Nächster personeller Wechsel im Lohrer Stadtrat: Ulrike Röder, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, scheidet auf eigenen Wunsch aus dem Gremium aus. Für sie wird am Mittwoch Erno Hirvelä als Nachrücker vereidigt.
Es ist innerhalb recht kurzer Zeit bereits der zweite Abgang bei den Grünen. Erst im Januar war das Grünen-Urgestein Bärbel Imhof aus dem Stadtrat ausgeschieden. Für sie rückte damals Lena Werner nach.
Nun also Ulrike Röder. Die heute 52-Jährige war 2014 erstmals ins Gremium gewählt worden. Ihre Entscheidung, sich mitten in der Wahlperiode aus dem Stadtrat zurückzuziehen, begründet sie einerseits damit, das Feld für die jüngere Gerenation räumen zu wollen, um "frischen Wind" in die Stadtpolitik zu bringen. Daneben lässt Röder jedoch auch durchblicken, dass ihr mancher Vorgang im Stadtrat missfallen und Motivation genommen hat. "Ich habe irgendwann gemerkt, dass mir die Energie ausgeht", so Röder.
Röder: Habe kein dickes Fell
Wie alles, was sie tue, habe sie auch das Stadtratsmandat intensiv betrieben, sagt die Steinbacherin. Ihr sei es dabei immer um Sachargumente gegangen. Fraktionsgerangel im Stadtrat sowie Strippenziehereien im Hintergrund seien ihr fremd geblieben. Auch der persönliche Umgang habe ihr mitunter missfallen, sagt Röder und erklärt: "Ich habe kein so dickes Fell."
Als einen für sie ausschlaggebenden Knackpunkt nennt Röder eine Entscheidung im Zusammenhang mit dem Verkehrskonzept. Dass eine Stadtratsmehrheit dabei voriges Jahr den Wunsch der Grünen verhindert habe, verschiedene Planfälle für den Verkehrsfluss in Lohr durchzuspielen, sei für sie ernüchternd gewesen, so Röder. Sie spricht von Denkverboten und fehlender Offenheit für neue Ideen und Ansätze.
Zu wenig Raum für Visionen
Für das Befassen mit Visionen und großen Weichenstellungen bleibe im Stadtrat zu wenig Raum, stattdessen sei man im "Klein-Klein" gefangen, so Röders Ansicht. Gestört habe sie auch, dass bei weitreichenden Entscheidungen die Frage, wie die Jugend dazu stehe, kaum eine Rolle spiele. Der Lohrer Jugendbeirat finde in der Stadtpolitik viel zu wenig Gehör, findet Röder.
Trotz der Ernüchterung zieht Röder eine positive Bilanz. Sie habe sehr viele Erfahrungen sammeln können und das "Gefühl, etwas bewegt zu haben". Als persönlichen Erfolg wertet sie beispielsweise, dass es für die Standorte von Mobilfunkmasten eine fundierte Untersuchung gegeben habe, um zu verhindern, dass Einzelne übermäßig belastet werden. Die Stadtpolitik werde sie künftig ohne politisches Mandat, aber mit Interesse verfolgen, blickt Röder nach vorne. Ansonsten sei sie froh, nun wieder mehr Zeit für sich zu haben, so die Ingenieurin für Lebensmitteltechnologie, die heute als Küchenplanerin arbeitet.
Recht offen geht Röder damit um, dass es zwischen der Fraktion der Grünen und dem auf der Liste der Grünen ins Amt gewählten Bürgermeister Mario Paul in den vergangenen Jahren so manche Diskrepanz gegeben hat. Vielleicht biete sich nach ihrem und dem Abgang Imhofs die Möglichkeit, dass sich das Verhältnis zwischen Fraktion und Bürgermeister wieder bessere, sagt Röder. Für Spekulationen dazu, mit welchen Köpfen die Grünen bei der nächsten Kommunalwahl ins Rennen gehen, sei es jetzt jedenfalls noch zu früh.
Für die Steinbacherin rückt ein Steinbacher in den Stadtrat auf: Erno Hirvelä. Den 43-jährigen Finnen hat vor rund 20 Jahren die Liebe nach Lohr verschlagen. Auf der Festwoche lernte er damals seine heutige Frau Julia kennen. Seit 15 Jahren engagiert sich der studierte Ingenieur für Medientechnik, der heute als Laserspezialist für eine Lohrer Firma arbeitet, bei den Lohrer Grünen. Bei der Kommunalwahl 2020 belegte er unter den Listenkandidaten der Grünen den zehnten Rang.
Hirvelä: Freude und Respekt
Darüber, dass er nun in den Stadtrat aufrückt und die Lohrer Zukunft mitgestalten kann, freut sich Hirvelä merklich. Er habe aber "auch ein bisschen Respekt vor der Aufgabe", gesteht er. Themen, die er für besonders wichtig hält, fallen ihm viele ein: erneuerbare Energien, Inklusion, intelligente Flächennutzung. Und nicht zuletzt natürlich alles zum Thema Kinder und Jugend, so der vierfache Vater.
Der Wechsel von Röder zu Hirvelä ist in der aktuellen Wahlperiode der vierte im Stadtrat. Zuvor zogen sich neben Bärbel Imhof bereits Christine Kohnle-Weis (SPD) und Franklin Zeitz (Bürgerverein) aus dem Gremium zurück. Für sie waren Lena Werner, Sven Gottschalk und Christiane Werthmann nachgerückt.
Es gibt Leute, die arbeiten lieber für ihre Mitbürger, als sich mit viel "Blabla" ins Rampenlicht zu rücken.