Was macht Plastik mit unserem Körper? Die Frage und ihre Antwort waren es, die Tanja und Torsten Knes im letzten Jahr in ihrem Entschluss bestärkten: Am 6. März eröffnet das Paar aus Zimmern den ersten Unverpackt-Laden in Marktheidenfeld. "In der Reportage, die wir über das Thema gesehen haben, wurde gezeigt, dass bereits Kindern erhöhte Werte aufgrund von Mikroplastik im Blut haben", erzählt Tanja Knes. Das habe sie – selbst Mutter einer sechsjährigen Tochter – besonders erschreckt. Auch den eigenen Plastikmüllberg sah sie zunehmend kritischer: "Warum brauchen wir als dreiköpfige Familie vier gelbe Säcke?", erzählt Tanja Knes rückblickend. "Wenn nicht jetzt, wann dann", lautete dann 2019 der Entschluss.
Wie ein Unverpackt-Laden funktioniert, kennt die Familie Knes aus eigenen Einkäufen in Würzburg. Seit 2017 gibt es dort einen Unverpackt in der Innenstadt. Das Konzept: Um Verpackungsmüll und Lebensmittelabfälle zu vermeiden, bringt die Kundschaft eigene Behälter mit, die im Laden selbständig befüllt werden. Die Ware gibt es lose oder in Mehrwegbehältnissen. Bezogen wird die Ware in Großgebinden oder Pfandsystemen. Und der eigene Plastik-Konsum war der Familie auch schon länger ein Dorn im Auge.
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In einer Facebook-Umfrage testeten sie dann zunächst das Interesse an der alternativen Einkaufsform in Marktheidenfeld – mit überwältigendem Ergebnis. "Wir haben bereits innerhalb der ersten 24 Stunden so viel positives Feedback bekommen, das hat uns selbst überrascht", erzählt Tanja Knes. Und darin bestärkt, die Sache anzugehen: Auch wenn nur die Hälfte der Leute, die sich dort gemeldet haben, kommt und einkauft, reicht das schon.
Auf einem Gründerseminar von der IHK gab es die nötigen Grundlagen. Auch Susanne Waldmann vom Unverpackt in Würzburg sicherte ihre Unterstützung zu. Zudem hat Tanja Knes Berufserfahrung: Sie ist gelernte Einzelhandelskauffrau und hat 18 Jahre im Verkauf gearbeitet. "Ich habe bei Lermann gelernt und dann bei einem örtlichen Discounter gearbeitet", sagt sie. Sie wird auch diejenige sein, die jeden Tag im Laden sein wird. Zusätzlich wollen sie eine Teilzeitkraft und eine Aushilfe einstellen. Ihr Mann übernimmt das Marketing.
Familienbetrieb will auf Regionalität und Bio-Qualität setzen
Bei ihren Produkten will der Familienbetrieb auf Regionalität und Bio-Qualität setzen. Wobei nicht alles bio sein muss. Vieles kann tatsächlich aus der Region geliefert werden, wie zum Beispiel Molkereiprodukte aus Hohenroth, Obst aus Marienbrunn, Leindotter-Öl aus Retzstadt oder Getreide und Kichererbsen aus Billingshausen. Bei ihrer Recherche rund um Bio-Produkte hat Knes aber auch gemerkt, wie es auf dem Preismarkt zu geht. "Bio-Produkte aus Indien kosten einfach die Hälfte, als wenn man eine regionalen Anbieter nimmt", erzählt sie. Diese Entwicklung findet sie traurig.
Wie sie die unmittelbare Nähe zum Tegut direkt um die Ecke ihres neuen Geschäfts einschätzt? Für Tanja Knes ist das eher ein Vorteil: "Die Leute, die zu Tegut gehen, kommen auch zu uns. Und was sie dort nicht finden, finden sie bei uns oder umgekehrt." Wichtig war den neuen Ladeninhabern, dass das Geschäft in Parkplatznähe ist. Schließlich bringen die Leute ihre Gefäße und Behälter mit und müssen sie danach wieder voll zum Auto schleppen.
Ebenfalls gut an dem 100 Quadratmeter großen Ladenlokal, in dem vorher das Reisebüro Dertour war, finden sie die breite Fensterfront entlang der Luitpoldstraße. "Uns war wichtig, dass wir gesehen werden, die Leute rein schauen können, wie das bei uns aussieht und funktioniert", so Knes.
Hauptklientel sehen die Ladeninhaber in jungen Familien
Ihr Hauptklientel sehen die Ladeninhaber in jungen Familien. Deshalb gibt es im Laden auch eine Kinderspielecke, auf die sich Tochter Tabea besonders freut. Ebenfalls angedacht ist eine Patenschaft mit dem Baumhofkindergarten, dem sich die Familie sehr verbunden fühlt.
Dass der Standort für den neuen Unverpackt-Laden Marktheidenfeld geworden ist, war nicht immer klar. Nachdem die ersten Informationen durchsickerten, bekamen Tanja und Torsten Knes einen Anruf von der Stadt Wertheim, die sie abwerben wollte. Und auch in Lohr, Tanja Knes Heimatstadt, hätte man den Laden gerne gesehen. Allerdings hätten sie hier Konkurrenz in der Nachbarschaft: Eine Woche nach ihnen will die Frammersbacherin Julia Mill ebenfalls einen Unverpackt-Laden im Frammersbacher Hinterdorf eröffnen.