"Welchen Unschuldigen trifft es als Nächsten?", "Afghanistan ist kein sicheres Land" und "Wo ist Murtaza?" steht auf den Plakaten, die die Schüler der Fach- und Berufsoberschule Marktheidenfeld schweigend hochhalten. Über hundert haben sich am Montag auf dem Pausenhof versammelt. Sie wollen darauf aufmerksam machen, was eine Woche zuvor passiert ist: Ihr Mitschüler Murtaza Azizi ist einer der sieben Afghanen aus Unterfranken, die am 7. Januar abgeschoben wurden.
"Dass er einen Ablehnungsbescheid erhalten hatte, war uns bekannt, aber mit einer solchen Nacht- und Nebelaktion hatte niemand gerechnet", schreiben Murtazas Ethiklehrer Reinhold Grimm und sein Klassenlehrer Jürgen Bischof in einem Brief an die Main-Post-Redaktion.
"Es ist klar, dass Abschiebungen ins Heimatland grundsätzlich von der Zentralen Ausländerbehörde nicht angekündigt werden", sagt Johannes Hardenacke, Pressesprecher der Regierung von Unterfranken, "eine Ankündigung ist nach den gesetzlichen Regelungen bei Abschiebungen ins Heimatland sogar verboten."
Die Schule habe erst von der Abschiebung erfahren, als der 22-Jährige montags nicht in die Schule gekommen ist und die Schulsozialpädagogin ihn deshalb angerufen hatte. Zu dieser Zeit saß er schon auf der Polizeiwache in Würzburg, abends ging sein Flug nach Kabul.
Auch Lukas Kleinhenz, der Azizi an der UNI-Schule in Würzburg Deutsch beigebracht hat, erfuhr erst an diesem Tag, dass er abgeschoben werden soll. Er wollte sich auf der Polizeistation von ihm verabschieden, durfte ihn aber nicht sehen. Hier ist sein Facebook-Post dazu:
"Wir als Schule wurden weder von der Polizei, noch von einer anderen Behörde informiert", sagt Jürgen Bischof, "deshalb war es leider nicht möglich, sich von ihm zu verabschieden." Die Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken habe die Abschiebung später bestätigt, konnte aber wegen des Datenschutzes nichts zu den Gründen sagen.
Azizi wollte Altenpfleger werden
Die Klasse, die Bischof leitet, ist die sogenannte Berufsintegrationsklasse. In dieser werden Geflüchtete auf eine Ausbildung vorbereitet. Murtaza Azizi, der in Würzburg wohnte und insgesamt über drei Jahre lang in Deutschland lebte, besuchte diese Klasse seit Herbst 2018. Er hat bereits ein Praktikum in einem Seniorenheim in Veitshöchheim gemacht und "hatte den Plan, eine Ausbildung in der Altenpflege zu absolvieren", schreiben Grimm und Bischof im Leserbrief. Für die beiden ist es unverständlich, warum der Afghane abgeschoben wurde: Sie hätten ihn als motivierten, umgänglichen und interessierten Schüler kennengelernt.
Für seine Mitschüler kam die Nachricht ebenfalls überraschend: "Er war gut integriert, wollte eine Ausbildung machen und hat schon Geld für den Führerschein ausgegeben", sagt Farhad Masuri. "Afghanistan ist kein sicheres Land für ihn, die Taliban könnten überall sein." Er erzählt, dass Azizis Bruder von den Taliban getötet wurde. Sein anderer Bruder habe eine dreijährige Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland bekommen, genau wie Farhad Masuri selbst. Sein Mitschüler Atiqulla Amini bekam dagegen einen Ablehnungsbescheid, so wie Azizi. "Ich kann nicht verstehen, warum manche hier bleiben dürfen und andere, die sich gut integriert haben, abgeschoben werden", sagt er. Seine Zukunft könne er wegen der drohenden Abschiebung nicht wirklich planen.
Kontakt über WhatsApp und Telefon
Farhad Masuri hat noch Kontakt zu Azizi, sie schreiben über WhatsApp. "Er wohnt jetzt in einer Flüchtlingsunterkunft, ohne seine Familie und mit wenig Geld", beschreibt er.
Vergangene Woche konnte er seine ehemalige Klasse noch einmal sehen: Die Schüler haben im Unterricht per Videoanruf mit ihm telefoniert. Klassenlehrer Bischof erzählte, dass sich Azizi selbst nicht erklären konnte, warum er abgeschoben wurde: "Er meinte zu uns: 'Ich habe Deutsch gelernt, will eine Ausbildung machen, bemühe mich – was hätte ich noch machen sollen?'"
