Timo Keß erinnert sich noch genau an diesen Moment: "Du machst das Loch auf, siehst es silbern blinken, es ist rund – ein unbeschreibliches Gefühl!" Als sein Sondengerät anschlug, grub er vorsichtig und barg aus dem Boden 40 kleine, dünne Silbermünzen in unterschiedlichen Erhaltungsgraden, die lose im Erdreich lagen. Einige sind fast völlig flach abgeschliffen, auf anderen kann man deutliche Zeichen und Bildnisse erkennen: das geprägte Portrait eines Würdenträgers mit Mitra, Krummstab und Schwert, umgeben von einem Kranz. Eindeutig ein Bischof, gut sieben Jahrhunderte verborgen im Boden der Großgemeinde Eußenheim.
Keß erfährt später, dass er einen Schatz in Händen hält. Die Münzen stammen aus dem frühen 14. Jahrhundert, der Regierungszeit des Fürstbischofs Andreas von Gundelfingen, der von 1303 bis 1313 in Würzburg regierte. "Ich konnte es kaum glauben, ich fühlte mich wie im Rausch und konnte den Heimweg kaum finden", erzählt der 25-jährige Einzelhandelskaufmann dieser Redaktion.
Die Sondengänger haben schon bedeutende Funde gemacht
Timo Keß hat ein besonderes Hobby: Er ist Sondengänger. Wann immer er Zeit hat, ist er mit seinem Sonargerät in der Landschaft unterwegs und hat auch schon einige bemerkenswerte Funde gemacht, beispielsweise zwei bronzezeitliche Fibeln.
Sein Hobby teilt Keß mit einem Bekannten. Dessen bester Fund ist eine Goldmünze. Der Dritte im Bunde ist Oliver Krämer aus Heßdorf. Der 48-Jährige ist seit Jahren archäologischer Grabungshelfer und daher mit der Materie vertraut. Er hält den Kontakt zum Archäologischen Arbeitskreis im Historischen Verein von Karlstadt. Dort werden auch regelmäßig die Funde vorgestellt und eingeordnet.
Suche nicht ohne Erlaubnis des Grundeigners
Diesmal hat Krämer einen Griffplattendolch aus Bronze dabei, datiert auf die Zeit 1600 Jahre vor Christus. Am stumpfen Ende erkennt man die Nieten, an denen der hölzerne Griff befestigt werden konnte. Von besonderer Schönheit aber ist eine Doppelpauken-Fibel, ein keltischer Frauenschmuck mit Nadel und kunstvoll gearbeiteter Spirale. Mit diesem Fund hat Krämer das neue Jahr begonnen, denn er entdeckte das Artefakt genau am 1. Januar – ebenfalls auf dem Eußenheimer Gemeindegebiet.
Doch die drei Sondengänger ziehen nicht einfach so los: Sie achten genau darauf, dass sie nicht ohne Erlaubnis des Grundeigners suchen – in den beschriebenen Fällen hatte Bürgermeister Achim Höfling sein Einverständnis gegeben.
Archäologen kritisieren das private Suchen nach archäologischen Stücken
Doch warum werden gerade rund um Eußenheim solch bedeutende Funde gemacht? Der Landstrich ist in der Tat bedeutsam für die Archäologie. Entlang der Wern und des Bachgrunds zogen sich schon in frühgeschichtlicher Zeit wichtige Handelswege in den Spessart, nach Hammelburg, Schweinfurt oder Würzburg. Nicht umsonst liegen die urkundlichen Erwähnungen von Ortschaften wie Eußenheim, Aschfeld und Stetten schon fast 1250 Jahre zurück – sie sind aber wohl noch wesentlich älter. Kaum zehn Kilometer weiter südlich liegen auf dem Stettener Steinberg 18 Hügelgräber aus der Bronzezeit.
Manche offiziellen Stellen und Archäologen sehen die Aktivitäten von Sondengängern wie Keß, Krämer und Zier mit durchaus gemischten Gefühlen. Leider würden aus Hobbyforschern viel zu schnell semiprofessionelle Raubgräber. Diese würden einerseits bei nicht fachgerechten Grabungen wichtige Informationen wie Lage und Zustand der Funde unbrauchbar machen und andererseits oft ernsthafte Zerstörungen anrichteten. Etwa an Gegenständen, die für sie keinen Wert hätten, aber für die Forschung von großer Bedeutung seien. So sagt es eine Expertin aus der Region, die nicht namentlich genannt werden will.
