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Gemünden
Wie Hans Michelbach einst Franz-Josef Strauß vom siebten Schoppen abhielt
Erst war er Bürgermeister von Gemünden, dann im Bundestag. Nach Jahrzehnten in der Politik blickt Hans Michelbach in einem Buch auf die Karriere zurück. Was ihm wichtig ist.
Bei der Buchvorstellung in Gemünden: Nach 43 Jahren als Unternehmer in der Politik hat Hans Michelbach seine Erlebnisse in dem Buch 'Auf der Suche nach Marktwirtschaft' zusammengefasst. 
Foto: Helmut Hussong | Bei der Buchvorstellung in Gemünden: Nach 43 Jahren als Unternehmer in der Politik hat Hans Michelbach seine Erlebnisse in dem Buch "Auf der Suche nach Marktwirtschaft" zusammengefasst. 
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:36 Uhr

Vom Rathaus im beschaulichen Gemünden (Lkr. Main-Spessart) hat es Hans Michelbach bis in den Deutschen Bundestag geschafft – und er ist lange dort geblieben. Nach stolzen 27 Jahren, in denen der Christsoziale als Parlamentarier in der großen Politik mitmischte, ist er dieses Jahr nicht mehr zur Wahl angetreten. Ein Rückblick auf seine politische Karriere hat nicht lange auf sich warten lassen. In seiner Heimatstadt stellte Michelbach jetzt seine Memoiren mit dem Titel "Auf der Suche nach Marktwirtschaft" vor.

Anders als es der Titel vermuten lässt, hat der 72-Jährige keine trockene, volkswirtschaftliche Abhandlung geschrieben. Tatsächlich finden sich in dieser Biografie einige amüsante Anekdoten, wie es so hinter den Kulissen der Politik zugeht. So schildert Michelbach, wie er zu seinen Zeiten als Gemündener Bürgermeister einmal CSU-Ikone Franz Josef Strauß nach sechs Schoppen davon abhalten musste, noch mehr Frankenwein zu trinken, weil dieser noch eine Rede vor sich hatte.

Für Schmunzeln sorgt aber auch die Geschichte, wie Michelbach als frischgebackener Abgeordneter in den 90er Jahren vom damaligen Würzburger Bundesminister Wolfgang Bötsch den Rat bekam, sich nur dann im Bundestag zu Wort zu melden, wenn er etwas Sinnvolles beizutragen habe. Denn "Dummpappler" gebe es schon genug im Parlament, so Bötsch. 

Die SPD als Lieblingszielscheibe

Das Leitmotiv dieses Buchs ist jedoch Michelbachs Loblied auf die Soziale Markwirtschaft. So wollte der Kaufmannsohn schon im Jugendalter in die Fußstapfen seiner Eltern treten und selbst Unternehmer werden. Während sich seine Freunde für Elvis Presley begeisterten, habe er viel lieber Ludwig Erhards berühmtes Werk "Wohlstand für Alle" gelesen. Seine Begeisterung für eine Wirtschaft, die möglichst frei von staatlichen Regulierungen ist, zieht sich bis in die Gegenwart durch. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie warnte er in einer Bundestagsrede zum Beispiel vor einem "Überbietungswettbewerb für Staatshilfen". 

Der ehemalige Vorsitzende der Mittelstands-Union hält in seinem Buch mit Kritik nicht hinterm Berg. Seine Lieblingszielscheibe ist die SPD. Von Willy Brandt bis Olaf Scholz: Michelbach lässt kaum ein gutes Haar an den Sozialdemokraten. Überhaupt ist linke Politik für ihn ein rotes Tuch. Einen Staat, der sich "geradezu kleptomanisch an Einkommen und Gewinnen bedienen will", lehnt er ab. Wenn es ihm um seine tiefsten Überzeugungen geht, macht der ehemalige Abgeordnete auch nicht Halt vor Seitenhieben gegen Leute aus den eigenen Reihen. So war ihm Bundeskanzlerin Angela Merkel letztlich ebenfalls zu links. Sie habe die Strategie verfolgt, die SPD überflüssig zu machen. "Aber von dieser Raubkopie" habe er nichts gehalten, so Michelbach.

Immer für eine Überraschung gut

Nur mit Kritik an der eigenen Person ist der ehemalige Parlamentarier in seinem Buch etwas sparsam. Ob unternehmerische Tätigkeit ("Es ging immer weiter bergauf") oder politische Karriere: Was ihn selbst anbelangt, liest sich "Auf der Suche nach Marktwirtschaft" zuweilen, als wäre alles zu Gold geworden, was der Gemündener in seinem Leben angefasst hat.

