Nun ist es offiziell: Das ehemalige Weingut von Johannes Deppisch am Kreisel im Erlenbacher Gewerbegebiet hat die Gemeinde erworben. Notariell beurkundet wurde der Kauf im Beisein des Insolvenzverwalters Matthias Reinel und des Hauptgläubigers, der Sparkasse Mainfranken, bereits am 23. Februar. „Nutzen und Lasten gehen mit Zahlung des Kaufpreises an die Gemeinde über“, informierte Bürgermeister Georg Neubauer am Montagabend in einem Pressegespräch im Beisein des zweiten Bürgermeisters Stefan Schwind und der Fraktionsvorsitzenden Karola Müller (BGT), Brigitte Liebler (CSU) und Martin Wagner (SPD). Über den Kaufpreis machte Neubauer keine Angaben. Er dürfte aber nicht allzuweit unter der im Haushaltsplan 2018 für Geländeerwerb veranschlagten Summe von 1,3 Millionen Euro liegen.
Gemeinderat war sich bei allen Beschlüssen einig
Alle Entscheidungen im Gemeinderat seien einstimmig erfolgt, betonte Martin Wagner. Schließlich habe sich hier eine Perspektive für die nächsten Jahrzehnte geboten und die Kämmerin habe „klar gesagt, dass wir uns das leisten können“. Das knapp über 14 000 Quadratmeter große Areal mit dem Weingutsgebäude soll für die Feuerwehr und den Bauhof genutzt werden, bestätigte Bürgermeister Neubauer entsprechende Gerüchte. „Dass wir ein neues Feuerwehrhaus brauchen, ist schon lange bekannt“, ergänzte Stefan Schwind, „auch, dass wir den Bauhof ertüchtigen müssen.“
Nach den Berechnungen der Verwaltung komme die Realisierung der beiden Vorhaben auf dem bisherigen Deppisch-Gelände um rund 826 000 Euro günstiger als vergleichbare Neubauten oder große Sanierungen, führte Georg Neubauer aus. In welchem Umfang Förderungen für das Projekt zu erwarten seien, könne er heute noch nicht sagen. Er bestätigte aber, dass in der Finanzplanung vorgesehene Teilsummen für Feuerwehrhaus (300 000 Euro in 2019) sowie Bauhof (jeweils 100 000 Euro in 2020 und 2021) nun am neuen Standort eingebracht werden können.
Bürgermeister: Haben Fortbestand des Weinguts nicht verhindert
Im Pressegespräch machten alle Gemeinderatsvertreter noch einmal deutlich, dass die Gemeinde für die wirtschaftliche Entwicklung des Weinguts keine Verantwortung trage. Das Insolvenzverfahren war am 1. August 2017 eröffnet worden. Einmal mehr wies Bürgermeister Neubauer den Vorwurf zurück, er verhindere durch den Erwerb den Fortbestand des Weinguts, wie von Johannes Deppisch behauptet. Der Winzer hatte, wie berichtet, angeführt, mit Hilfe eines ungenannten Investors und eines attraktiven Eventgastronomie-Konzeptes den Betrieb erfolgreich fortführen zu können.
Martin Wagner betonte, dass Deppisch nicht die Gemeinde, sondern den Insolvenzverwalter und die Gläubiger hätte überzeugen müssen. Das Verfahren habe mit der Gemeinde überhaupt nichts zu tun. Doch habe Deppisch „augenscheinlich kein tragbares Konzept“ vorlegen können, sonst hätte der Insolvenzverwalter alles versucht, um den Betrieb fortzuführen. Dass die Gemeinde nun diese große Chance ergreife, könne man ihr nicht vorwerfen.
Kein Gebot bei einer familieninternen Lösung
Neubauer: „Es wäre unverantwortlich, wenn wir das Gebäude und die Fläche aus der Hand geben würden.“ Wenn es ein Investor kaufe, dann wolle der auch Rendite sehen und die Einflussmöglichkeit der Gemeinde auf die weitere Entwicklung sei begrenzt. Allerdings, so betonten die Gemeindevertreter, hätte man kein Angebot abgegeben, wenn es innerhalb der Familie Deppisch gelungen wäre, das Weingut fortzuführen. Bis zum Ablauf des Bieterverfahrens am 7. Februar habe auch jeder Interessent ein höheres Gebot als die Gemeinde abgeben können. „Den Schwarzen Peter lassen wir uns nicht zuschieben“, stellte Brigitte Liebler klar. „Der Gemeinderat steht voll hinter der Entscheidung.“
Für das weitere Vorgehen gibt es noch keinen Zeitplan. Man werde nun im Gemeinderat darüber reden und dann auch mit der Feuerwehr, kündigte Bürgermeister Neubauer an. An den beweglichen Gütern des Weinguts habe die Gemeinde kein Interesse. Die Übergabe von Gebäude und Grundstück müsse nun der Insolvenzverwalter mit dem bisherigen Eigentümer klären.
Entwicklungsmöglichkeiten für Erlenbachs Zukunft
„Wir sehen die Sache durchaus mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, fasste Stefan Schwind zusammen. Einerseits freue man sich über die gewonnenen Entwicklungsmöglichkeiten der Gemeinde in den nächsten Jahrzehnten, auf der anderen Seite sei es natürlich traurig, wenn ein so traditionsreicher Betrieb wirtschaftlich scheitere.
Winzer Johannes Deppisch zeigte sich auf Anfrage der Redaktion, wie es denn nun für ihn weitergehen werde, kurz angebunden. Die Berichterstattung der Main-Post habe ihn, „obwohl ich gute Argumente geliefert habe“, enttäuscht. Er müsse noch klären, ob er rechtliche Schritte gegen die Gemeinde unternehme und könne auch noch nicht sagen, wie und wo er die von ihm geplanten Veranstaltungen – unter anderem große Events mit Kreuzfahrtschiff-Passagieren – ausrichten werde.