124 Kugeln Eis lässt sich ein Deutscher im Jahr schmecken – laut dem Statistischen Bundesamt. Die Lieblingssorte hierzulande ist trotz jährlich neuer Kreationen noch immer die klassische Schokolade. Ein gutes Dutzend Eisdielen, die ihre Ware selbst herstellen, gibt es im Landkreis Main-Spessart.
Bereits im vergangenen Jahr habe sich nach Aussage der Eismacher eine Preiserhöhung der Rohstoffe angekündigt. Der Krieg in der Ukraine führt seit dem Frühjahr, dem Beginn der Eissaison, zu weiteren Preisexplosionen bei den Zutaten. Diese führten zu einer generellen Verteuerung der leckeren Kühlspeise. Die Preise für spezielle Zuckersorten, beispielsweise Dextrose, hätten sich mehr als verdoppelt, erklären Inhaber von Eisdielen bei unserer Umfrage.
Ab drei Kugeln gilt ein Sonderpreis
Als die "vermutlich günstigste Eisdiele in Main-Spessart" bezeichnet Fethi Moujahed sein nach ihm benanntes Eiscafé in Karlstadt. "Durch die extreme Preissteigerung mussten auch wir um 20 Cent erhöhen", so der Eismacher, der bereits seit 1996 im Geschäft ist. "Eine solche Erhöhung der Rohstoffe, teilweise dreimal so viel wie die Jahre zuvor, hatten wir noch nie", sagt er. Auch wenn seine Kunden die Preissteigerung bisher nicht moniert hätten, habe Moujahed die Preise im Café nicht erhöht; beim Erwerb von drei Kugeln gelte noch immer mit 1 Euro und 10 Cent pro Kugel der Preis aus dem vergangenen Jahr.
Ähnliches über die Preiserhöhung berichtet Catia Abreu von der benachbarten Eisdiele Venezia. 1 Euro und 40 Cent kostet die Kugel mittlerweile – auch dort wurde um 20 Cent erhöht. Die Kunden hätten die Erhöhung akzeptiert, so die Inhaberin.
Thomas Müller von Toms Eismanufaktur, der Dritte im Bunde der Karlstadter Eismacher, erhöhte um den gleichen Betrag und führt ähnliche Gründe an. "Hochwertige Zuckersorten, wie Inulin, gibt es zur Zeit gar nicht mehr auf dem Markt", sagt Müller. Auch die Wirtschaft habe den Nutzen dieses Zuckers erkannt, so der Eismacher. Zudem führe Personalknappheit, verbunden mit erhöhten Löhnen, ebenfalls zu höheren Kosten.
Preise für Zutaten fluktuieren erheblich
"Wir können überhaupt nicht mehr kalkulieren, die Preise ändern sich ständig", berichtet Arno Zambon von Zambon Gelato aus Lohr. "Nicht nur die Milchprodukte sind teurer, auch Früchte und Verpackungsmaterialien sind gestiegen." Nach der Preiserhöhung der Rohstoffe im vergangenen Jahr "haben wir die Preise leicht erhöht, die Speisekarte angepasst", so Zambon. Der Krieg habe zu einer zusätzlichen Verteuerung geführt. Seine Kunden würden ihm ausschließlich positive Rückmeldungen geben: "Wir versuchen bei unseren Eiskosten immer zu vermitteln, dass neben den Kosten auch viel Handwerk dahinter steckt."
Für das Eiscafé Corvara mit Filialen in Frammersbach und Lohr schildert Rafaele Barotto das Problem: "Wir sind bei der Erhöhung der Rohstoffe regelrecht überrannt worden. Unsere Preise halten wir dennoch moderat."
Und was sagen die Kunden, die gegenwärtig an außergewöhnlich warmen Frühjahrstagen trotz erhöhter Preise vor den Eisdielen Schlange stehen? Der elfjährige Till Kramer aus Lohr würde sich über einen Preis von einem Euro pro Kugel freuen. Zwar bekomme er das Geld für ein Eis von seinen Eltern. Doch auf dem Weg von der Schule nach Hause verzichte er jetzt hin und wieder auf ein Eis. "Zum Glück schmeckt das Eis noch genauso lecker wie letztes Jahr", freut er sich.
Sabine Bübl, die am Sonntag mit ihrer Mutter Angelika Remelka in einer Lohrer Eisdiele sitzt, sieht für sich eine innere Grenze bei den Eispreisen. "Mehr als zehn Euro würde ich für einen Eisbecher nicht ausgeben", sagt sie. Ihre Mutter ergänzt: "Dafür bekomme ich ein vollwertiges Mittagessen." Da sich die Lohrerinnen normalerweise mit einer Kugel begnügen, sei die Erhöhung der Eispreise noch zu kompensieren.
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management