Fast schon wohltuend ist da eine Stelle, wenn Michelbach aus einem Bericht der Main-Post zitiert, der auf seine ersten zehn Jahre als Gemündener Bürgermeister zurückblickt. "Bei all seiner Liebe zum kräftigen Austeilen: Dünnhäutig ist Hans Michelbach", schrieb diese Zeitung damals. Zumindest indirekt offenbart uns der 72-Jährigen also auch Schwächen. Weiter heißt es in dem Artikel übrigens: "Hans Michelbach ist immer für eine Überraschung gut." Es bleibt also abzuwarten, was ihm im (Un-)Ruhestand noch einfällt.

Buchtipp: "Auf der Suche nach Marktwirtschaft – Als Unternehmer in der Politik", von Hans Michelbach, gebunden, 320 Seiten, Herder-Verlag, ISBN 978-3-451-39353-2, 26 Euro

Hans Michelbach

Der gelernte  Groß- und Außenhandelskaufmann wurde 1949 in Gemünden geboren. Schon seine Eltern waren Kaufleute, 1972 trat Hans Michelbach in deren Betrieb ein und gründete in Gemünden die Michelbach KG. 1976 trat er in die CSU ein, sechs Jahre später wurde er zum  Bürgermeister von Gemünden (Lkr. Main-Spessart) gewählt. Nach zwölf Jahren als Stadtoberhaupt wurde Michelbach 1994 über die CSU-Landesliste erstmals in den Deutschen Bundestag gewählt. Ab 2002 war er Wahlkreisabgeordneter für Coburg/Kronach, bis er 2021 nicht wieder für ein Mandat kandidierte. Michelbach ist verheiratet und hat drei Töchter.
 cwi
 
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    der Hans - der kanns zwinkern
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  • H. M.
    ich frag mich immer noch wo damals über Nacht auf einmal seine Liebe zu Coburg herkam? und das ohne einen vorherigen Bezug zu diesem Flecken? oder waren es doch die schönen Bundestags-Tantiemen? Adios Amigo!
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    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • F. H.
    An manchem, was nicht "zu Gold" geworden ist, hat die Stadt Gemünden heute noch zu knabbern.
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  • A. H.
    Haben Sie da ein nachprüfbares!! Beispiel? Dann heraus Damit. Ansonsten naja... bzw. hätten se besser geschwiegen....
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  • W. M.
    @Noja: Dann nennen Sie doch einmal Details, mit denen Michelbach zur Verschuldung Gemündens beigetragen hat. Ganz im Gegenteil: Er hat per VG-Urteil den Landkreis MSP zum Eigentümer der Mainbrücke machen lassen. Hätte man diesen Weg konsequent vor dem VGH verfolgt, wäre Gemünden heute um Millionen reicher. Und nochmals: Die Schuldenverknappung Gemündens war der Umschichtung der Stadtwerke geschuldet - mit einer SchuldenverSCHIEBELung auch zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger. Und der heutige Schuldabbau ist derart gering, dass er der Rede nicht wert ist. Schwarz-Schilling wollte damals ein Batterienwerk nach Gemünden bauen - wurde von den Grünen abgelehnt. Heute WÜRDEN wir vielleicht in Gemünden Akkus für Pedelec und E-Motoren bauen.... Aber nein, heute IST Gemünden auf einen absteigenden Ast - und wird immer mehr zum sozialen Brennpunkt. Irgenwann wird man wirklich nicht mehr wissen, wie man die Daseinsfürsorge für die Mitbürgerinnen und Mitbürger finanzieren kann.
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  • A. H.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • A. H.
    @ noja:
    Schade - aber gerade wegen Ihre s Schweigens auch vielsagend -, dass Sie da nix konkretes mehr liefern wollen oder können. aber ich habe nix anderes erwartet....
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  • P. K.
    Mich täte ja mal interessieren wie FJS mit 6 Schoppen im Hirn in seiner Rede vortrug. Und was tat er danach? Reden macht ja bekanntlich durstig.
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  • G. G.
    Nachdem Herr Michelbach zu den Abgeordneten gehört, die die höchsten Nebeneinkünfte neben ihrer eigentlichen Vollzeitbeschäftigung als Parlamentarier haben, wenn er nicht sogar die Tabelle anführt, scheint wohl tatsächlich alles zu Gold geworden zu sein, was er angefasst hat…. zwinkern
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  • A. H.
    Neidisch? Aber der Neid ist doch eigentlich eher grün als rot🤣
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  • H. K.
    Neid ist gelb, grün ist die Hoffnung!
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  • A. H.
    Nee, mehrheitlich grün!
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  • J. S.
    Danke für den Hinweis, wir haben den Fehler korrigiert.
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