
Vom Rathaus im beschaulichen Gemünden (Lkr. Main-Spessart) hat es Hans Michelbach bis in den Deutschen Bundestag geschafft – und er ist lange dort geblieben. Nach stolzen 27 Jahren, in denen der Christsoziale als Parlamentarier in der großen Politik mitmischte, ist er dieses Jahr nicht mehr zur Wahl angetreten. Ein Rückblick auf seine politische Karriere hat nicht lange auf sich warten lassen. In seiner Heimatstadt stellte Michelbach jetzt seine Memoiren mit dem Titel "Auf der Suche nach Marktwirtschaft" vor.
Anders als es der Titel vermuten lässt, hat der 72-Jährige keine trockene, volkswirtschaftliche Abhandlung geschrieben. Tatsächlich finden sich in dieser Biografie einige amüsante Anekdoten, wie es so hinter den Kulissen der Politik zugeht. So schildert Michelbach, wie er zu seinen Zeiten als Gemündener Bürgermeister einmal CSU-Ikone Franz Josef Strauß nach sechs Schoppen davon abhalten musste, noch mehr Frankenwein zu trinken, weil dieser noch eine Rede vor sich hatte.
Für Schmunzeln sorgt aber auch die Geschichte, wie Michelbach als frischgebackener Abgeordneter in den 90er Jahren vom damaligen Würzburger Bundesminister Wolfgang Bötsch den Rat bekam, sich nur dann im Bundestag zu Wort zu melden, wenn er etwas Sinnvolles beizutragen habe. Denn "Dummpappler" gebe es schon genug im Parlament, so Bötsch.
Die SPD als Lieblingszielscheibe
Das Leitmotiv dieses Buchs ist jedoch Michelbachs Loblied auf die Soziale Markwirtschaft. So wollte der Kaufmannsohn schon im Jugendalter in die Fußstapfen seiner Eltern treten und selbst Unternehmer werden. Während sich seine Freunde für Elvis Presley begeisterten, habe er viel lieber Ludwig Erhards berühmtes Werk "Wohlstand für Alle" gelesen. Seine Begeisterung für eine Wirtschaft, die möglichst frei von staatlichen Regulierungen ist, zieht sich bis in die Gegenwart durch. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie warnte er in einer Bundestagsrede zum Beispiel vor einem "Überbietungswettbewerb für Staatshilfen".
Der ehemalige Vorsitzende der Mittelstands-Union hält in seinem Buch mit Kritik nicht hinterm Berg. Seine Lieblingszielscheibe ist die SPD. Von Willy Brandt bis Olaf Scholz: Michelbach lässt kaum ein gutes Haar an den Sozialdemokraten. Überhaupt ist linke Politik für ihn ein rotes Tuch. Einen Staat, der sich "geradezu kleptomanisch an Einkommen und Gewinnen bedienen will", lehnt er ab. Wenn es ihm um seine tiefsten Überzeugungen geht, macht der ehemalige Abgeordnete auch nicht Halt vor Seitenhieben gegen Leute aus den eigenen Reihen. So war ihm Bundeskanzlerin Angela Merkel letztlich ebenfalls zu links. Sie habe die Strategie verfolgt, die SPD überflüssig zu machen. "Aber von dieser Raubkopie" habe er nichts gehalten, so Michelbach.
Immer für eine Überraschung gut
Nur mit Kritik an der eigenen Person ist der ehemalige Parlamentarier in seinem Buch etwas sparsam. Ob unternehmerische Tätigkeit ("Es ging immer weiter bergauf") oder politische Karriere: Was ihn selbst anbelangt, liest sich "Auf der Suche nach Marktwirtschaft" zuweilen, als wäre alles zu Gold geworden, was der Gemündener in seinem Leben angefasst hat.
Fast schon wohltuend ist da eine Stelle, wenn Michelbach aus einem Bericht der Main-Post zitiert, der auf seine ersten zehn Jahre als Gemündener Bürgermeister zurückblickt. "Bei all seiner Liebe zum kräftigen Austeilen: Dünnhäutig ist Hans Michelbach", schrieb diese Zeitung damals. Zumindest indirekt offenbart uns der 72-Jährigen also auch Schwächen. Weiter heißt es in dem Artikel übrigens: "Hans Michelbach ist immer für eine Überraschung gut." Es bleibt also abzuwarten, was ihm im (Un-)Ruhestand noch einfällt.
Buchtipp: "Auf der Suche nach Marktwirtschaft – Als Unternehmer in der Politik", von Hans Michelbach, gebunden, 320 Seiten, Herder-Verlag, ISBN 978-3-451-39353-2, 26 Euro
Schade - aber gerade wegen Ihre s Schweigens auch vielsagend -, dass Sie da nix konkretes mehr liefern wollen oder können. aber ich habe nix anderes erwartet....