- Lesen Sie auch: Im Sommer abgeschoben: Wie geht es Ali Akbari?
wäre mMn die Ausgangslage "ein wenig anders" (dann könnten "wir" jetzt nämlich durchaus erwarten, die sollten ihre Probleme dort selber lösen). Ein Land aber erst destabilisieren(!), indem man eine (korrupte) Marionettenregierung unterstützt, und dann (unter Im-Stich-Lassen der Leute, die einen vor Ort unterstützt haben und jetzt als "Kollaborateure" gefährdet sind) den Schwanz einziehen, wenn man sieht, das wird nichts - das geht eigentlich gar nicht.
Ich frage also: was zum Teufel hat das gesollt? Und sich unter Berufung auf irgendwelche Gesetze aus der Affäre zu ziehen, mag ja dem Buchstaben nach legal sein, ist aber sicher nicht geeignet, das Ansehen Deutschlands in der "großen weiten Welt" zu mehren.
Wer da meint, "Out-of-Area-Einsätze" betreiben zu müssen, sollte für die möglichen Folgen wirklich bessere Antworten zu bieten haben. Wenn ich es mit einem Wort kommentieren sollte: ich finde sowas "schäbig".
Wenn ein Asylverfahren läuft, so ist der Ausgang eben nicht gewiß. Wird er anerkannt oder nicht? Wenn nicht, dann eben nicht. Und dann muss abgeschoben werden, um ein illegales Abtauchen zu verhindern. Auch da wäre der Schüler spurlos verschwunden, ohne sich von der Schulgemeinschaft zu verabschieden. Schlußfrage: Was ist da bittschön illegal? Ist es illegal, wenn ein Schüler aufgrund seiner Noten, die Schule verlassen muss?
Diese Schüler werden von Lehrer mit einer falschen Gerechtigkeit geimpft.
Jung naiv unerfahren und das wird ausgenutzt bis zum letzten Tröpfchen.
Menschen die sich intregieren, deutsch lernen u. können , arbeiten und eine Ausbildung machen oder machen können (oder wollen ),sich nichts zu Schulden kommen lassen , werden abgeschoben !!!!!!!!!!
Verbrecher die sich nicht intregieren ,schon gar nicht wollen, zig Verbrechen begangen haben werden nicht abgeschoben !!!!!!
Warum ?? weil sie ihren Ausweis weggeschmissen haben, oder weil Sie das Land angeblich nicht mehr aufnehmen will, was soll der*********???
Die Leute die so was "orgarnisieren sollten selber abgeschoben werden, und zwar in die Wüste.!!
Es geht doch nur darum, dass man " Erfolge " ( Abschiebungen ) vorweisen kann.
da nimmt man halt ,wie es schon immer ist die " kleinen ".
Frau Merkel, nehmen Sie so schnell wie möglich ihrn Hut und verschwinden .
Wir schaffen das schon .!!???
Ohne Ehrenamtliche Bürger die alles geben ,würden wir im Kaos versinken !!
Was ist der Dank dafür ???
Flüchtlinge die von den Leuten " aufgebaut " wurden, werden abgeschoben
Das ist doch vollkommen unsinnig. Warum sollte es für ihn sicher in Afghanistan sein und für seinen Bruder nicht?
Davon abgesehen das Afghanistan mit Sicherheit kein sicheres Herkunftsland ist.
Sowas liebe ich.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) erneuert ihre Forderung: (Aus)Bildung statt Abschiebung! Bildungseinrichtungen müssen geschützte Räume bleiben!
Wir können unsere Forderung, dass Schulen und Bildungseinrichtungen Schutzräume sein müssen, in denen alle sicher und vertrauensvoll lernen können, nur bekräftigen. Die Staatsregierung muss sich daran halten und darf das in der tagtäglichen schulischen und betrieblichen Arbeit gebildete Vertrauen nicht durch solche Maßnahmen konterkarieren.
Vor einigen Wochen hat die Bildungsgewerkschaft dazu eine Unterschriftensammlung präsentiert. Insgesamt etwa 1.500 Lehrkräfte in Bayern haben sich gegen Abschiebungen aus Bildungseinrichtungen wie der FOS Marktheidenfeld ausgesprochen.
Jörg Nellen, GEW-Geschäftsführer