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Karlstadt
Wie es zu der Entscheidung für den Abriss der Gründerzeitvilla am Müllerklein-Kreisel in Karlstadt kam
Die Eigentümer hatten mehrjährige Planungsphasen hinter sich. Die einzige für sie verträgliche Zufahrt wurde abgelehnt.
Da stand noch ein Teil der Villa in der Eußenheimer Straße 5. Im Vordergrund ist bereits der Unterbau für die Zufahrt zur künftigen Garage, die zum Kreisverkehr hin orientiert sein wird.
Foto: Karlheinz Haase | Da stand noch ein Teil der Villa in der Eußenheimer Straße 5. Im Vordergrund ist bereits der Unterbau für die Zufahrt zur künftigen Garage, die zum Kreisverkehr hin orientiert sein wird.
Karl-Heinz Haase
Karlheinz Haase
 |  aktualisiert: 25.02.2025 02:36 Uhr

Mit den Behörden habe es keine einvernehmliche Lösung gegeben. Damit hat der Junior-Inhaber der Karlstadter Baumschule Müllerklein, Dominik Rüb, in der vergangenen Woche den Abriss der Gründerzeitvilla in der Eußenheimer Straße 5 begründet. Was steckt genau dahinter? Im Kern geht es um ein höchst profanes Thema: die Zufahrt zu dem Grundstück.

Die Eußenheimer Straße (B 27) vor der Hausnummer 5 befindet sich zwar innerhalb der Ortsschilder. Doch die Eußenheimer Straße wird juristisch wie eine außerörtliche Straße gesehen. Rüb: "Sie wurde leider nie zu einer innerörtlichen Erschließungsstraße umgewidmet." Diesen Status hat beispielsweise die Arnsteiner Straße, die ja ebenfalls Bundesstraße ist (B26).

Ironie der Geschichte: Die Baumschule Müllerklein hat zwar für den Bau der Nordbrücke Fläche an die Öffentlichkeit abgegeben, die zur Baumschule gehörige Villa indes erhielt nie eine eigene Anbindung, wurde damals quasi links liegengelassen.

Drei Varianten der Zufahrt

Die Südansicht der Renovierungsplanung der Eußenheimer Straße 5, der nun abgerissenen Villa, mit nicht genehmigter Zufahrt zur Eußenheimer Straße.
Foto: Dominik Rüb | Die Südansicht der Renovierungsplanung der Eußenheimer Straße 5, der nun abgerissenen Villa, mit nicht genehmigter Zufahrt zur Eußenheimer Straße.

Rüb hätte gerne eine Zufahrt am Ostrand des Grundstücks gebaut – also direkt an der Grenze zur derzeit zum Verkauf stehenden "Hohenwarter-Villa" in der Eußenheimer Straße 7. Das erlaubte das Staatliche Bauamt nicht. Von dieser Behörde kam beispielsweise der Vorschlag, die Eußenheimer Straße 5 über einen langen Weg durch das Betriebsgelände der Baumschule anzubinden. Das aber hält Rüb nicht für zukunftsfähig. Die weitere Entwicklung der Baumschule sollte nicht eingeschränkt werden. Und die Villa sollte eigenständig sein.

Ein weiterer Vorschlag war, die Zufahrt zur Eußenheimer Straße 5 könnte "hinten herum" über die Zufahrt zum künftigen Kindergarten erfolgen. Dafür aber hätte der Vorgarten des Hauses in der Eußenheimer Straße 9a – dem Elternhaus von Dominik Rüb – geopfert werden müssen. Auch hier spielt wieder der Aspekt der klaren Trennung der Grundstücke eine Rolle. Zufahrten über andere Grundstücke versucht man heute zu vermeiden.

Aus der Stadtverwaltung Karlstadt kam der Vorschlag, die Zufahrt ungefähr gegenüber der Zufahrt zur Eußenheimer Straße 1 (Architekt Heßdörfer) anzulegen. Das aber hätte sich mit den Plänen für die nun abgerissene Villa "gebissen". Denn im Norden des Gebäudes sollte ein moderner Anbau angegliedert werden, im Nordosten eine Garagenhalle. Die Garage sollte bewusst nicht Richtung Kreisverkehr angeordnet werden, um nicht die Sicht auf das schöne Wohngebäude zu verstellen und umgekehrt nicht die Sicht aus den großen Wohnräumen heraus zu verbauen. Man hätte eine lange Straße durch das Grundstück um den modernen Anbau herum bis zur Garage bauen müssen. Unter anderem hätten dafür riesige Bäume fallen müssen.