Unkontrolliertes Graben könne Befundzusammenhänge zerstören. "Berichte über Bodenfunde sind häufig so etwas wie eine Einkaufsliste für Raubgräber", meint sie. Viele wertvolle Stücke gingen dabei verloren oder verschwänden für immer in dunklen Kanälen. Das ist auch der Grund, warum in diesem Artikel keine genauen Fundstellen genannt werden.
Oliver Krämer gibt seine Funde bei fachkundigen Stellen ab
Diese Vorwürfe will Oliver Krämer nicht auf sich sitzen lassen: "Wir sind Sondengänger, ehrliche Finder und keine Grabräuber! Wir halten uns strikt an die gesetzlichen Vorgaben!", betont er. Er selbst hat schon zahllose Stücke entweder beim Arbeitskreis abgegeben oder gar selbst beim Landesamt in Nürnberg vorgestellt. "Dabei geht es uns auch um die richtige Datierung und Einordnung unserer Funde", sagt er.
Einige davon werden im Museum von Karlstadt oder gar im Museum für Franken in Würzburg ausgestellt. Was ihn und seine Freunde wurmt, ist die mangelnde Transparenz beim Umgang mit abgelieferten Funden. Sehr oft würden diese ohne Angabe von Gründen in Keller-Archiven landen. Sie seien damit nicht mehr zugänglich.
Rechtliche Lage: Das wird sich wohl im Sommer ändern
Wie aber ist die rechtliche Lage beim Umgang mit Bodenfunden? Dazu muss man wissen, dass sich die Situation wahrscheinlich noch in diesem Sommer ändern wird. Bislang gilt in Bayern die "Hadrianische Teilung", die besagt, dass ein Fund jeweils zur Hälfte dem Entdecker und dem Grundstückseigentümer zusteht.
Ab Mitte 2023 soll aber auch hierzulande – wie schon in den übrigen Bundesländern – ein neues Gesetz, ein "Schatzregal", vorliegen. Danach fallen grundsätzlich alle Funde dem Bayerischen Staat zu. Fachleute fürchten daher, dass künftig wesentlich weniger Funde gemeldet werden als bisher. Das wiederum liefe dann aber den Bemühungen um den Erhalt und die Einordnung der Entdeckungen zuwider.
Eine grundsätzliche Einschränkung gilt aber schon jetzt für Schatzsucherinnen und -sucher: die "roten Flächen". Auf diesen besonders wichtigen historischen und archäologischen Gebieten ist das Graben grundsätzlich verboten. Diese finden sich beispielsweise im "Bayernatlas". Zuwiderhandlungen werden schon jetzt erheblich bestraft und das wird auch mit dem neuen "Schatzregal" so bleiben.
Worauf Sodengängerinnen und -gänger künftig achten müssen
Wer künftig legal auf die Suche nach Kulturdenkmälern gehen möchte, benötigt nach dem neuen Gesetz eine schriftliche Genehmigung der Denkmalfachbehörde des jeweiligen Landes. Diese gilt allerdings nur für die Suche selbst. Um Fundstücke zu bergen, ist eine weitere Genehmigung notwendig.
Doch selbst mit einer Grabungserlaubnis ist es Privatpersonen dann verboten, an bekannten Bodendenkmälern und an historischen Orten wie etwa Schlachtfeldern zu "sondeln". Ebenso wenig dürfen Friedhöfe und (ehemalige) Grabanlagen, Naturschutzgebiete, Wälder oder Wiesen mit Metalldetektoren abgesucht werden.
Anders sieht es auf Ackerflächen, öffentlichen Spielplätzen und Parkanlagen oder an Badeseen aus: Hier wird die Suche mit der Sonde geduldet, solange eine Erlaubnis des Grundeigentümers vorliegt. Bei der Suche nach dem verlorenen Ehering oder Schlüsseln am Badestrand müssen also nicht gleich die Behörden informiert werden.
Dieses Urteil bei welchem es sich oft um ein Vorurteil handelt besteht wohl in der Fachwelt recht häufig! Andererseits sollte doch die Fachwelt, welche ständig unter Geldmangel leidet auch den Mehrwert erkennen!
Vielleicht wäre ein "Sondenführerschein" d.h. verpflichtenden Schulungen sinnvoll bevor man mit einer Sonde suchen darf. Ich könnte mir vorstellen, dass beide Seiten gut damit leben könnten und somit einen gemeinsamen Zugang zueinander finden!
Zitat: "Ab Mitte 2023 soll aber auch hierzulande – wie schon in den übrigen Bundesländern – ein neues Gesetz, ein "Schatzregal", vorliegen. Danach fallen grundsätzlich alle Funde dem Bayerischen Staat zu. "
Ich sag dazu mal lapidar: "Geldgier des Staates". Unnötigerweise wird eine gute Regel beerdigt.