Was Kelten einst auf seinem Acker getrieben haben, schmeckt dem Gemündener Walter Weigand nicht. Außen herum will die Stadt das neue Baugebiet Mühlwiesen II Richtung Schönau ausweisen und hat deshalb über 90 Prozent der Grundstücke gekauft, doch Weigand will sein Grundstück in der Mitte des geplanten Baugebiets nicht einfach hergeben. Und jetzt finden Archäologen ausgerechnet mitten in seinem schmalen, aber langgezogenen Acker eine mehrere Meter breite Grube, in die Kelten einst vermutlich alles Mögliche warfen. Ein paar unscheinbare Flecken deutet der stellvertretende Grabungsleiter Bernd Bachmeier, eine Hüne mit Nasenring, der selbst als Kelte durchgehen könnte, als Keramikscherben.
"Da hat mal einer in der Steinzeit ein Feuerle gemacht" und jetzt müsse er dafür zahlen, dass man das genauer untersucht, befürchtete Weigand anlässlich eines Besuchs von Matthias Merkl, der Gebietsreferent in der Bodendenkmalpflege beim Landesamt für Denkmalpflege in Bamberg ist. Merkl schaute ob der Äußerungen des Kleingemündeners über das Treiben der Ur-Gemündener etwas verdrießlich und erklärte, dass dort definitiv einst eine Siedlung war, nicht nur "ein Feuerle". Form, Verzierung und Machart der bisher gefundenen Keramikscherben ordnet der Ur- und Frühgeschichtler in die frühe Hallstattzeit, etwa 800 bis 600 vor Christus, ein, eventuell noch in vorherige Urnenfelderzeit.
Grundstücksgrenzen verlaufen da, wo sie eingemessen wurden
Weigand zeigte sich vor Ort auch nicht damit zufrieden, wo angeblich seine Grundstücksgrenze verlaufen soll. Die müsste eigentlich mitten durch die Grube laufen, glaubt er, so liege sie aber komplett in seinem Acker. Er sei Feldgeschworener und wisse genau, wo zwischen seinem Acker und der angrenzenden Wiese mit Obstbäumen die Grenze sei. Wofür gebe es denn die großen Grenzsteine? Peter Interwies vom städtischen Bauamt, der mit Bürgermeister Lippert mit draußen war, erklärte Weigand, dass die Grenzen mit GPS ausgemessen wurden. Gerne könne er das Vermessungsamt dazuholen, aber letztlich zähle, was ausgemessen werde, nicht wo Grenzsteine säßen.
Wie soll es weitergehen mit Weigands Keltengrube? Archäologe Bachmeier schlug vor, in den nächsten Tagen eine kleine Bohrung zu machen, um zu sehen, wie tief die Grube überhaupt ist. Da möchte Walter Weigand aber mit dabei sein. Generell könnte er die Grube bestehen lassen und mit dem abgeschobenen Humus wieder zumachen. Dazu Bürgermeister Lippert: "Wenn man's wieder zumacht, muss man die Konsequenzen bedenken." Es dürfte sogar ein Haus darauf gebaut werden, aber nur eines ohne Keller, denn das Bodendenkmal darf nicht zerstört werden. Lippert appellierte an den Grundstücksbesitzer, das Baugebiet zu ermöglichen. Peter Interwies gab zu bedenken, dass dort definitiv ein Bauplatz ausgewiesen werde, aber wenn noch etwas im Boden ist, sei die Fläche weniger wert.
Bodendenkmäler werden dokumentiert zerstört
Die archäologischen Fundstellen auf den Flächen der Stadt Gemünden werden für 50 000 Euro ausgegraben und dokumentiert. Das Bodendenkmal wird so zwar zerstört, aber die Befunde bleiben erhalten. Und wer für die Zerstörung des Bodendenkmals zuständig ist, muss zahlen, so Archäologe Bachmeier. Sollte sich wider Erwarten ein Schatz auf den Flächen der Stadt oder dem Acker Weigands finden, gehöre der zur Hälfte dem Finder, zur Hälfte dem Eigentümer, erklärte Matthias Merkl vom Landesamt. Mit den gefundenen Scherben, die zunächst dokumentiert und dann nach Bamberg zum Landesamt geschickt werden, passiere dasselbe. Über einige könnte sich Walter Weigand also freuen.
Derzeit sind vier Archäologen und Facharbeiter der Grabungsfirma Heyse beim neuen Baugebiet zugange, die vom Humus freigeschobenen Flächen zu untersuchen. Merkl erklärte Bürgermeister Lippert und Peter Interwies, dass der Boden, auf dem sich die Kelten bewegten, einen Meter über dem Grabungshorizont lag. Der ursprüngliche Laufhorizont sei aber erodiert oder abgeschwemmt und durch neuen Humus ersetzt worden. So finden sich vor allem ehemalige Gruben im Lössboden, die womöglich zum Gewinnen von Baumaterial oder zum Lagern von Ernte ausgehoben wurden und später vielleicht als Abfallgruben dienten. Bisher wurden keine Pfostenlöcher von ehemaligen Häusern gefunden, das Baugebietsende Richtung Schönau sei relativ "befundfrei", gegebenenfalls muss dort nicht alles aufgemacht werden. Noch im Sommer sollen die Grabungen ihr Ende finden, die Flächen gibt am Ende die untere Denkmalschutzbehörde am Landratsamt frei, für die Dörte Alsheimer zugegen war.
Peter Interwies vom Bauamt hofft, dass jetzt mal etwas Großes gefunden werde: "Wenn ich die kleinen Fitzelchen sehe, bin ich eigentlich enttäuscht." Steine habe er selbst genug. Der Regen am Mittwoch sorgte zumindest dafür, dass der Boden nicht mehr ganz so steinhart ist, denn für die Archäologen ist es ein Problem, wenn er härter als die Keramikscherben ist.