
Bevor die Oberdorfstraße in Wernfeld nach und nach aufgegraben und erneuert wird, ist am Mittwoch zunächst einmal der Kampfmittelräumdienst angerückt. Bei der Sondierung sowohl anhand von alten Luftbildern als auch mit einem elektromagnetischen Messgerät waren in der maroden Straße zuvor acht "Anomalien", also verdächtige Stellen, festgestellt worden. Könnten dort womöglich Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg liegen? Schließlich war Wernfeld Anfang April 1945 bei einem Luftangriff schwer getroffen worden. "Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme", sagte Henry Bürgermeister, technischer Leiter des Kommunalunternehmens Stadtwerke Gemünden (KU).
Die verdächtigen Stellen, sieben oberhalb der neuen Kirche, eine achte am Beginn der Straße im Altort, waren markiert und wurden am Mittwoch von einem Bagger der Baufirma Zöller (Triefenstein) eine nach der anderen aufgegraben. Als sich im ersten Loch die alte Wasserleitung als Verursacher fand, war sich Werner Siegel von der Firma B-MOS Baugruppe Munition Ortungsservice GmbH bereits recht sicher, dass es an den anderen Stellen vermutlich auch die alte Wasserleitung sein wird. KU-Vorstand Roland Brönner sagte, die alte Leitung aus Eisen sei bei Inbetriebnahme der neuen aus Kunststoff in der Straße belassen worden – und sorge deshalb jetzt noch einmal für Ärger.
Anwohnerin: Bomben sind weiter unten im Dorf gefallen
Eine 85-jährige Anwohnerin, die bei den Grabungsarbeiten vorbeikam, sagte: "Da waren keine Bomben." Die seien weiter unten in der Karlstadter Straße gefallen. Als sie 1950 in ihr Haus gezogen sei, sei hier auch noch keine Straße gewesen, sondern nur ein Weg. So einfach könne man das mit den Bomben, die hier nicht gefallen seien, auch nicht sagen, sagte Kampfmittelräumer Siegel, der extra aus Landshut angefahren ist. Bomben seien schon mal etwas daneben gefallen.

Eine Baufreigabe gibt es laut Henry Bürgermeister erst, wenn die Fachfirma alle verdächtigen Stellen überprüft hat. In Gemünden müsse das KU das aufgrund der Bombardierungen und Kampfhandlungen am Ende des Krieges bei jeder Baustelle machen lassen. Das sei aufwendig und teuer, aber es müsse sein, um ein Risiko auszuschließen.
Auch auf der Baustelle für den Gemündener Kindergarten St. Martin wurde nichts gefunden
Im zweiten Loch war allerdings nicht die alte Wasserleitung der Störpunkt, sondern ein Stück Baustahl in der Straße. Im dritten fand sich ein alter Wasserschieber. Werner Siegel hatte eine Sonde dabei, mit der er die verdächtigen Stellen noch einmal überprüfte. Er erzählte, dass er vor vier Wochen auch in Gemünden war. Auf dem Sportplatz gegenüber der Scherenberghalle, wo der neue städtische Kindergarten St. Martin gebaut werden soll, habe sich an mehreren verdächtigen Stellen auch nichts Gefährliches gefunden.
"Es ist gut, dass die Straße jetzt gemacht wird", sagte ein Anwohner von weiter unten, durch Lkw, etwa von der Müllabfuhr, sei die Straße sehr in Mitleidenschaft gezogen worden, weil sie keinen gescheiten Unterbau habe. Die 85-jährige Anwohnerin war hingegen der Meinung, sie hätte auch noch gut mit dem derzeitigen Zustand leben können. "Es ist gut, dass sie so lange gewartet haben", sagt der Anwohner weiter. "Jetzt müssen wir nichts bezahlen." Wäre sie früher gemacht worden, hätten die Anwohner Straßenausbaubeiträge bezahlen müssen.
Die Löcher wurde nach dem Aufgraben nur provisorisch wieder verschlossen. Am Ende soll ja sowieso die ganze Straße Stück für Stück aufgegraben werden.