Planungsrechtlich verzwickt: Kleines Wohnhaus an der Villa wäre Außenbereich

Neben der Zufahrt spielte das Bauplanungsrecht eine Rolle. Ursprünglich – im Jahr 2017 – wollten Dominik und Carolin Rüb ein kleines Wohnhaus nördlich der Villa in der Eußenheimer Straße 5 errichten. Die Villa sollte erhalten bleiben und weiterhin vermietet werden. Für das kleine Wohnhaus, das unstrittig im Außenbereich vorgesehen war, hatte Dominik Rüb ein vereinfachtes Bauleitplanverfahren angestrebt. Er bedauert: "Das aber wollte die Stadt nicht umsetzen."

Zwischen dem Auto und der roten Mauer der 'Hohenwarter-Villa' hätten die Rübs gerne die Zufahrt angelegt.
Foto: Karlheinz Haase | Zwischen dem Auto und der roten Mauer der "Hohenwarter-Villa" hätten die Rübs gerne die Zufahrt angelegt.

Die Stadtverwaltung beruft sich dabei allerdings auf das Landratsamt: "Diese Beurteilung erfolgte durch die Baugenehmigungsbehörde, das Landratsamt." Andererseits räumt die Stadt ein: "Dem Konzept eines Bebauungsplans, isoliert nur für das private Wohnhaus des Antragstellers, konnte die Stadt nicht nachkommen (Bauleitplanung für einen Einzelnen)."

Als nächste Lösung wollten die Rübs selbst in die Villa einziehen und das oberste Geschoss als Mietwohnung belassen. Es blieb aber strittig, ob die Lage dieses Gebäudes nun als Außenbereich oder Innenbereich gilt. Rüb: "Dafür gibt es keine Messskala, es ist eine Frage der Wertung und Auslegung." Die eigene Anwältin habe auf Innenbereich plädiert, das Landratsamt aber habe darauf beharrt, es sei Außenbereich. Und die Stadt versagte zunächst das Einvernehmen mit dem Bauvorhaben im Außenbereich.

Verfahren in letzter Minute gekippt

Die Rübs verzichteten auf eine langwierige juristische Auseinandersetzung und planten den Umbau der Villa, denn die Stadt begann gerade mit der Bauleitplanung für den Kindergarten, in die alle fünf bestehenden Häuser in diesem Bereich mit einbezogen werden sollten. Dies sollte im vereinfachten Verfahren geschehen, das damals für Wohngebiete mit weniger als einem Hektar möglich war. Doch kurz vor Beendigung des Verfahrens wurde dieses im Juli 2023 durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wegen Nichtvereinbarkeit mit EU-Recht gekippt. Letzteres besagt, dass Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs einer Gemeinde nicht im beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung überplant werden dürfen.

In der Eußenheimer Straße 1 steht das Pendant zum jetzt abgerissenen Haus. Mit einem ähnlichen Steinmosaik wie hier wäre der Garagenanbau in der Eußenheimer Straße 3 verkleidet worden.
Foto: Karlheinz Haase | In der Eußenheimer Straße 1 steht das Pendant zum jetzt abgerissenen Haus. Mit einem ähnlichen Steinmosaik wie hier wäre der Garagenanbau in der Eußenheimer Straße 3 verkleidet worden.

Die Stadt Karlstadt reagierte auf die Rechtsänderung mit einer neuen Verfahrensart. Zwar "rutschte" die Villa mit der "Entwicklungssatzung in Verbindung mit der Einbeziehungssatzung" nun juristisch vom Außenbereich in den bebauten Bereich, um es vereinfacht auszudrücken. Und die Stadt genehmigte die Umbaupläne. Auch das Landratsamt war einverstanden, wie es auf Anfrage heißt.

Dabei aber blieb das oben geschilderte Problem der Zufahrt, bei dem Rüb dem Staatlichen Bauamt ankreidet, dass diese nicht direkt neben dem "Hohenwarter-Grundstück" erlaubt wurde. Angesichts der im wahrsten Sinne des Wortes ausweglosen Lage entschied sich Rüb schließlich zum Abriss der Villa.

Pendant zur Eußenheimer Straße 1

Wie es hätte werden können, zeigen die Pläne. Ähnlich wie in der vom Architekten Thorsten Heßdörfer sanierten zweiten ehemaligen Müllerklein-Villa in der Eußenheimer Straße 1 sollte das Nebengebäude mit einem sandsteinählichen Mosaik versehen werden. Die ersten beiden Stockwerke hätten Dominik und Carolin Rüb bewohnt. Ihr Sohn hatte sich schon auf sein künftiges Kinderzimmer eingestellt.

