Für Tennet war die Informationsveranstaltung zur umstritten Fulda-Main-Leitung – auch P43 genannt – am Donnerstag im "Retz" in Retzbach so etwas wie ein Termin zum Warmlaufen, denn die vermutlich harten Auseinandersetzungen stehen dem Netzwerkbetreiber im Landkreis Bad Kissingen und in Schweinfurt noch bevor. Wie berichtet, soll die Trasse dort entlang der A7 gebaut werden und auch dort sind Info-Veranstaltungen geplant. Hier im Landkreis Main-Spessart sind viele erst einmal froh, dass nach dem ersten Vorschlag die Stromleitung den Landkreis nicht berührt.
Am Donnerstagvormittag haben sich geladene Vertreter über die Pläne informiert. Es seien insgesamt zehn Teilnehmer vor Ort gewesen, sagt Cindy Schemmel, Referentin für Bürgerbeteiligung bei Tennet. Weitere zehn Teilnehmer hätten sich online dazugeschaltet. Unter den Teilnehmern waren in der Mehrzahl Bürgermeister, Vertreter von Bürgerinitiativen und Verbänden. Eine Stimmung von Erleichterung bei den Teilnehmern habe sie nicht wahrgenommen, vielmehr spüre sie Skepsis gegenüber den Plänen zum Bau einer Höchstspannungsstrecke, sagt Schemmel. Sie hofft, dass Bedenken ausgeräumt werden konnten.
Alle denkbaren Trassen werden gleichwertig untersucht
Es sei ja auch noch keine Entscheidung gefallen, ergänzt Markus Lieberknecht, Pressereferent von Tennet. Alle denkbaren Trassen werden im weiteren Verfahren gleichwertig untersucht, betont er. Daher sei es durchaus möglich, dass eine Trasse durch den Landkreis Main-Spessart doch als die bessere Lösung angesehen werde.
Im ersten Durchgang habe man nur auf die Raumwiderstände geachtet und die möglichen Optionen miteinander verglichen. Das Ergebnis sei, dass eine Trasse durch das Saaletal oder den Sinngrund unter diesem Aspekt größere Hindernisse zu überwinden hätte. Lieberknecht nannte als Beispiel bestehende Stromleitungen und die Eisenbahnlinien. Zudem wäre eine Trasse durch den Landkreis Main-Spessart wohl 20 Kilometer länger, was bei der Betrachtung auch eine Rolle spielt.
Eine häufig gestellte Frage ist, ob denn die Fulda-Main-Leitung überhaupt nötig ist, denn parallel wird ebenfalls in Nord-Süd-Richtung der Suedlink gebaut. Da müsse man unterscheiden, erklärt Lieberknecht. Der Suedlink sei eine Gleichstromleitung, die möglichst verlustfrei gewaltige Mengen Strom aus dem Norden direkt in den Süden bringen wird. Die P43 dagegen ist eine Wechselstromleitung, die das gesamte Stromnetz in Deutschland stabilisiert.
Strom sucht sich den Weg des geringsten Widerstandes
Strom sei wie Wasser, sagt Lieberknecht. Er suche sich den Weg des geringsten Widerstandes. Wohin der dann aus dem Norden über Suedlink gelieferte Strom vom Endpunkt Bergrheinfeld fließt, hängt vom Bedarf ab. Vielleicht nach Nürnberg oder ins Fuldaer Gebiet. Es könne auch sein, dass an Tagen, in denen der Wind nicht weht, dafür aber die Sonne scheint, der Überschuss an Solarstrom aus Bayern nach Norden transportiert wird. Auch dazu diene die P43, deren Notwendigkeit die Bundesnetzagentur festgestellt hat.
Am Donnerstag ab 16 Uhr hatten nicht geladene Gäste die Möglichkeit, sich über die neue Stromleitung zu informieren. Dies nutzten einige Bürger. An den Ständen entwickelten sich rege Diskussionen. Protestaktionen, die vielleicht bei einer Entscheidung zu erwarten gewesen wären, wenn die Stromleitung durch den Landkreis verläuft, hat es nicht gegeben.