Es war wie ein Kampf von David gegen Goliath – und der kleine Rentner aus Gemünden (Lkr. Main-Spessart) hat es dem großen VW-Konzern gezeigt: Walter Eisenberg, mit 93 Jahren der wohl älteste der 260.000 klagewilligen Kunden im Abgasskandal, ließ sich nicht entmutigen, auf dem langen Weg durch die Gerichtsinstanzen. Anfang November ist er gestorben. Kurz vor seinem Tod siegte er aber im Rechtsstreit mit dem Autobauer aus Wolfsburg.
Vier Jahre dauerte Eisenbergs Kampf um Entschädigung. Um Eitelkeit ging es dem langjährigen VW-Kunden aus dem Landkreis Main-Spessart dabei nie. Jahrelang blieb Eisenberg lieber anonym im Hintergrund, wenn die Presse etwas zum Stand seines Verfahrens wissen wollte. Er ließ stets lieber seinen Rechtsanwalt Thomas Schmidt aus Kleinmachnow erklären – auch jetzt nach dem Finale.
Kraftfahrt-Bundesamt gleich mit verklagt
Sein Mandant war sein Leben lang treuer VW Kunde, sagt Schmidt. "Erst mit dem Abgasskandal wurde er von VW schwer enttäuscht. Der Abgasbetrug sollte seiner Meinung nach nicht ungesühnt bleiben." Der Käufer eines VW-Amarok begnügte sich 2016 nicht damit, VW auf Schadensersatz zu verklagen: Der Rentner attackierte die gesamte Rückrufaktion von über zwei Millionen Fahrzeugen von VW. Das Kraftfahrt-Bundesamt verklagte der kämpferische Unterfranke gleich mit.
VW zeigte indes keine Einsicht, trieb den Rentner durch die Instanzen. Andere durften zuhause in Würzburg oder Schweinfurt ihr Recht suchen. Den alten Mann aus Gemünden zwangen die VW-Anwälte zur persönlichen Anreise vor das VW-freundliche Landgericht Braunschweig, in Nachbarschaft der Konzernzentrale – wohl in der Hoffnung, dass er irgendwann aufgibt, ehe der Fall endgültig entschieden ist.
Von Mai bis Oktober auf sein Geld gewartet
In Braunschweig wurden VW-Klagen – anders als bei anderen Gerichten – regelmäßig abgewiesen, was wegen der Nähe zu Wolfsburg als zusätzlicher Skandal empfunden wurde. "Der Streit mit VW war ihm wichtig", erinnert sich Anwalt Schmidt. "Trotz des hohen Alters und der damit verbundenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen rappelte er sich immer wieder auf und verfolgte seine Verfahren mit großem Interesse bis zum Schluss."
Eisenberg wollte das Ende unbedingt noch erleben. "Erst als der Bundesgerichtshof die Schadensersatzansprüche gegen VW im Mai 2020 bestätigte, schwenkte man langsam ein", erinnert sich der Rechtsanwalt. Es dauerte dann aber noch bis Ende Oktober, bis die Zahlung auf dem Konto des Rentners eingegangen ist.
14 Tage später gestorben
"Ihm ging es nicht so sehr um das Geld, das in seinem Alter nicht mehr so wichtig war. Er freute sich hauptsächlich darüber, dass der Bundesgerichtshof VW und vor allem das Gericht in Braunschweig in ihre Schranken verwiesen hat", bilanziert Thomas Schmidt jetzt gegenüber der Redaktion. 14 Tage später ist Walter Eisenberg "nach Beendigung aller Verfahren und einem erfüllten Leben in heimischer Umgebung entschlafen".
Gerade Versicherungen setzen auf diese Taktik.
Besonders pervers bei Ansprüchen aus Gesundheitsproblemen.