
Kaum irgendwo geht es so emotional zu wie im Sport. Er kann Menschen in eine tiefe Krise stürzen oder sie zu Bestleistungen beflügeln. Selbst, wer nur als Zuschauer mitfiebert, fühlt sich zuweilen wie in einer Achterbahn der Gefühle.
Auch wenn das Erlebte längst vorbei ist, erzählt man sich noch davon. Um spannende, schöne und außergewöhnliche Sportgeschichten und sportliche Geschichten aus Marktheidenfeld und der Umgebung geht es ab dem 22. Juni in einer Ausstellung im Franck-Haus. Viele Gegenstände zeugen von Erfolgen, interaktive Stationen laden zum Erleben ein. Ausgestellt werden unter anderem diese besonderen Stücke:
1. Rasante Fahrt beim "Seifenkistl-Kreisrennen Marktheidenfeld" 1950

Ein blauer Flitzer, Startnummer 16, fuhr am 23. Juli 1950 als erster über die Ziellinie. Das "Erste Seifenkistl-Kreisrennen Marktheidenfeld", initiiert von der US-amerikanischen Besatzungsmacht, war ein großes Ereignis, hat ein Zeitzeuge dieser Zeitung vor fünf Jahren berichtet. Es war Teil der "German Youth Activities (GYA)", auf Deutsch etwa: "Aktivitäten für die deutsche Jugend". Die GYA gehörten zum "Reeducation"-Programm, der "Umerziehung" der deutschen Jugend im Sinn der Demokratie nach der Herrschaft des Nationalsozialismus.
Die Teilnehmer mussten ihre Seifenkisten selbst bauen, so die Auflage. Den blauen Flitzer steuerte der Marktheidenfelder Heinz Ruppert. Er ging für das Hafenlohrer Sägewerk Mehling an den Start. Die Werbeaufschrift ist auch heute noch an der Flanke des Fahrzeugs zu lesen. Die Rennstrecke auf der Altfelder Straße war 350 Meter lang und musste zweimal durchfahren werden. Insgesamt 1500 Zuschauerinnen und Zuschauer sahen das Rennen. Rupperts Seifenkiste hat die Jahrzehnte überlebt. Er schenkte sie 2010 dem Historischen Verein. Seitdem lagert sie im Museumsdepot in Glasofen.
2. Siegerkranz aus Eichenlaub für Gertrud Zöller aus Marktheidenfeld

Als die Marktheidenfelderin Gertrud Zöller 1957 in Veitshöchheim im Geräteturnen siegte, wurde sie vom Deutschen Turner Bund (DTB) mit einem Kranz aus echten Eichenblättern und vergoldeten Eicheln geehrt. Das Schmuckstück verwahrt sie bis heute in einem Karton. Erst Anfang des Jahres wurde Zöller für ihre 70-jährige Mitgliedschaft beim TVM geehrt. Sie ist wohl bis heute vereinsinterne Rekordhalterin, weil sie das Deutsche Sportabzeichen zahlreich wiederholt erworben hat. Die Ehefrau des Ehrenvorsitzenden Helmut Zöller war lange Zeit aktiv und hat in der Zeit, als ihr Mann den Verein führte, dessen Arbeit begleitet.
Seinen Anfang nahm der Marktheidenfelder Sportverein 1884 mit dem Turnen. Die anderen Sportarten kamen erst nach und nach hinzu oder sind daraus entstanden, wie etwa Leichtathletik. Beim TVM gab es auch mal eine Handball- oder eine Schachabteilung, die jedoch wieder aufgegeben wurden. Heute hat der Verein insgesamt rund 1450 Mitglieder. Der Schwerpunkt liegt auf dem Breitensport. Das Aushängeschild des Vereins ist derzeit die Abteilung Badminton, deren erste Mannschaft in der Bundesliga spielt.
3. Spielbericht dokumentiert die Niederlage der TVM-Basketballer im ersten offiziellen Spiel

Als Thomas Barthel, heute einer der Vorsitzenden des TVM, Anfang der 1970er Jahre zum Basketball kam, hatte kurz zuvor, im Oktober 1971, das erste offizielle Spiel der Abteilung stattgefunden, erinnert er sich. Von dem Spiel, das die Marktheidenfelder mit 29:57 gegen Langenprozelten verloren haben, zeugt heute noch der handgeschriebene Spielbericht auf vergilbtem Papier. In der Aufstellung finden sich bekannte Marktheidenfelder Namen, etwa Wolfgang Steiger oder Herbert Döller.
"Populär geworden ist der Basketball 1972 nach den Olympischen Spielen", so Barthel. Die Marktheidenfelder, die damals das Gymnasium in Lohr besuchten, hätten den Sport in die Stadt gebracht. Er, etwas jünger, hat es ihnen mit seinen Freunden nachgetan. Die Jungen haben einen Klappladen "gefaltet", und ihre Bälle in das so entstandene Dreieck geworfen, bevor sie später die Drei-Meter-Körbe gemacht haben.
4. Ein platter Lederball von unschätzbarem Wert

Zweifelsohne ein Spiel für die Geschichtsbücher war das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 1966. England besiegte Deutschland im Wembley-Stadion mit 4:2. Zum Sieg der Gastgeber trug das umstrittene und gleichzeitig berühmte Wembley-Tor bei. Einer der Helden der deutschen Nationalmannschaft war neben Franz Beckenbauer, Sepp Maier oder Uwe Seeler auch Siegfried "Siggi" Held, ein Marktheidenfelder Bub.
Als erster unterfränkischer Spieler hat es der heute 81-Jährige in ein Weltmeisterschafts-Endspiel geschafft. Der ausgestellte Lederball stammt von einem Empfang auf dem Marktheidenfelder Marktplatz 1966, an dem Held zusammen mit Lothar "Emma" Emmerich teilgenommen hat.
Held gehörte auch zum Europameisterkader 1972 und gewann mit Borussia Dortmund 1966 den Europapokal der Pokalsieger. Den Grundstein für seine sportliche Laufbahn hat er in Marktheidenfeld gelegt. Dorthin kam er nach dem Zweiten Weltkrieg, weil seine Familie das Sudetenland als Heimatvertriebene verlassen musste. Er habe als Schüler so gut wie jeden Tag die Möglichkeit gehabt, das zu tun, was ihm am meisten Spaß machte: Fußball zu spielen. Auch wenn die Eltern nicht viel davon hielten, hat ihn das nicht aufgehalten, seinen Weg bis ganz nach oben zu gehen.
5. Regenbogentrikot von Weltmeisterin Regina Schleicher

Marktheidenfeld hat nicht nur einen berühmten Fußballer hervorgebracht. Auch nationale und internationale Erfolge anderer Sportlerinnen und Sportler sind eng mit der Stadt verknüpft, etwa der von Regina Schleicher. Die Radrennfahrerin begann ihre Karriere beim RV Concordia Karbach. Als sportlichen Höhepunkt holte sie 2005 den Weltmeistertitel im Straßenrennen. Heute lebt die 50-Jährige mit ihrer Familie in Italien.
In der Ausstellung ist ein signiertes Regenbogentrikot von ihr zu sehen. Das tragen im Radsport amtierende Weltmeister. Die Grundfarbe des Trikots ist Weiß, auf Brusthöhe befinden sich fünf umlaufende Querstreifen in den "internationalen Farben" Blau, Rot, Schwarz, Gelb und Grün.