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Gemünden
Todesdrohungen an Anwalt und Immobilieninvestor: 85-Jähriger zu Geldstrafe verurteilt
Der Rentner schrieb nach der Zwangsversteigerung und Zwangsräumung seiner Wohnung mehrere Drohbriefe. Nun musste er sich wegen räuberischer Erpressung vor dem Schöffengericht verantworten.
Nach der Zwangsversteigerung seiner Wohnung schrieb ein 85-Jähriger mehrere Drohbriefe.
Foto: JanPietruszka (iStockphoto) | Nach der Zwangsversteigerung seiner Wohnung schrieb ein 85-Jähriger mehrere Drohbriefe.
Herbert Hausmann
 |  aktualisiert: 21.04.2024 02:37 Uhr

Ein 85 Jahre alter Mann aus dem Spessart konnte es einfach nicht verwinden, dass zunächst sein Wohnanwesen zwangsversteigert und er dann sogar mittels einer Räumungsklage aus der Wohnung verwiesen worden war. An drei Personen, denen er die Schuld an seiner Situation zuordnete, schrieb er im September Drohbriefe. Dies brachte ihn jetzt wegen räuberischer Erpressung vor das Schöffengericht am Amtsgericht Gemünden.

"Ja, freilich hab ich die Briefe geschrieben", sagte der 85-Jährige. Lautstark und immer wieder mit der Faust auf die Tischplatte schlagend, bestätigte der temperamentvolle Angeklagte, der Verfasser der vom Staatsanwalt genannten Drohschreiben zu sein. Er fühlte sich ungerecht behandelt. "Die Versteigerung hätte gar nicht stattfinden dürfen", betonte er mehrfach in der Verhandlung. Einmal bemängelte der Rentner, dass der Termin für die Versteigerung ihm nicht bekannt war. "Sonst hätte ich jederzeit alle überbieten können", regte er sich auf.

Das erste von ihm verfasste Schreiben erhielt der zuständige Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts Gemünden, der ihm die Räumungsklage persönlich zugestellt hatte. Ihm drohte der Senior mit dem Verlust des Augenlichts, so wird er künftig "nicht mehr sehend durch das Leben gehen können". Der zweite Briefempfänger war der Geschäftsführer der Immobilienfirma, die sein ehemaliges Anwesen ersteigert hat. Dem 77-Jährigen drohte er den Schädel einzuschlagen.

Räumung mit mehreren Polizeibeamten

Als dritter Empfänger erhielt der Rechtsanwalt, gegen den er im Vorfeld einige Rechtsstreitigkeiten verloren hatte, einen Brief. Darin drohte der Angeklagte, den Juristen vor den Augen seiner Familie zu töten. Dabei warf er dem Mann noch vor, über acht Jahre lang das Landgericht Würzburg belogen und betrogen zu haben. Von den Konten des Rentners soll er 44.000 Euro unberechtigt "abgeräumt" haben. Weiter forderte er den Anwalt dazu auf, 45.655,28 Euro vom Gericht zurückzufordern und die Summe wieder auf eines seiner Konten zu überweisen.

Die Schreiben an die drei Empfänger haben bei ihnen zumindest Eindruck hinterlassen, wie der Gerichtsvollzieher und der Geschäftsführer der Immobilienfirma als Zeugen vor Gericht erklärten. Die an ihn gerichtete Drohung ernst genommen hat der 42-jährige Gerichtsvollzieher, der den Räumungsbeschluss überbracht hat. So hat er zur Räumung mehrere Polizeibeamte dabei gehabt, die den Angeklagten zuvor mitgenommen hatten.

"Wir hatten immer konstruktive Gespräche", betonte der Geschäftsführer Firma, die das Anwesen ersteigert hatte. Zweimal war er beim Angeklagten daheim, hat sich mit ihm unterhalten und zum Abschied sogar noch eine alte Wanduhr als Geschenk bekommen, sagte der 77-Jährige. Für den Fall, dass er das Gericht zu überzeugen könne, habe er ihm angeboten, den Zuschlagsbeschluss aufzuheben. Seine Immobilienfirma würde ihm keine Steine in den Weg legen und sofort zurücktreten. Außerdem bot der Geschäftsführer an, dass der Senior weiterhin als Mieter in dem Anwesen wohnen bleiben darf. Jedoch sollte er monatlich einen Betrag von 1400 Euro dafür entrichten. Für den Mann sei das eindeutig zu viel und mit seiner Rente nicht leistbar.

Gerichtsärztin machte sich ein Bild

Warum das Anwesen des angeklagten Mannes erst zwangsversteigert und dann zwangsgeräumt worden war, war dem Gericht nicht bekannt und spielte auch keine große Rolle. Auch der Wert, zu dem es den Besitzer wechselte, blieb unerwähnt. Lediglich, dass der 85-Jährige jetzt in einer Pension untergekommen ist und sein früheres Anwesen noch keiner neuen Nutzung zugeführt werden konnte.

Während der Sitzung vor dem Schöffengericht verfolgte Gerichtsärztin Heike Bouttier das Verhalten des Angeklagten. Außerdem unterhielt sie sich im Beisein seines Pflichtverteidigers in einer Sitzungsunterbrechung für eine halbe Stunde mit ihm. Sie sollte beurteilen, ob er verhandlungsfähig ist und ob eventuell eine psychische Störung vorliegt. Sie kam zu dem Ergebnis, dass der Senior sehr schnell in den Zustand einer Enthemmung gerät. Dann ist er in seiner Steuerungsfähigkeit gestört und damit vermindert schuldfähig.

Wegen versuchter Nötigung beantragte der Staatsanwalt nach diesem Gutachten, den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 9000 Euro (180 Tagessätze zu 50 Euro) zu verurteilen. Der Antrag des Pflichtverteidigers lautete auf 6000 Euro (120 Tagessätze). Das Urteil des Schöffengerichts unter Vorsitz von Sven Krischker blieb in der Mitte der Anträge: 7500 Euro (150 Tagessätze zu 50 Euro).

 
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