Wer in der Region ein Brötchen in einer Bäckerfiliale kauft, kann sich fast sicher sein, dass es in einem Automaten von MIWE gebacken wurde. Das Familienunternehmen hat seinen Sitz in Arnstein. Es liefert seine Bäckereianlagen und Backstationen an Kunden weltweit. Sogar der frühere US-Präsident Barack Obama hat einen Ofen bei MIWE gekauft. Mit rund 600 Beschäftigten ist MIWE der größte Arbeitgeber in der Region um Arnstein.
Doch die Mitarbeitenden sind nicht zufrieden mit dem Entgelt und der Arbeitszeit. Seit mindestens 18 Jahren werde bei MIWE 39 Stunden pro Woche gearbeitet, aber nur 37 Stunden bezahlt, erklärt Gürcan Erdinc, Betriebsratsvorsitzender bei MIWE in Arnstein. Er ist dort seit 34 Jahren beschäftigt. Früher arbeitete er in der Produktion, seit 2018 ist er freigestellter Betriebsratsvorsitzender, zuvor war er bereits acht Jahre lang Stellvertreter.
Aufstockung der Arbeitszeit sollte nur vorübergehend sein
Mit der Aufstockung der Arbeitszeit seien die Mitarbeitenden dem Unternehmen in einer Krise entgegengekommen. "Es hieß aber, dass das nur vorübergehend notwendig sei", sagt Erdinc. "Ich habe ausgerechnet, dass jeder Mitarbeiter seitdem ein Jahr umsonst gearbeitet hat." Aus seiner Sicht ist die derzeitige Auftragslage gut. Kurzarbeit sei kein Thema, sagt der Betriebsratsvorsitzende.
"Wir wollen unser Schicksal jetzt selbst in die Hand nehmen." Deshalb haben die IG-Metall-Mitglieder bei MIWE am vergangenen Freitag einstimmig eine betriebliche Tarifkommission gewählt. Diese befasse sich mit der Durchsetzung eines Firmentarifvertrags beim Backautomatenbauer. Das meldete die Gewerkschaft in einer Pressemitteilung.
Mitarbeitende wollen fair behandelt werden
Erdinc betont im Gespräch, dass es nicht Ziel der Forderungen sein werde, den Arbeitgeber "auszunehmen". Man wolle lediglich fair behandelt werden. "Ich würde nie etwas mittragen, was dem Unternehmen schadet. Ich bin ein echter MIWEaner."
Seit Jahren hinke das Unternehmen der Lohnentwicklung in vergleichbaren Betrieben der Region hinterher. Dies führe zu Unzufriedenheit bei den Mitarbeitenden. "Viele Fachkräfte verlassen MIWE, weil es in der Umgebung bessere Verdienstmöglichkeiten gibt", sagt Erdinc. Er nennt beispielsweise Schweinfurt oder Würzburg, wo die Gewerkschaft in Betrieben der Metall- und Elektroindustrie großen Einfluss habe.
Druck auf den Arbeitgebern kommt von den Mitarbeitenden selbst
Für gut befindet der Betriebsrat, dass der Druck auf den Arbeitgeber nicht von der IG Metall vorgegeben wird, sondern von den Mitarbeitenden selbst komme. Mittlerweile seien mehr als die Hälfte der Kolleginnen und Kollegen der Gewerkschaft beigetreten. "Damit ist die IG Metall kampf- und steigfähig", sagt er.
Die Tarifkommission hat es sich nun zum Ziel gesetzt, bis September ihre Forderungen bezüglich einer "optimalen betrieblichen Lohnentwicklung" an das Unternehmen zu formulieren. Auch die Arbeitszeit werde man in den Blick nehmen. Im Flächentarifvertrag in der bayerischen Metall- und Elektroindustrie ist eine 35-Stunden-Woche festgelegt. Die IG Metall als "Anwalt" der Beschäftigten wird dies gegenüber Geschäftsführerin Sabine Michaela Wenz vertreten und sie zu Tarifverhandlungen auffordern.
Angesprochen auf die geplanten Tarifverhandlungen möchte die Geschäftsleitung von MIWE derzeit keine Stellungnahme zu dem Thema abgeben.
Gürcan Erdinc und Norbert Zirnsak von der IG Metall Würzburg sind überzeugt, dass die Gespräche erfolgreich verlaufen werden. "Im MIWE Zweigbtrieb in Meiningen (Thüringen) hat die Belegschaft gezeigt, dass man vieles erreichen kann, wenn die Belegschaft zusammensteht", sagt Zirnsak. Dort ist es gelungen, in diesem Jahr einen Haustarifvertrag mit der Geschäftsleitung zu vereinbaren. "Das war jedoch ein langer und schwieriger Prozess", resümiert Erdinc.