könnten die drei Berufsrichter und zwei Schöffen besser abschätzen, was das Alibi des Angeklagten wert ist, der an jenem Abend des 15. Dezember gegen 18 Uhr bereits zuhause gewesen sein will.

Gericht zweifelte an Zeitangaben des Angeklagten

Schon beim Freispruch gegen einen anderen Verdächtigen hatte das Landgericht 1994 Zweifel. Im Freispruch betonten die Richter damals: Insbesondere konnte die große Jugendkammer weder den Angaben des heutigen Angeklagten, "er wäre 18.06 Uhr nach Hause gekommen, noch den Angaben seiner Mutter, dass er von 18 bis 18. 45 und ab 19.45 Uhr ununterbrochen zu Hause war, Glauben schenken".

Die Staatsanwaltschaft legt ihm jetzt zur Last, dass er zwischen 17.45 und 18.15 Uhr im Pferdestall war und Sabine für sexuelle Handlungen auf den Tennenboden gelockt haben soll. Die Zeugin, die den Schrei gehört haben will, ist inzwischen – wie mehrere andere Zeugen – gestorben. Ihre Kinder wissen 31 Jahre später nicht einmal mehr, ob die Verstorbene eine männliche oder weibliche Stimme schreien hörte.

Enttäuschendes Ergebnis eines Tests

Die Polizei versuchte mit einem so genannten Perzeptionsgutachten zu überprüfen, ob und wie gut man solche Schreie aus einiger Entfernung hören kann. Die Aussagekraft dieses Gutachtens war so gering, dass ein Richter vor zwei Jahren einen Prozess ablehnte und heftige Kritik an den Schlussfolgerungen der Ermittler äußerte: "Anders als im polizeilichen Schlussbericht der Eindruck erweckt wird," bestätige das Gutachten gerade nicht die Möglichkeit der von der Zeugin geschilderten Wahrnehmung.

Zwar verfolgt das Gericht auch weiterhin den Verdacht, dass neben dem Angeklagten auch der (ebenfalls verstorbene) Hoferbe am Mord oder der Beseitigung der Leiche beteiligt gewesen sein könnte.  Doch weder die Zeugenaussage der Verstorbenen noch das Gutachten brachte die Wahrheitsfindung am Freitag voran. Im Zimmer des Hoferben waren die nachgestellten Schreie bei aufwendigen Tests genauso wenig zu hören wie am damaligen Standort der Zeugin.

"Der Erkenntniswert ging gegen Null" erklärten einhellig Verteidiger Hanjo Schrepfer wie auch der Anwalt der Eltern Sabines, Jan Paulsen am Ende des Prozesstages. Der Vorsitzende Thomas Schuster schloss den Sitzungstag frustriert mit einem Goethe-Zitat: "Da steh‘ ich nun, ich armer Tor. Und bin so klug als wie zuvor."

Der Prozess wird am 15. Oktober fortgesetzt.

 
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