"Kritik an staatlichen Maßnahmen ist zulässig, die jeweilige Form ist allerdings entscheidend." So hat der Staatsanwalt einen 44-jährigen Frührentner aus dem Raum Gemünden belehrt. Er musste sich in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Gemünden wegen Volksverhetzung verantworten. Während der Hochphase der Corona-Beschränkungen im Jahr 2021 habe er sich auf Facebook gegen eine angebliche Zwangsimpfung der Bevölkerung gewehrt. Allerdings nicht mit den richtigen Mitteln.
Vor Gericht wurde der Sachverhalt folgendermaßen dargestellt: Auf seinem Facebook-Account hatte der 44-Jährige eine Nachricht bekommen, die für ihn "in die herrschende Situation passte". Gezeigt wurde da ein gelber Stern, wie ihn die Juden im Dritten Reich an der Kleidung tragen mussten, dazu die Inschrift "nicht geimpft" sowie weitere Kommentare in der Bildunterzeile.
Ungefiltert hat der Mann diese Nachricht an Freunde und Bekannte weitergeleitet. Als Grund dafür nannte er den Ärger über Anfeindungen, die er als "Impfverweigerer" einstecken musste. Sogar als "Massenmörder" sei er in seinem Umfeld betitelt und auch von seinem damals sechsjährigen Sohn auf das "Nichtimpfen" angesprochen worden.
Angeklagter bezeichnete seine Darstellung im Nachhinein als "Mist"
Warum der Mann bisher die Corona-Schutzimpfungen nicht in Anspruch genommen hat, machte er dem Gericht deutlich. Vor einigen Jahren habe er einen Betriebsunfall gehabt, der ihn zum Rentner mit kleinem monatlichem Salär machte. Hinzu kamen Krankheiten, die medikamentös behandelt werden. Da sich der Impfstoff möglicherweise nicht mit den Medikamenten vertrage, habe ihm sein Hausarzt empfohlen, sich nicht impfen zu lassen.
Der Anwalt führte in seiner Verteidigung des Angeklagten die allgemeine Situation in der Gesellschaft während der Pandemie an: Quer durch Familien, Freunde und Arbeitskollegen habe es Teilungen in Impfbefürworter und Impfgegner gegeben. Nicht verschont sei davon auch die Kanzlei des renommierten Verteidigers des Angeklagten geblieben. Auch hier habe es Beschäftigte gegeben, die sich aus Überzeugung nicht hätten impfen lassen. Im Falle seines Mandanten wollte der Verteidiger den Facebook-Eintrag als Beitrag werten, der wohl noch "im Bereich der Satire angesehen werden sollte"; jedoch in einer etwas überspitzten Form, gab er schließlich zu.
Auf keinen Fall wollte sein Mandant einzelne Menschen oder Personengruppen mit seiner Veröffentlichung verunglimpfen, betonte der Angeklagte. Im Nachhinein gesehen bezeichnete er seine Darstellung "als Mist". Noch einmal wird ihm so etwas nicht mehr passieren, meinte der Angeklagte.
Geldstrafe reduzierte sich vor Gericht erheblich
Der Hausdurchsuchung durch die Kriminalpolizei, verbunden mit der vorläufigen Beschlagnahmung seines Mobiltelefons, folgte dann später ein Strafbefehl über 3000 Euro (60 Tagessätze zu 50 Euro), gegen den der Frührentner über seinen Verteidiger Einspruch einlegte. Dieser regte eine Verfahrenseinstellung an, gegen die sich der Staatsanwalt jedoch heftig wehrte. So blieb den Beteiligten nur übrig, ihren Einspruch auf die Rechtsfolgen zu beschränken.
Somit war der Strafbefehl im Grunde anerkannt worden und auch der Staatsanwalt sprach dem Angeklagten eine gewisse Ausnahmesituation zu, mit einer Reihe von Anfeindungen. Sein Antrag jetzt: Geldstrafe in Höhe von 600 Euro (30 Tagessätze zu 20 Euro). Die wollte der Verteidiger noch reduziert haben auf 20 Tagessätze zu 20 oder gar 15 Euro. Im bereits rechtskräftigen Urteil verhängte Richter Krischker eine Geldstrafe von 500 Euro (25 Tagessätze zu 20 Euro).