Die Karlstadter Altstadt verliert zwei Geschäfte: Ende Mai den Kinderladen am Schnellertor 6 und im September das Spielzeuggeschäft "123 Specials Toys Paper" in der Alten Bahnhofstraße 24. Das ist schmerzlich für die Situation des Einzelhandels in der Stadt. Andererseits wird es im ehemaligen Schuhhaus Gaul wieder einen Einzelhändler geben: Sabine Preßer richtet hier ein Geschäft für hochwertige und nachhaltige Ware ein – von Glas und Porzellan bis zu Seife und Leinölfarben. Sie hat sich den 9. 9. 2019 als einprägsames Ziel für die Eröffnung gesetzt.
Seit Donnerstag, 2. Mai, läuft im Kinderladen am Schnellertor der Ausverkauf. "Vor einem Jahr hatte ich noch überlegt, in die Hauptstraße umzuziehen", berichtet Inhaberin Claudia Klodewig. Doch zwei Faktoren sprechen dagegen. Erstens wäre der Umzug mit hohem Aufwand verbunden. Und zweitens sei die Perspektive für die Zukunft eher schlecht, meint sie.
Das Internet als Konkurrenz
"Ich beobachte, dass immer mehr im Internet gekauft wird." Seit 20 Jahren betreibt sie den Kinderladen, den sie von Jutta Steinmetz übernommen hat. Früher habe sie mehr Stammkundschaft gehabt, die regelmäßig kam. Jetzt würden die Kunden mal da, mal da kaufen. Momentan seien die Umsätze noch zufriedenstellend. "Wir müssen nicht zumachen." Aber das könne sich ändern.
Sie hat auch festgestellt: "Das Bewusstsein für Qualität und Marken hat nachgelassen." Und bei Discountern hat das Angebot an Kindersachen zugenommen. Und sie spüre die Konkurrenz aus dem nahen Würzburg. Der Ausverkauf wird im Kinderladen bis zum 29. Mai laufen.
Es kommen wieder mehr in den Laden
Falls er keinen Nachfolger findet, wird Michael von der Warth sein Spielzeuggeschäft "123 Specials Toys Paper" in der Alten Bahnhofstraße im September aus gesundheitlichen Gründen schließen. "Ich würde meinen Lebensabend gerne entspannter verbringen", sagt der 52-Jährige.
Für Karlstadt wäre es gut, wenn weiterhin ein Spielzeuggeschäft am Ort wäre, findet er. "Die Leute sind froh, dass es diesen Laden hier gibt und dass ich mich mit den Sachen auskenne." Lermann hat geschlossen, auch in Zellingen, wo es vor fünf Jahren noch drei Spielzeuggeschäfte gab, sei nur noch noch eines.
Einer dieser Läden in Zellingen war der von Michael von der Warth selbst. Er hatte in der Zellinger Brückenstraße angefangen und vor vier Jahren das Geschäft von Spielwaren Ziegler in Karlstadt übernommen. Selbst ist er Spielzeugfan, sammelt schon immer Automodelle, dann Eisenbahnen und inzwischen auch Figuren.
Michael von der Warth sieht das Internet nicht als Konkurrenz: "Ich merke, dass es sich gerade dreht und immer mehr in meinen Laden kommen – wegen der Beratung und weil sie im Internet negative Erfahrugnen gemacht haben."
Breites Spezialsortiment
Dass Kunden aus Würzburg, Schweinfurt, Hammelburg, Gemünden, Lohr und Veitshöchheim in ihren Laden kommen, ermutigt Sabine Preßer, mit ihrem Laden "Pignon" von der Maingasse 3 in die Hauptstraße 52 ins ehemalige Schuhhaus Gaul umzuziehen. In der Maingasse hatte sie seit der Eröffnung im Februar 2018 bis Ende März winzige 23 Quadratmeter, in der Hauptstraße werden es 90 sein. Ihr Mann hat das Gebäude gekauft und wird es sanieren.
"Wir kommen aus der Pfalz und waren vom Einzelhandel in Karlstadt sofort angetan", berichtet sie. "Ein vergleichbares Städtchen in der Pfalz hat kaum mehr als drei Geschäfte." Hier gebe es spürbar mehr Einzelhandel und Gastronomie. Es sei aber schwer, in Karlstadt einen Laden zu einem bezahlbaren Preis zu finden. Das mit der Maingasse sei daher eine Zwischenlösung gewesen. Schließlich bot sich der Kauf des Schuhhauses Gaul an, der völlig problemlos über die Bühne gegangen sei.
Ein bisschen wie Manufactum
Das Sortiment erinnert ein wenig an Manufactum, jedoch zu bezahlbareren Preisen. Sabine Preßer: "Ich beziehe manches aus kleinen Familienbetrieben." Mundgeblasenes Glas, emaillierte Produkte, hochwertiges Porzellan, Seifenpflegeprodukte wie Balsame und Salben, Kerzen aus Stearin und Sojawachs, Haushaltsreiniger mit Effektiven Mikroorganismen, Küchenhelfer wie Nudelholz, Knoblauchpresse oder Muskatreibe, Buttermodels, Leinölfarben . . . Die Liste der Waren ließe sich fortsetzen. Das Prinzip lautet: Keine Produkte aus Erdöl, also kein Plastik, und unverpackt.
Sabine Preßer hat Architektur studiert, bis ihre Kinder kamen, hat in einem Architekturbüro gearbeitet, verfügt aber auch über eine kaufmännisch Ader, wie sie sagt. Parallel zum Ladengeschäft in der Karlstadter Hauptstraße ist auch eine Website geplant, über die man telefonisch oder über Mail bestellen kann. Dem Geschäft einen französischen Namen wie "Pignon" zu geben, mag an der Nähe von Frankreich zur Pfalz liegen. Der Name hat mehrere Bedeutungen: "Pinienkern", aber auch "Giebel".