Kein Regen, seit Wochen. Dazu kommen in dieser Woche Temperaturen an die 40 Grad. Was bedeutet das für die Stadtgärtnerei Marktheidenfeld? Was kann und wird in den städtischen Grünflächen, an Bäumen und Sträuchern gegossen? Wo muss man bei diesem Wetter Abstriche machen? Stadtgärtner Sebastian Schmitt ist seit März 2021 in Marktheidenfeld. An diesem Morgen sitzt er noch in der Kühle des Bauhofs in der Bahnhofstraße. Vor ihm liegen drei DIN-A4 Seiten mit Pflanzungen im Stadtgebiet, der sogenannte Gießplan. "An erster Stelle stehen alle Bäume und Sträucher, die neu angepflanzt und somit noch nicht verwurzelt worden sind", erläutert er. "Danach gehen wir stufenweise rückwärts, was in den letzten Jahren gepflanzt worden ist."
Ein 1000-Liter-Fass und ein 2000 Liter-Fass-Anhänger am Bulldog gibt es zum Wassertransport. Momentan ist täglich eine Person aus dem Stadtgärtner-Team mit einem von beiden unterwegs. An diesem Tag ist es Timo Nees. Um kurz nach 10 Uhr wässert er das neu angepflanzte Bienenbeet vor dem Kindergarten Edith-Stein-Straße. In der Früh ist alles dran, was empfindliche Blätter hat und durch das Wasser später verbrennen würde. Nachmittags werden die Bäume gewässert.
Weil sich die heiße Woche angekündigt hat, habe man letzte Woche alle Bäume bereits einmal vorgegossen, so Schmitt. Rund 80 Liter pro Woche braucht ein junger Baum, 150 bis 200 Liter ein älterer, großer. Mehrmals pro Woche werden derzeit die Kübelpflanzen, zum Beispiel am Adenauerplatz, gegossen. Rund 3000 bis 4000 Liter Wasser werden derzeit täglich benötigt. "Wir nehmen dazu Wasser aus dem Trinkwassernetz. Allerdings benutzen wir in Absprache mit dem Wasserwerk Wasser, das zur Spülung der Leitungen verwendet wurde", erklärt Stadtgärtner Schmitt. Gespült werden diese, damit die Leitungen nicht verkeimen. Zudem steht auf dem Gelände des Bauhofs eine Regenwasserzisterne, die auch noch genutzt werden kann.
Was in der Stadt auffällt: An einigen Bäumen stehen sogenannten Bewässerungssäcke. Sie werden mit einem Reißverschluss um den Stamm befestigt und mit Wasser gefüllt. Dieses tropft kontinuierlich durch kleine Löcher unten ins Erdreich und soll den Baum somit mehrere Tage mit Wasser versorgen. Sebastian Schmitt ist allerdings nicht ganz überzeugt von dem Prinzip: Zum einen setzen sich die Löcher rasch zu, sodass kein Wasser mehr kommt. Zum anderen hat er unter dem Sack schon die ein oder andere Mäusefamilie überrascht, die den Sack meist kaputt knabbern. Ganz abgesehen davon, dass es besser sei, einen jungen Baum lieber einmal pro Woche gut zu wässern, als jeden Tag ein wenig. "Das Wasser sollte möglichst tief eindringen, damit der Baum nach unten wurzelt, um sich später das Wasser selbst aus den tiefen Erdschichten zu holen", erklärt Schmitt.
Für sinnvoller und effektiver hält er bei jungen Bäumen einen Gießrand anzulegen: Dabei wird ein Ring aus Erde gebildet, durch den das Gießwasser wie in einem Becken rund um den Ballen gehalten wird, bis es langsam versickert. Einen Gießsack verpasst er insofern nur Bäumen mit einem ungünstigen Standort. So sind zum Beispiel die Ebereschen in Marienbrunn an der Bushaltestelle in der Ortsmitte so am Hang gepflanzt, dass hier kein Gießrand zu machen war.
Weißer Anstrich ist ein Schutz vor Verdunstung
Schmitt klärt auch auf, warum manche junge Bäume derzeit einen weißen Anstrich haben, wie zum Beispiel die jungen Eichen auf der Istelgrund-Wiese: Der weiße Anstrich, der aus einer Kautschukbasis besteht, dient als Schutz vor Verdunstung. "Das Weiß reflektiert das Sonnenlicht und die Farbe löst sich in den kommenden Jahren Stück für Stück ab, sodass sich der Baum an das Sonnenlicht gewöhnt", so der Gärtnermeister.
Doch trotz aller Pflegebemühungen: Manchen Bäumen sieht man jetzt schon an, dass sie das Jahr wahrscheinlich nicht überleben werden, so zum Beispiel die zwei jungen Linden, die ebenfalls in der Marienbrunner Ortsmitte gepflanzt wurden. Für Schmitt ist die jetzige Situation mehr als ein Warnschuss: "Am liebsten möchte ich jeden Baum erhalten. Aber wir sind mittlerweile an einem Punkt, an dem wir entscheiden müssen, welche Bäume es uns wert sind", so Schmitt. Auf die Dauer Trinkwasser als Gießwasser zu verwenden – das gehe seiner Meinung nach jedenfalls nicht. "Wer in Mittel- und Südeuropa unterwegs ist, sieht, dass es dort auch grün ist und Bäume gedeihen", so Schmitt.
Als gute Zukunftsbäume nennt er zum Beispiel die Silberlinde, die Hopfenbuche, die Purpurerle, die Zerreiche und den Feldahorn. Um zu schauen, welche Baumart gut klarkommt, wurden im neuen Gewerbegebiet Söllershöhe verschiedene Typen gesetzt. Keine Zukunft hätten hingegen Linde, Birke, Fichte und Ahorn. Wie viel Bäume im Stadtgebiet tatsächlich ausfallen, werde sich wohl erst im nächsten Frühjahr zeigen, wenn sie nicht mehr austreiben.