
Eugen Feser kann sich noch gut an den Luftangriff auf Wernfeld erinnern. Gerade noch hatten er und sein Bruder Heinrich es in den Keller ihres Hauses in der Hauptstraße geschafft, als schon die Bomben fielen. Dort harrten sie mit ihrer Mutter und rund 20 weiteren Personen aus. Es war ihr Glück, dass es den damals zehnjährigen Eugen zu seiner Mutter gezogen hatte und sie nicht in den Keller des Kaufhauses Gerlach gingen. Das stattliche Kaufhaus wurde von einer Bombe getroffen. "Es war ganz und gar weg", erinnert sich Feser. 25 Menschen starben im Gerlachskeller, darunter an ihrem 50. Geburtstag die Wernfelderin Barbara Kernwein.
An jenem 4. April 1945 gingen Eugen und sein Bruder Heinrich (13) wie viele andere ein Versorgungsschiff der Wehrmacht, das gegenüber von Harrbach lag, plündern. Die Mutter, die die Post in Wernfeld hatte und nicht wegkonnte, hatte Eugen geweckt, dass das Schiff mit Lebensmitteln dort liege. Er besorgte sich bei Tante Gretel ein Wägelchen, mit dem die Brüder loszogen.

Mehrere Dutzend Leute holten sich von dem Schiff, das gleich oberhalb der Fähre lag, was sie brauchen konnten, erinnert sich der heute 90-Jährige. Während er am Ufer beim Handwagen bleiben sollte, ging sein Bruder auf das Schiff und lud das Wägelchen voll. Heinrich ärgerte sich, dass irgendwer den Inhalt des Wägelchens leerte, auf das Eugen hätte aufpassen sollen. Also mussten sie es erneut vollladen. Eugen kann sich an Speisefett erinnern, an Kekse, Kölnisch Wasser, Wurstdosen und ungesalzene Butter.
Dass Eugen Feser heim zur Mama wollte, rettete den Brüdern das Leben
Sein Bruder habe ihn auf dem ganzen Heimweg geschimpft. Als sie wieder nach Wernfeld kamen und die Hauptstraße entlanggingen, kamen Tiefflieger. Sein Bruder wollte in den Keller des Kaufhauses, aber Eugen sträubte sich heftig, weinte und schrie: "Nein, ich will heim zu meiner Mama." Das rettete ihm und dem Bruder das Leben. Als sie bei ihrer Mutter ankamen, eilten sie mit ihr in den Keller von Maria Federlein. Das Haus stand gegenüber der jetzigen Bäckerei Bock und hatte einen guten Keller, erinnert sich Feser.
Dort hatten sie früher auch schon übernachtet, wenn wieder Gefahr im Verzug war. Schon im Herbst 1944 wurde die Scheune des Landwirts Gustav Müller von US-Jagdbombern in Brand geschossen. Die Tiefflieger griffen einen Zug an, der gerade in Höhe der Wernfelder Kirche vorbei dampfte. Ende 1944 war beim Dorf außerdem ein deutscher Militärzug von Fliegern beschossen worden.
Zwei Soldaten verließen den Keller wieder – und wurden erst Tage später tot gefunden
Nach den Fesers kamen noch mehrere Nachbarfamilien in den Keller. Dann fielen Bomben. Im Keller mit dabei waren auch zwei deutsche Soldaten, die ihr Quartier in einer nahen Scheune hatten. Die hätten es aber im Keller zu unsicher gefunden und seien plötzlich wieder raus. Sie gingen zurück in die Scheune im Hof. Kurz darauf ein furchtbarer Schlag: Die Kellertüre flog durch den starken Luftdruck auf und die Leute im Keller konnten sehen, dass die Scheune dem Erdboden gleichgemacht war. Die beiden getöteten Soldaten fand man einige Tage später.

Theodor Obenhin bekam im Keller plötzlich schwere Atembeschwerden, und seine Mutter schickte Eugen zum Pfarrer. Er kam aber nur bis zum Gasthaus Pfister. Das Hinterdorf nach dem Gasthaus lag in Trümmern. Beim Haus seiner Schulkameradin Agnes Dotter kurz hinter dem Gasthaus war der Giebel eingefallen. Als sie im Monat darauf, wie auch Eugen, zur Kommunion ging, war der Giebel notdürftig mit Planen abgehängt. Später wurde er wieder neu gemauert, das Haus steht heute noch. Weil im Dorf Kommunion war, musste der Schutt etwas weggeräumt werden.
Auch eine hochschwangere Frau und ihr Mann auf Fronturlaub waren unter den Opfern
Insgesamt starben an jenem 4. April in Wernfeld 32 Menschen, darunter drei Soldaten. Unter den Toten im Gerlach-Keller (heute Karlstadter Straße 110, gegenüber der neuen Kirche) war auch ein aus Saarbrücken stammender Schulkamerad namens Albert, erinnert sich Feser. Dessen Mutter war herausgeschleudert worden und überlebte. Unter den Toten des Luftangriffs war auch das Ehepaar Otto und Mathilde Ammersbach. Der 28-Jährige, der Onkel von Fesers Frau Christa, hatte Fronturlaub erhalten, da seine hochschwangere Frau in wenigen Tagen niederkommen sollte.

Bombenopfer habe Feser gottlob selbst nicht gesehen. Er kann sich lediglich daran erinnern, dass sie den schon alten Ludwig Lengler mit einem blutenden Arm auf einer Trage zu den Nonnen im Kindergarten brachten. Allerdings brannte der damals aus.
Bomben fielen auf den hinteren Teil der Hauptstraße
Feser wundert sich, dass der Kampfmittelräumdienst neulich vor Beginn der Erneuerung der Oberdorfstraße nach Bomben suchte. "Da oben war nix." Wernfeld sei ein Straßendorf mit nicht viel mehr als der Hauptstraße (heute Karlstadter Straße) gewesen. Das Kaufhaus Gerlach wurde wieder aufgebaut und bis 1975 als Gemischtwarenladen, danach als Gaststätte "Grüner Baum" genutzt. Seine Erinnerungen an unter anderem die Bombardierung hat Feser auch im Büchlein "Wernfeld, meine Heimat" niedergeschrieben.
Ein Gottesdienst zum Gedenken an die Toten des Luftangriffs auf Wernfeld findet am Dienstag, 8. April, um 19 Uhr statt.