Preisträger sind sie schon. Im Mai 2017 haben Würzburger Studenten den „Weitergeben-Preis“ der Studienstiftung des deutschen Volkes gewonnen. Jetzt ist die Gruppe mit Ideengeber Lukas Kleinhenz wieder nominiert. Noch bis 20. Oktober kann jeder im Internet beim deutschen Engagementpreis für sie voten. Große Gewinnchancen rechnet sich Professor Dr. phil. Stephan Ellinger für seine Schützlinge nicht aus. „Dafür sind wir einfach zu klein.
Gewonnen haben alle Beteiligten längst. Ihr preiswürdiges Projekt, die UNI-Schule, ist ein perfektes Beispiel für eine klassische Win-Win-Situation. Die Schüler – Menschen, die nach Deutschland geflüchtet oder aus anderen Gründen hierher gekommen sind – können kostenfrei Deutsch lernen, die Lehrer wiederum – alle Studenten – lernen beim Unterrichten viel für ihren künftigen Beruf.
Mehr als ein Rollenspiel
Dieses Lernen in der Praxis, quasi ohne Netz und doppelten Boden, ist der Professor überzeugt, kann kein theoretischer Unterricht ersetzen. „Wenn hier ein Problem auftaucht, dann ist es aktuell da und man muss eine Lösung finden. Das ist etwas völlig anderes, als in einem Rollenspiel oder einer Diskussion über einen Beispielfall.“ Beleg für den Erfolg ist etwa, dass im Sommer 29 von 30 Jugendlichen den Test für die Aufnahme in die Berufsschulkurse geschafft haben.
Das Rüstzeug – Materialien, Tipps und Wissen rund um den Themenkomplex Flucht, Migration sowie die spezielle Didaktik – bekommen die Nachwuchslehrer im Begleitseminar. „Wer dieses Seminar besuchen will“, erläutert der Seminarleiter, „muss sich auch bereit erklären, Stunden in der UNI-Schule zu geben.“
Den Ablauf, Stundenpläne, Materialien sowie Absprachen für die täglichen Unterrichtsstunden regeln die studentischen Lehrkräfte unter- und miteinander – mittels Arbeitsmappen pro Kurs und über die WhatsApp-Gruppe.
Jede Einheit anders
Mindestens zwei Stunden Unterricht pro Woche sind von jedem gefordert. Manch einer, wie beispielsweise Saskia Wabnitz, ist mehrmals pro Woche da. „So weit es mein eigener Uni-Stundenplan halt zulässt“, verrät sie. Alle Lehrer sind Pädagogik-Studenten, überwiegend im Bereich Sonderpädagogik.
Wechsel in den Kursstunden ist quasi Programm. Welche und wie viele Schüler am jeweiligen Tag kommen, weiß niemand im Voraus. Schließlich haben die meisten Teilnehmer keinen gesicherten Aufenthaltsstatus. Da kann morgen alles anders sein als heute. Mit im Unterricht sitzt aber auch die Thailänderin mit Jahresvisum fürs Arbeiten. Die Schüler sind derzeit 15 bis 65 Jahre alt. Bis zu 70 werden täglich in mehreren Gruppen unterrichtet. Über 200 waren es insgesamt schon.
Die ständig neue Klassensituation, sagt Ellinger, sei eine Arbeitsbedingung, welche die Lehrer der Uni-Schule bestens auf den späteren Berufsalltag vorbereitet. Lehrer sind heutzutage außerdem damit konfrontiert, Schüler im Klassenunterricht mitnehmen zu müssen, die sehr leistungsverschieden sind. Auch in der UNI-Schule gibt es – bei aller Aufteilung in Leistungsstärken – recht unterschiedlichen Wissens- und Leistungsstand.
„Vom Analphabethen bis zum B2-Deutschkurs-Absolventen, der gerne mehr üben möchte, ist alles dabei“, erläutert Benedikt Kramer.
Beide Parteien dankbar
Solche Probleme sind nur da, um sie zu lösen. Dieses Gefühl jedenfalls vermitteln die Beteiligten dem Zuschauer im Klassenzimmer. Statt Stress scheint der Spaß am Lernen und Lehren im Vordergrund zu stehen. Die Schüler machen den Eindruck dankbar zu sein, die Zeit nicht mit Nichtstun verbringen zu müssen. Die Lehrer sind dankbar, Methoden, Übungen und Ideen gleich dem Praxistest aussetzen zu können.
„Anfangs“, erzählt Thea Kroepelin, „waren fast nur Männer und Jungen da. Heute kommen auch viele Frauen regelmäßig.“ Dass dies möglich ist, dass Frauen und Männer in der UNI-Schule selbstverständlich miteinander lernen (und lachen), darüber sind alle sehr glücklich. „Das zeigt uns am besten, dass unsere Schützlinge, auch durch unser Engagement, immer besser in unserer Kultur ankommen.“
"Leistung ist enorm"
Die Wirkung der täglichen Stunden, die weit über das reine Deutsch-Lernen hinausgeht, haben auch die Juroren des Engagementpreises erkannt. „Die Leistung der Initiatoren ist enorm, sie haben in kürzester Zeit ein Projekt auf die Beine gestellt, das sehr konkret Hilfe leistet und in mehr als eine Richtung wirkt“, lobte Susanna Krüger, Geschäftsführerin von „Save the Children“ Deutschland bei der Preisübergabe im Mai.
Abstimmen im Internet unter: www.deutscher-engagementpreis.de