
Bisher waren Kommunen abgesehen vom wirtschaftlichen Bereich von der Umsatzsteuer befreit. Steuerlich relevant waren somit nur die gewerbliche Verpachtung, die Touristinformation sowie Forst- und Jagdpachten. Diese Regelung ist in wenigen Monaten Geschichte – und das nicht nur in Karlstadt. "Ab dem 1. Januar 2025 werden bundesweit kommunale Einnahmen umsatzsteuerpflichtig", informierte Eva Ludwig, zuständig für Finanzen und Vermögen, den Finanzausschuss am Dienstag.
Unterschieden werde hierbei zwischen dem privatrechtlichen Bereich mit einer Besteuerung ab dem ersten Euro und dem öffentlich-rechtlichen Bereich. Letzterer erfordert eine separate Prüfung je Vorgang, da die kommunale Steuerpflicht hier erst ab einer Grenze von 17.500 Euro greift.
Ludwig weiß, dass viele Kommunen in Ostdeutschland schon umgestellt haben. "Die Finanzbehörden stellen Prüfer ein und wir als Kommune müssen vorbereitet sein", sagt sie und verweist auf Prüfungen in anderen Kommunen, die bereits der Steuerhinterziehung überführt wurden. Sie ergänzt, dass es sich bei der Reform um einen "wahnsinnigen zeitlichen Verwaltungsaufwand" handle.
VHS-Kurse steuerpflichtig oder steuerfrei
Verschiedene Vorgänge sind in den einzelnen Fachbereichen der Karlstadter Verwaltung im Sinne der Umsatzsteuer relevant. In der Hauptverwaltung sind davon beispielsweise das Benutzungsentgelt von Schulturnhallen, Veranstaltungen in Schulen und Kindergärten, die Miete von Pavillons und Marktbuden sowie VHS-Kurse, die der Freizeitgestaltung dienen, jeweils mit 19 Prozent Umsatzsteuer betroffen. VHS-Kurse, die einen belehrenden oder kulturellen Zweck verfolgen, sind hingegen von der Steuer befreit. Die Unterscheidung dieser Kurse zeigt, wie penibel künftig zwischen Vorgängen unterschieden werden muss.
Auf die Nachfrage von Ausschussmitglied Eugen Köhler (CSU) hin, wie man so viele Vorgänge denn ordentlich trennen solle, meinte Ludwig, dass man eine neue Haushaltsstelle dafür plane. "Da werden dann zum Beispiel die steuerpflichtigen VHS-Kurse von den steuerfreien getrennt, an sich ist es überschaubar", so Ludwig.
Im Bereich Sicherheit und Ordnung werden ab kommendem Jahr unter anderem einige Parkgebühren im Stadtgebiet sowie die Fahrzeugwartung durch die Feuerwehr an Dritte steuerpflichtig. Die Mitarbeiter im Fachbereich Bauwesen und Stadtentwicklung versteuern bald die Mieten von Containern auf Stellplätzen. Auch die Abteilung Finanzen und Vermögen wird bald von der Umsatzsteuer betroffen sein, etwa bei Werbeeinrichtungen und Hinweisschildern oder der Fischereipacht. Zudem entfällt für die gesamte Verwaltung künftig die Umsatzsteuer auf Papier- und Druckkosten.
Verantwortung liegt erstmal bei Hombach
"Das hört sich jetzt alles ein bisschen unglaublich an. Es ist ganz interessant, dass wir vor wenigen Wochen erst aufgefordert wurden, Vorschläge zur Entbürokratisierung zu machen. Wir können uns jetzt darüber aufregen, haben aber keine Wahl", so die Einschätzung von Bürgermeister Michael Hombach. Die Thematik korrekt und akkurat zu behandeln, sei ihm besonders wichtig. Das ist nur logisch, liegt die Haftung im Bereich der Umsatzsteuer doch originär beim Bürgermeister und wird dann weiter über Kämmerei und andere Verwaltungsmitarbeiter verteilt. Da schon ab 50.000 Euro der Tatbestand einer schweren und somit strafbewehrten Steuerhinterziehung erfüllt ist, will der Bürgermeister das Thema entsprechend würdigen.
Um alle Mitarbeitenden in der Karlstadter Verwaltung für die neuen Entwicklungen zu sensibilisieren, wurden bereits interne Infoveranstaltungen abgehalten, damit potenziell steuerrechtliche Abläufe, die bislang zum normalen Prozedere gehört haben, erkannt und vermieden werden. Weitere Veranstaltungen dieser Art sollen 2025 folgen.
Internes Kontrollsystem in Planung
Um auch den Betriebsprüfern zu zeigen, dass Karlstadt gewillt ist, seine Hausaufgaben zu machen, soll bald ein internes Kontrollsystem eingerichtet werden, um die neuen Verpflichtungen einzuhalten und Steuerehrlichkeit zu wahren. Ein Tax Compliance Management System – kurz TCMS – soll dabei helfen, geltende Regeln einzuhalten und zu verinnerlichen.
Kämmerer Ralf Liebl zufolge macht die zunehmende Komplexität des Steuerrechts diesen Schritt notwendig. Konkretes Ziel wird sein, die korrekte Erstellung von Steuererklärungen und eine fristgerechte Abführung entstandener Steuerschulden zu gewährleisten. "Das Ziel ist vor allem Transparenz", formulierte es Liebl deutlich und ergänzte "wir müssen zeigen, was unter die Steuerpflicht fällt und, dass sich alle an die Regeln halten." Um möglichst bald ein System gegenüber der Finanzverwaltung nachweisen zu können, empfahl der Finanzausschuss dem Stadtrat die Einrichtung des Kontrollsystems.
Nun kriegen die Bürostuhlinhaber auch mal mit, womit sich schon der kleinste Selbstständige Tag für Tag herumschlagen muss, und plötzlich ist das Geschrei groß. Wo bleibt der Aufstand der Kommunen, vom kleinsten Dorf bis zur Großstadt, die geschlossen sagen: "Da machen wir nicht mit!"
Und der zusätzliche Personalbedarf bläht den Bürokraten-Wasserkopf nur noch weiter auf. Weiß man denn schon, wieviel von den zusätzlichen Einnahmen (es wird mit Sicherheit nicht das Bestehende neu aufgeteilt, sondern überall 19% draufgeschlagen) wieder bei den Kommunen ankommt? Nur eines steht auf jeden Fall jetzt schon fest: Wer das ganze bezahlt...