Nun wird dort ein neues Wohnhaus gebaut, dessen Hauptwohnräume mehr nach Nordwesten orientiert sind. Die Zufahrt erfolgt über die Brückenauffahrt. Die Garage wird zum Kreisel hin orientiert. Die großen, alten Bäume können stehenbleiben.

Gründerzeitvilla war nicht denkmalwürdig

Die von Clemens Müllerklein erbaute Gründerzeitvilla in der Eußenheimer Straße 5 war nicht in die Denkmalliste eingetragen. Sie sei begutachtet worden, aber: "Sie erfüllte nicht die Kriterien des Denkmalschutzgesetzes", erklärt Dr. Christian Dümler vom Landesamt für Denkmalpflege. Es gebe allerdings Städte, die "unterhalb der Schwelle von Denkmälern mit einer eigenen Gestaltungssatzung den Erhalt von alter Bausubstanz fördern".

 
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Kommentare
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  • Paul Merklein
    Der Autor legt dem Bauwilligen de facto die Aussage in den Mund und spricht von " den schönen Blick auf die Villa nicht zu verbauen". Wenn das ein wichtiger Aspekt war, warum dann der Abriss?
    Des weiteren ist Bauleitplanung für einen Einzelnen grundsätzlich möglich, was in der Regel damit gelöst wird, dass dieser Einzelne alle Kosten der Bauleitplanung dann zu tragen hat.
    Im vorliegenden Fall wurde zu wenig guter Wille und lösungsorientiertes Handeln gezeigt. Und ggf. waren die Fronten schon so verhärtet, dass dann solche Ergebnisse herauskommen. Schade.
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  • Frank Stößel
    Oh, Sanctus Bürokratius! Dieses Beratungstheater veranschaulicht so manches Verwaltungsverhalten in Dorf, Stadt, Landkreis, Freistaat Bayern und Bundesrepublik Deutschland bis in die EU-Bürokratie hinein als Zickzackkurs durch die Institutionen z.B. aktuell in der Hilfe für die geschundene Ukraine und im Ducken vor Putin & Trump. Man müsste lachen, wenn das alles nicht zum Weinen wäre. Das Getue in Karscht erinnert mich auch ein wenig an Edi Stoiber mit seinem berühmt berüchtigten, Kabarett tauglichen Zögern & Zaudern:"Ja, nein, äh, ja, ich habe, äh. Prinzipiell haben Sie ja Recht, aber usw, usw." Wollte und sollte unser Alt-MP nicht für Entbürokrstisierung in der EU sorgen? Ja, eigentlich schon. Kam dabei was raus? "Ja, äh, nein, doch schon, ja, heiße Luft." Tara, Tara, helau! Recht haben Sie getan, Familie Rüb. Viel Glück beim und im Neubau.
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  • Bernhard Roschlau
    Typisch deutsch. Der Ruf bzw. Wunsch nach Bürokratieabbau - nie und nimmer zu erfüllen !
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  • Brigitte Kinz
    Für das neue Wohngebäude erfolgt die Zufahrt über die Brückenauffahrt. Aus dem Artikel erschließt sich mir nicht, weshalb dies für die Villa nicht auch möglich gewesen wäre.
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  • Steffen Cyran
    Dann einfach den Artikel in Ruhe nochmal lesen.

    Die Nebengebäude mit Garage waren nordöstlich der Villa gewesen, man hätte komplett um das Haus herum eine Zufahrt bauen müssen, sozusagen vor der Villa durch den ganzen Garten.
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Hm - @ Brigitte Kinz -

    wahrscheinlich kriegt man, wenn man ein altes Haus herrichten will, von den Behörden unterstellt, man hat offenbar zuviel Geld und kann daher jeden Betrag für jeden ### lockermachen.

    Wenn dagegen jemand neu bauen will, gibt es eh schon einen Haufen Auflagen, die recht zuverlässig eine einfache Umsetzung verhindern, da braucht man vielleicht die Zufahrt nicht auch noch totzureglementieren - oder das kommt, wenn der Rohbau steht und der Bauherr sich schon über das Licht am Ende des Tunnels gefreut hat...

    OK. Ich bin ein boshafter Mensch.

    Auf jeden Fall dürfte dann "Kaarscht" ein schönes altes Haus weniger haben und die Schuhschachtel"architektur" ein weiteres Mal jubeln. Das nun ist mein (trauriger) Ernst.
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