Diese Nachricht wird Kinder in und um Gemünden nicht freuen: Barbara und Paul Bauer wollen Anfang kommenden Jahres ihr Spielzeuggeschäft am Gemündener Marktplatz aufgeben. Ausschlaggebend für den Schritt waren aber weder Corona noch die neue Müller-Filiale in Gemünden, sondern das Alter der Bauers. Paul ist schon 68, Barbara 65. Die beiden hoffen darauf, dass sich noch ein Nachfolger findet.
"Spielwaren Bauer" ist eine Institution in Gemünden. Seit 40 Jahren, seit dem 2. Januar 1980, betreiben die Eheleute das Geschäft. Die Anfänge des Ladens reichen sogar bis in die Vorkriegszeit zurück. Barbara Bauers Großeltern (Nahm) waren Korbmacher und verkauften dort ihre Körbe. Weil das Haus im Krieg zerstört wurde, fand der Verkauf eine Zeit lang in einer davor errichteten Holzbude statt. In den Fünfzigern gab es neben Korbwaren und Teppichklopfern dann auch schon Puppen und Bälle, Schaukelpferde und Puppenwagen. Mit der Zeit wurden es immer mehr Spielsachen. In den 60er Jahren übernahmen dann ihre Eltern (Meder) das Geschäft. "Zu meiner Zeit hat es sogar noch Kinderwagen gegeben, da war das Spielzeug so reingequetscht", erinnert sich Barbara.
Als Barbara und Paul übernahmen, bestand das Geschäft nur aus dem heute vorderen Raum. Danach kam die Küche ihres Elternhauses, in der früher auch die gelieferte Ware abgestellt wurde, die dann erst aufgeräumt werden musste, wenn man an die Töpfe wollte. 1989 bauten sie um, das Höfle noch hinter der Küche wurde überbaut und das Geschäft nach hinten erweitert. Heute haben die Bauers Puzzles und Spiele, Lego und Plüschtiere, Bücher und Straßenkreiden. "Bei uns gibt es auch noch Made-in-Germany-Artikel", sagt Barbara Bauer stolz.
Bei den Bauers haben schon mehrere Familiengenerationen eingekauft
"Jetzt stehen wir seit 40 Jahren mit Engagement und Herzblut hinter der Theke", sagen die beiden. In dieser Zeit sind ihnen ganze Familien, oft über mehrere Generationen, ans Herz gewachsen. Freud und Leid ihrer Kunden haben sie mitgekriegt. Begeisterte Kinder bastelten Dankeskarten, malten Bilder oder schenkten den Bauers Federn. Auch bei manchen Campinggästen ist es Pflicht, einmal bei den Bauers reinzuschauen, und auch da kommt jetzt schon die jüngere Generation vorbei. Ihre Stärke sehen die Bauers in der Beratung. "Ich brauche was für ein sechsjähriges Kind" – so beginnen Kunden ihren Besuch häufig. Dann legen sie los und zählen auf, was sich eignen würde.
Der Laden hat schon viele Trends kommen und gehen sehen. Nicht alle haben die Bauers begeistert mitgemacht. „Wir kaufen nicht nur nach Werbung ein“, hat Paul Bauer der Redaktion vor sechs Jahren erzählt. Bei ihnen gibt es denn auch noch die guten alten Klassiker wie Teddys und Tretautos, Domino und Kniffel. Corona hat den Bauers im Frühjahr eine achtwöchige Schließung beschert. Auch danach sind die Umsätze unter dem Normalwert geblieben, erzählt Paul Bauer. "Ich nehme an, dass die Leute sich vielleicht daran gewöhnt haben, im Internet einzukaufen", glaubt er. Was sie aber auch gemerkt haben, war ein verstärktes Interesse von Kunden aus dem Raum Karlstadt, wohl weil in Karlstadt voriges Jahr das einzige Spielzeuggeschäft zumachte.
Ihren Ruhestand haben sich die Bauers nach all den Jahren verdient. Barbara schmerzt es sehr, aufhören zu müssen; mit dem Gedanken kann sie sich nur langsam anfreunden. Aber sie sagt, dass sie nicht irgendwann "krank und grantig" hinter der Theke stehen möchte. Die beiden Töchter wohnen weit weg von Gemünden, im Ruhestand werden Barbara und Paul mehr Zeit haben, diese und ihre beiden Enkel zu besuchen. Sie wollen außerdem viel wandern, solange sie das noch können, und zu Hause etwas renovieren.
Noch bis zum Jahresende läuft das Geschäft der Bauers normal weiter, auch Bestellungen werden noch entgegengenommen. Gutscheine können bis zuletzt eingelöst werden.