
Mit 100 Kilometern pro Stunde sind die Autos bei Gambach unterwegs auf der B 26, bis plötzlich ein Fahrzeug den Blinker anstellt. Plötzlich, weil keine großen Straßenschilder eine Abbiegung erahnen ließen. Aus Gemündener Richtung zeigt nichts die Umleitung in den Karlstadter Stadtteil an, aus Karlstadter Richtung ein kleines Verkehrsschild kurz vor der Einfahrt in den landwirtschaftlichen Weg. Aus beiden Richtungen befinden sich kurz vor der Einmündung Bremsspuren auf der Bundesstraße. Grund für die Umleitung ist eine temporäre Sperrung im Ort – warum es in dieser Zeit keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Bundesstraße geben soll, ist für die Anwohner ein Rätsel.
Georg Gehrig setzt sich als betroffener Anwohner seit Beginn der Sperrung Ende Juli für Lösungen ein und wandte sich nun an die Redaktion. Der Bauherr habe kurz vor Baubeginn über die Sperrung informiert, erinnert er sich. Für die Notwendigkeit der Sperrung habe Gehrig vollstes Verständnis, aber er habe sich direkt für eine andere Verkehrsregelung eingesetzt.
Eine vorgeschlagene Ampelregelung über einen unbefestigten Weg etwa sei von den Behörden abgelehnt worden, auch das kann Gehrig nachvollziehen. Was er nicht versteht, ist, dass es keine Geschwindigkeitsbeschränkung auf der B 26 nahe der Einmündung des Feldwegs geben soll. In seiner Nachbarschaft zählt Gehrig 60 Anwohner mit 40 Fahrzeugen, die diese Umleitungsstrecke derzeit nutzen müssen.
"Ich bin letztens abgebogen, da ist mir jemand so nah aufgefahren, ich habe gleich Angst bekommen", sagt Gehrigs Frau. Die Nachbarin habe vor kurzem links abbiegen wollen und sei zufällig hinter einem Lkw hergefahren – aus dieser Richtung ist gar kein Umleitungsschild zu sehen. So hätten die anschließenden Fahrer annehmen können, dass sie beschleunigt und den Lkw überholen will, tatsächlich wollte sie bremsen und abbiegen.
Über verschiedene Wege Verantwortliche kontaktiert
Gehrig sammelt diese Sorgen und habe den Nachbarn versprochen, sich zu kümmern. Ortsbesuche mit der zweiten Bürgermeisterin Martha Bolkart-Mühlrath organisierte er und schaltete schließlich den Vorsitzenden des CSU-Ortsverbands ein, Gerhard Winheim. Dieser wandte sich in einem Schreiben an das Ordnungsamt Karlstadt und sprach in der Bürgersprechstunde vor.
Der Geschäftsführende Beamte der Stadt Karlstadt, Uli Heck, bestätigt, dass es ein Gespräch in der Bürgersprechstunde gegeben habe. Die Baufirma habe an den Schildern noch einmal nachjustiert. Zum Thema Geschwindigkeitsbegrenzung habe die Stadt am 22. August eine Anfrage ans Landratsamt gestellt – aber bisher keine Antwort erhalten. Das Anliegen liegt beim Landratsamt vor, bestätigt Pressesprecher Markus Rill. Ob eine Geschwindigkeitsbeschränkung kommt, sei noch offen.

Währenddessen laufen die Bauarbeiten seit etwa sechs Wochen. Bauherr Ralf Müller hat die Sperrung bis Anfang Dezember angesetzt, hofft aber, schneller fertig zu werden. "Ich hätte mir die ein oder andere Ausschilderung auch besser gewünscht", sagt er. Einer Ampel oder Geschwindigkeitsbeschränkung stelle er sich nicht entgegen: "Wir wären für alles offen", sagt Müller. Auch Stefan Schäffer, Inhaber der Baufirma, bekräftigt, dass er die Schilder aufstellen würde, sollte er eine Anordnung dafür erhalten.
Gehrig ließ der Redaktion Antworten zukommen, die er auf eigene Mails ans Ordnungsamt Karlstadt erhielt. Der Fachbereich Bautechnik und die Polizei haben die örtliche Situation überprüft, heißt es da. "Die Fachbehörden kommen zu dem Ergebnis, dass keine besondere Gefährdungslage besteht, welche über das allgemeine Risiko hinausgeht", schreibt das Ordnungsamt. Es finde überwiegend ortskundiger Verkehr statt, die Strecke würde von ortskundigen Fahrern auch unabhängig der Sperrung regelmäßig genutzt und an mehreren Einmündungen entlang der B 26 bestehen keine Geschwindigkeitsbegrenzungen, so die weitere Argumentation.
Verbesserungen sind sichtbar, gefühlte Gefahr bleibt vorhanden
Zwischenzeitlich summierten sich noch kleinere Probleme: Bei einem Nachbarn wurde ein Paket als nicht zustellbar deklariert, womöglich weil der Paketdienst die Umleitung nicht fand, so Gehrigs Vermutung. Auch der Müll sei einmal nicht geleert worden. In diesem Fall erhielt Gehrig die Antwort der Stadt, dass es sich um einen Fahrzeugdefekt gehandelt habe. Die Müllabfuhr sei informiert worden und könne den Weg über die Schleuse nutzen.
Das Ordnungsamt sei vor Ort gewesen und habe sich die Situation angesehen, erklärt Heck. "Entsorgungsfahrzeuge und Lieferverkehr haben sich mittlerweile eingespielt, auch nicht-ortskundige Fahrer müssten nun den Weg finden", so der geschäftsführende Beamte.
Gehrigs bemerkten ebenfalls Verbesserungen: An der Einmündung wurde etwas das Gras abgemäht, das sorgt für bessere Sicht auf die Bundesstraße. Aus Richtung Karlstadt sei das kleine Abbiegeschild ebenfalls nachträglich angebracht worden. Unverständlich bleibt für sie, warum keine temporäre Geschwindigkeitsbegrenzung eingerichtet wird. "Es ist doch Gefahr im Verzug, da müsste doch eigentlich schnell etwas passieren", sagt Gehrig. Und er findet: "Der Wunsch ist ja nicht weit hergeholt."