
Die Bahnhöfe im Sinngrund barrierefrei zu gestalten, während die Strecke Gemünden-Flieden gesperrt ist: Das war die Idee. Diesem Vorhaben hatte sich eine Initiative regionaler Politiker aus unterschiedlichen Parteien verschrieben. Seit November 2019 gab es regelmäßige Treffen mit der Bahn zu diesem Thema. Schließlich seien diese Pläne aber immer wieder am Geld gescheitert, erläuterte Obersinns Bürgermeisterin Lioba Zieres bei der vorerst letzten Runde am Montag. Die Deutsche Bahn sei nicht bereit gewesen, den Umbau mitzufinanzieren. "Wir müssen uns auch eingestehen, dass wir an unsere Grenzen kommen", so Zieres. Sie halte es nicht mehr sinnvoll, den Runden Tisch fortzuführen. Man sei "mit den Nerven am Ende".
Abgeordnete wollen weiter Druck in Berlin machen
Ein Jahr soll die Streckensperrung dauern. Laut dem Bundestagsabgeordneten Bernd Rützel (SPD) sind diese Arbeiten mittlerweile von 2024 auf 2025 verschoben worden. Für die barrierefreie Umgestaltung der Bahnstationen ist die Sperrung aus seiner Sicht eine einmalige Chance. Denn das "Bauen am rollenden Rad" sei einer der größten Kostenfaktoren bei solchen Projekten, meinte Rützel. Das werde "nie mehr billiger und einfacher". Trotz der Anstrengungen aller Beteiligten habe der Runde Tisch "eigentlich versagt". Als "Daueroptimist" glaube er aber daran, dass das Vorhaben noch zu retten ist.
Kämpferisch äußerte sich auch der CSU-Bundestabgeordnete Alexander Hoffmann. Er und Rützel wollen erst dann Ruhe geben in Berlin, wenn sie von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) eine endgültige Absage für die Bahnhöfe im Sinngrund bekommen. Derzeit warte man noch auf einen Termin mit dem Minister. An der sachlichen Sinnhaftigkeit des Umbaus während der Streckensperrung könne "niemand ernsthaft zweifeln", so Hoffmann. "Übertriebene Hoffnungen" wolle er zwar nicht schüren, aber auch noch keinen "endgültigen Strich" unter das Thema setzen.
Erhöhung der Bahnsteige in Obersinn und Burgsinn
Dass die Bahnhöfe im Sinngrund schlechte Karten bei einer finanziellen Förderung eines barrierefreien Umbaus haben, hängt mit ihren zu niedrigen Fahrgastzahlen zusammen. Die Grenze für Förderungen liegt aktuell bei Stationen mit mindestens 1000 Ein- und Aussteigern pro Tag. Diese erreichen die vier Bahnhöfe in Rieneck, Obersinn, Mittelsinn und Burgsinn aber nicht einmal zusammen, erklärte ein Vertreter der Bahn, der dem Runden Tisch regelmäßig beiwohnte. "Von Anfang an war uns klar, dass wir ein dickes Brett bohren müssen im Hinblick auf die Finanzierung."
Man habe auch "kräftig intern gerührt", um Geld aufzutreiben, so der Bahnvertreter. Letztlich seien alle Versuche aber an der Hürde der Personenzahl gescheitert. Als "ganz fruchtlos" betrachtet er den Runden Tisch aber nicht. So können durch ein Förderprogramm des Bundes zumindest in Burgsinn und Obersinn die Bahnsteige auf 76 Zentimeter erhöht werden.
Während die Situation am Bahnhof Obersinn damit gut aussieht, gestaltet sich die Lage in Burgsinn schwierig: Dort müssen Reisende immer noch über 40 Treppenstufen überwinden, um überhaupt zum Gleis zu gelangen. Für den Halt in Burgsinn sieht der Bahnmitarbeiter noch die Möglichkeit der "Nachrüstung eines Aufzuges". Mittelsinn darf vorerst hingegen gar nicht auf einen barrierefreien Ausbau hoffen. Derweil investiert die Stadt Rieneck selbst in den barrierefreien Zugang vom Radweg zum Gleis 2 ihres Bahnhofs. Die Deutschen Bahn beteiligt sich hier nicht an den Kosten, sondern hat die Maßnahme lediglich abgesegnet.
Die 1000er-Grenze abschaffen?
Der Kreisvorsitzende der Grünen in Main-Spessart, Gerhard Kraft, merkte an, dass die "1000er Grenze" zu hoch angesetzt sei. Sie blockiere überall, nicht nur bei der Barrierefreiheit, sondern auch bei "Streckenreaktivierungen und zukünftigen Haltepunkten". Die Behindertenbeauftragte des Landkreises Elena Reinhard sprach sich dafür aus, diese Grenze "komplett abzuschaffen". Der ländliche Raum sei auch für Menschen mit Behinderung attraktiv. Es sei daher sehr schade, wenn die nötige Infrastruktur nicht gegeben sei.
Der Abgeordnete Thorsten Schwab (CSU) wies daraufhin, dass es im Bayerischen Landtag Überlegungen gebe, die besagte 1000er Grenze zumindest aufzuweichen. Wenn das so käme, würde das wohl auch dem Sinngrund nutzen, so Schwab. Details sind dazu noch nicht bekannt.