Der Brauch, eine Weihnachtskrippe aufzustellen, begleitet Martina Hänelt aus Mittelsinn (Lkr. Main-Spessart) seit ihren Kindertagen. Während vor rund fünf Jahrzehnten ihre Eltern im benachbarten Burgsinn für die Großfamilie eine kleine bescheidene Krippe aufbauten, hat die neun Quadratmeter große Krippenlandschaft der 55-Jährigen heute eine ganz andere Dimension.
Neben dem Hauptgebäude mit der Szene von Christi Geburt finden auf Martina Hänelts modellierter Krippenlandschaft viele weitere Figuren Platz: Man kann sich kaum sattsehen an den rund 20 Gebäuden, Ställen, Handwerksbetrieben, Brücken und Backöfen, mehr als 500 Menschenfiguren, Tieren und Accessoires wie Brunnen, Holzstößen, Vasen oder Obst. Immer wieder fällt ein neues, liebevoll gestaltetes Detail ins Auge.
Die Idee, ihre "normale" Weihnachtskrippe zu vergrößern, kam Martina Hänelt 2003: "Eine Verkäuferin ging damals von Haus zu Haus und bot geschnitzte Krippenfiguren aus Südtirol an." Die 55-Jährige leistete sich zunächst die Heilige Familie. "Erst später habe ich erfahren, dass es sich um Figuren der berühmten Holzschnitzerei Bachmann aus dem südtiroler Pustertal im barocken, geschwungenen Schnitzstil aus Hölzern von Bergahorn oder Esche handelte", sagt Hänelt. Da hatte sie die Sammelleidenschaft aber bereits gepackt.
Die Krippe steht pünktlich zum ersten Advent
Auf Weihnachtsmärkten in Deutschland und Österreich oder im Internet ist Hänelt stets auf der Suche nach diesen ganz besonderen südtiroler Figuren mit den weichen Formen. Bei der Kaufentscheidung spiele für sie vor allem der Gesichtsausdruck eine große Rolle, sagt sie: "Ich suche immer nach ausdrucksstarken Figuren." Früher habe ihr Herz eher für gebeizte Stücke in natürlicher Optik geschlagen. "Mittlerweile habe ich mein Repertoire aber auch um bunte Formen erweitert."
Die Krippengebäude - darunter Mühlen, Ställe und Werkstätten - hat die 55-jährige Fachpflegekraft fast alle selbst angefertigt. "Bei meinen Spaziergängen finde ich immer kleine Ästchen mit Flechten, Wurzelteilchen, Zäpfchen oder andere Naturprodukte, die ich eventuell für meine Krippe gebrauchen könnte", sagt die 55-Jährige.
Und so nimmt Martina Hänelts Sammelleidenschaft immer mehr Platz in Anspruch: Jedes Jahr räumt die Mittelsinnerin ihr halbes Wohnzimmer für die riesige Weihnachtskrippe leer. Schon der Aufbau, teils mit langem Greifer, sei stets eine Herausforderung, sagt sie. "Das Jesuskind liegt schon jetzt in der Krippe, weil es später nicht mehr erreichbar ist." Bis jedes Detail arrangiert ist, vergeht schon mal eine ganze Woche - damit das Kunstwerk auch pünktlich zum ersten Advent vollendet ist.
Auf dem Grundgestell lagern die großen Platten, die verschiedene Landschaftsebenen ermöglichen. "Das Modellieren der Landschaft kann sich jedes Jahr, je nach Gusto, verändern", erklärt Martina Hänelt. Den Hauptstall mit Maria, Josef und dem Christkind hat die 55-Jährige heuer auf einer Anhöhe platziert - er bildet so den zentralen Blickfang. Daneben wird die Herbergssuche mit der schwangeren Maria gezeigt, während Josef in der Zimmerei seiner Arbeit nachgeht.
Bereits im Treppenhaus lassen kleine Krippenszenen ihre Sammelleidenschaft erahnen
Jedes Jahr ergänzt Hänelt ihre Riesenkrippe um einen neuen Blickfang: So kam in diesem Jahr ein persischer Basar mit orientalischen Früchten, Waren, Lampen, Krügen sowie Verkaufstischen hinzu, während für kommendes Jahr schon die Stationen "Volkszählung in Judäa" und "Maria Verkündigung" auf dem Arbeitsplan stehen. "Meine Krippe ist nie fertig", sagte die Krippenliebhaberin, während sie an einem neuen Holzstoß schnitzt.
Bei der Gestaltung legt Martina Hänelt Wert auf jedes Detail: Kieswege - teils mit Steinen gesäumt - verbinden die Gebäude und zwei kleine Seen lockern die Szenerie auf. Die gesamte Landschaft ist mit einer dünnen Schicht Moos überzogen. "Das sammle ich im Wald." Beleuchtungskabel zu Feuerstellen, in die Taverne oder zu sonstigen Leuchten verlaufen unter den Holzplatten und werden in "Fummelarbeit" angeschlossen.
Die Heiligen Drei Könige harren schon jetzt mit ihrem Tross - darunter Elefant, Kamel, Treiber und Gesinde - im Beduinenzelt vor den Toren der Stadt aus. Sie beginnen ab 3. Januar ihren Weg. Der Stern führt sie jeden Tag ein paar Schritte weiter, damit die Weisen aus dem Morgenland am 6. Januar dem Jesuskind huldigen können.
Was für Martina Hänelt bei den Figuren und der Gestaltung ihrer Krippe überhaupt nicht in Frage kommt? "Kunststoff und Plastikartikel, ich setze auf holzgeschnitzte Figuren." Bis Mitte Januar bleibt ihr Kunstwerk stehen, das inzwischen den Wert eines Kleinwagens erreicht hat. Hänelt besitzt noch zwei weitere Krippen, deren Teile sie nach Lust und Laune in das aktuelle Modell integriert.
Gerne würde die 55-Jährige ihre Großkrippe einem größeren Interessentenkreis zeigen, zum Beispiel auf Adventsmärkten. Sie befürchtet aber, dass Langfinger sich der edlen Schnitzfiguren bedienen.