"Tue Gutes ohne zu fragen" lautet das Motto von Manfred Haas (73 Jahre) und Hans-Jürgen Esser (81 Jahre). Als Duo, das sich im zweiwöchigem Turnus abwechselt, unterhalten sie seit circa sechs Jahren Senioren in Sozialeinrichtungen wie Seniorenheimen, aber auch in Seniorenvereinen. Dabei machen die beiden das ehrenamtlich, also kostenfrei für die Heime. Selbst die Benzinkosten übernehmen sie selbst. Anfangs haben die Vorträge nur in dem Alloheim Seniorenzentrum "Mainbrücke" in Marktheidenfeld stattgefunden, mittlerweile sind sogar Seniorenkreise aus Hösbach und Ochsenfurt dabei.
Entstanden ist die Idee durch einen Zeitungsartikel, in dem die damalige Einrichtungsleiterin Diana Teubert zu Unterhaltung in dem Pflegeheim "Mainbrücke" aufrief. Daraufhin meldete sich Haas und erzählte ihr, wie er die Senioren unterhalten könnte. Als der 73-Jährige dann ein oder zwei Vorträge gehalten hatte, unterhielt er sich zufällig mit Hans-Jürgen Esser darüber. Haas und Esser kennen sich schon sehr lange: "Wir haben uns in den 60er-Jahren kennengelernt, da war Manfred noch ein Jungspund", sagt Esser. Als sie sich dann über die Vorträge von Haas in der Seniorenresidenz "Mainbrücke" unterhielten, sagte Esser, dass er sich gerne an der ehrenamtlichen Arbeit beteiligen würde. Das war die Geburtsstunde der Idee "Von Senioren für Senioren".
Manfred Haas erhielt unter anderem das Verdienstkreuz am Bande
Haas wohnt – wie auch Esser – schon sehr lange in Helmstadt. Er war Elektroniker, später auch Leiter der Elektronikwerkstatt in der HNO-Klinik des Universitätsklinikum in Würzburg. Aus diesem Grund knüpfte er viele Kontakte mit ausländischen Gastärzten, unter anderem mit einem mongolischen HNO-Professer, mit dem sich später eine "tiefe Freundschaft" entwickelte. So besuchte er ab 2004 jedes Jahr die Mongolei und arbeitete dort ehrenamtlich, sodass er unter anderem die zweit höchste mongolische Staatsauszeichnung und später auch das Verdienstkreuz am Bande erhielt: Er sammelte zum Beispiel medizinische Geräte in Deutschland und verschickte diese in die Mongolei. Weiter hat er mehrere Initiativen sowie eine Gärtnerei für Obdachlose in der Mongolei gegründet und ein Buch über das Land veröffentlicht.
Auch Hans-Jürgen Esser hat schon ein Buch mit seinen Gedichten veröffentlicht. Der 81-Jährige hat bei der Firma MERO gearbeitet und war als Büttenredner über 50 Jahre im Karneval aktiv, so war er deutschlandweit auf den verschiedensten Bühnen, wie zum Beispiel im Verein Faschingsclub Helmstadt und engagierte sich in der fränkischen Fasnacht. Dafür erhielt er den Orden "Till von Franken". Seine Reden schrieb er alle selbst und auch heute schreibt er noch als Ghostwriter für junge Büttenredner.
Dafür hat Esser ebenfalls hohe Auszeichnungen erhalten. "Ich sage 'Gold mit Brillianten' ist das Bundesverdienstkreuz der Fasenachter", sagt er. Aber nicht nur Büttenreden, auch Geschichten und Gedichte verfasste der 81-Jährige, weshalb seine Kinder meinten, er solle ein Buch schreiben. So entstand sein Gedichtband.
Beide haben schon viel in ihrem Leben erlebt, weshalb sie sich dazu entschlossen haben ihre Gedanken und Erlebnisse in Form von Vorträgen mit den Senioren in Altenheimen und Kreisen zu teilen. So trägt Haas Vorträge von seinen Reisen um die ganze Welt wie zum Beispiel von Mexico vor und Esser erzählt selbst verfasste Geschichten und Gedichte, die zum Teil auf fränkisch geschrieben und humorvoll oder sozialkritisch sind.
"Man sieht wirklich viel, man sieht einige Leute, die das nicht mehr aufnehmen können und trotzdem sieht man, dass sie sich für den Moment freuen. Wir sagen oft 'Mensch, das war wieder ein Tag'. Es macht einem echt Spaß." Esser erklärt, dass sie den Alltag der Menschen auflockern und etwas Farbe in das Leben der Senioren bringen wollen, ohne dabei Geld zu verdienen. Auch, wenn das für sie Aufwand bedeutet, denn bei jedem Besuch präsentieren die beiden neue Vorträge. "Andere hocken sich in die Wirtschaft und spielen Schafkopf und wir machen halt das", ergänzt Haas. Am meisten Spaß macht es ihnen, wenn die Leute bei den Vorträgen mitmachen und am Ende klatschen.
Und den Senioren gefällt es: Am Ende des Vortrags von Haas über Mexico gab es sogar ein Ständchen für den 73-Jährigen. Haas und Esser erzählen, dass die Erfahrungen durchweg positiv wären. "Es ist noch nie gesagt worden: 'Ihr braucht nicht mehr zu kommen'", sagt Esser. So waren sie unter anderem schon in Seniorenheimen in Wertheim, Würzburg, Margetshöchheim und Tauberbischofsheim. Seniorenkreise besuchten sie in Waldbüttelbrunn, Helmstadt und Hösbach. In diesem Jahr hat Esser schon 20 Einrichtungen besucht, darunter aber auch mehrmals die gleichen. Insgesamt ist er dafür 840 Kilometer gefahren.
Einen brenzligen Vorfall gab es bisher
So viel Spaß es den beiden macht, gibt es aber auch harte Tage, denn die Auswirkungen der Demenz der Bewohner zu sehen, ist nicht einfach. So haben die beiden auch eine Bedingung: Es muss eine Pflegekraft mit im Raum sein. "Es ist schon vorgekommen, dass eine Frau umgefallen ist, da war niemand da. Und dann stehst du erst mal da", sagt Haas. Das sei jedoch bisher der einzige Vorfall gewesen. Angst, dass es den beiden irgendwann genauso ergehen könnte wie ihrem Publikum, haben sie nicht.
Davon lassen sie sich auch nicht abschrecken. Im Gegenteil: Sie würden sich wünschen, in noch mehr Sozialeinrichtungen und Vereinen Vorträge halten zu können. Außerdem sagt Esser: "Es wäre gut, wenn Jungsenioren kämen und ihre jetzige Freizeit nutzbringend anwenden möchten. Vielleicht treten wir eine Euphorie los, vielleicht sind es auch nur zehn Stück."
Unter folgenden Telefonnummern sind die beiden für Interessierte erreichbar: Manfred Haas Tel.:(09369) 99167, Hans-Jürgen Esser Tel.: (09369) 1737