Aufheulende Motoren, durchdrehende Reifen, Wettrennen durch Innenstädte – gegen diese gängigen Vorurteile über die Auto-Tuning-Szene möchte Tim Schwierczok aus Aschfeld (Karlstadt) ankämpfen. Der 24-Jährige ist überzeugt: Die "schwarzen Schafe", die mit ihren Autos nur unnötigen Krach machen, sind in der Minderheit. Unter dem Motto "tuner.against.poser" setzt er sich gemeinsam mit seiner Freundin Melina Gütling dafür ein, die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu verbessern und auch in der Szene ein Bewusstsein für ein sensibleres Verhalten zu schaffen. Gleichgesinnte lädt er an diesem Sonntag zu einem "tuner.against.poser"-Treffen nach Karlstadt ein.
Motoren und Schrauben haben es dem gebürtigen Karlstadter schon seit vielen Jahren angetan. Mit 14 begann er, an seinem ersten eigenen Roller zu basteln, mit dem er zur Schule fuhr und nach dem Umzug der Familie nach Aschfeld auch Freunde in Karlstadt besuchte. "Mit 18 hatte ich dann mein erstes eigenes Auto und habe mit kleinen Geschichten wie den Felgen angefangen", erzählt er. Momentan besitzt er zwei Autos: ein Sommer- und ein Winterauto.
Das technische Können, das er zum Tunen braucht, hat sich Schwierczok selbst beigebracht: "Auf YouTube gibt es unendlich viele Videos mit Anleitungen und ein guter Kumpel von mir ist Kfz-Mechaniker." Schwierczok selbst arbeitet als Reibschweißer bei der Firma Imhof Hartchrom in Karlstadt. "Vielleicht hätte ich aber damals doch Kfz-Mechaniker lernen sollen", sagt er und lacht. Mindestens 15.000 Euro hat er bisher in sein Auto investiert. "Und das hat auch nur geklappt, weil ich fast alles selbst gemacht habe. Sonst hätte ich locker das Doppelte gezahlt."
Ran-Tankstelle in Würzburg ist einer der Haupttreffpunkte der Auto-Tuner
Dass der Ruf der Auto-Tuning-Szene noch nie wirklich gut war, das ist dem 24-Jährigen bewusst. Doch in den vergangenen Jahren hat er eine Veränderung in der Szene beobachtet, die ausschlaggebend für sein Engagement war. "Der Zusammenhalt und der Respekt untereinander waren früher besser", findet er. Nicht nur der Umgang untereinander macht ihm Sorgen, vor allem der schlechte Ruf der Tuner in der Öffentlichkeit stört ihn. "Ich weiß, dass es diese schwarzen Schafe gibt, aber der Großteil ist vernünftig", ist er überzeugt.
Als Negativbeispiel nennt er die Tuner, die sich an der Ran-Tankstelle in Würzburg in der Nürnberger Straße tummeln. "Das ist einer der Haupttreffpunkte für die Szene, hat aber mittlerweile einen schlechten Ruf", sagt er. Während er sich mit seinen Freunden nur austauschen wolle, gebe es viele, die dort mit ihren "ganz großen Anlagen stehen und dann dröhnt einem die ganze Zeit eine 100-Dezibel-Anlage ins Ohr". So etwas sollte man seiner Meinung nach, wenn überhaupt, nur außerhalb machen oder in einem Industriegebiet, wo es niemanden störe.
Den typischen Poser beschreibt er so: "Meistens sind das Leute mit teuren, geleasten Autos, die abends durch die Innenstadt fahren und richtig einen auf Proll machen". Ihm sei es, auch angesichts der derzeitigen Spritpreisen, zu blöd, einfach nur durch die Stadt zu fahren. "Da stell ich mich doch lieber entspannt irgendwo hin und unterhalte mich mit meinen Leuten."
Der Autoliebhaber ist jedoch überzeugt, dass es in der Szene zahlreiche ihm Gleichgesinnte gibt. "Viele trauen sich jedoch nicht, das auch zu sagen, da sie Angst haben, sonst nicht mehr akzeptiert zu werden." Schwierczok sagt: "Es ist mir vollkommen egal, was diese Leute von mir denken." Denn durch solche Aktionen werde das Hobby kaputt gemacht. Seine Devise: Sich so verhalten, wie man es selbst gerne hätte, wenn man in der Nähe wohnt. Das fange mit grundlegenden Dingen an, wie den eigenen Müll wieder mitzunehmen und sich an die Verkehrsregeln zu halten, besonders in der Stadt.
"Klar, es ist nicht das beste Hobby für die Umwelt", räumt er ein. Aber man suche sich halt nicht immer unbedingt aus, was einem Spaß mache. "Hunderte Kilometer durch die Gegend fahren für ein Treffen, das muss nicht unbedingt sein." Es sei auch nicht das schnelle Fahren, das seine Begeisterung für das Hobby ausmache. "Geschwindigkeit interessiert mich überhaupt nicht", sagt er. Da habe er viel zu viel Angst, dass etwas am Auto kaputtgehe. "Mich fasziniert die Vielfalt der Möglichkeiten, was man alles verändern kann und dass man sich etwas ganz Eigenes schaffen kann."
Gutes Verhältnis zur Karlstadter Polizei
Für seine Veranstaltung an diesem Sonntag hat er sich auch mit der Karlstadter Polizei abgestimmt, zu der er generell ein gutes Verhältnis hat. "Am Anfang wurde ich zwar noch oft kontrolliert, aber inzwischen kennt man sich." Wenn man von der Polizei angehalten werde, müsse man nachweisen, dass alle technischen Veränderungen auch den Regeln entsprechen. Denn: "Jede Schraube, die man verändert, muss man eintragen lassen", erklärt Schwierczok. Der TÜV prüft dann, ob das Auto noch ordnungsgemäß funktioniert. So eine Eintragung koste circa 150 bis 200 Euro.
Die Polizei wird auch bei dem Treffen am Sonntag vor Ort sein. Auf dem Platz gelten feste Regeln: Keine Dezibelmessungen (Geräuschmessungen im Stand), keine Burnouts (durchdrehende Reifen), keine aufheulenden Motoren, kein unnötiges Rumgefahre. Wer sich nicht daran hält, fliegt vom Platz, macht Schwierczok klar. "Manche sagen zwar, dann ist so eine Veranstaltung doch langweilig. Aber man verbaut es sich selbst mit solchen Aktionen", ist er überzeugt.